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Warm- und Kaltwasserausstoßzeiten

Die zentrale Trinkwarmwasserbereitung ermöglicht in Mehrfamilienhäusern in Deutschland eine komfortable und hygienische Versorgung. Vor dem Zulauf zu den einzelnen Wohnungen wird ein Wasserzähler eingebaut, um eine korrekte Abrechnung der Verbräuche zu ermöglichen. Dies hat zur Folge, dass die Zirkulationsleitung nicht in die Wohnung geschliffen werden kann. Klar, denn sonst würde der Warmwasserzähler das Zirkulationsvolumen als Verbrauch registrieren.

Die erste Wasserentnahme nach einem 9-to-5-Job hat also folglich nicht die Temperatur des Umlaufwassers der Zirkulation. Das heiße Wasser, dass morgens noch mit fast 60 °C in die Wohnung geströmt ist, hat sich im Laufe des Tages auf annähernd Raumtemperatur abgekühlt.

Für das Kaltwasser gilt, dass natürlich das Wasser innerhalb einer Wohnung ebenso stagniert. Dieses Verweilen in der Wohnung lässt sich nicht verhindern. Nach Feierabend, wenn man die Wohnung dann endlich betritt, strömt nicht das kühle Nass des Wasserversorgers durch den Hahn, sondern erwärmtes Wasser, ebenfalls mit annähernd Raumtemperatur.

Nach dem jetzigen Stand der Technik müssen wir also damit leben, dass das warme Wasser innerhalb einer Wohnung nicht sofort mit der hohen Wunschtemperatur entnommen werden kann. Ebenso ist das kalte Wasser nicht immer so kühl, wie es der Wasserversorger ins Haus transportiert.

Wo liegt das Problem?

Eine wichtige Hygieneanforderung lautet, dass das stagnierende Volumen drei Liter nicht überschreiten soll. Das entspricht ca. 22 Meter Cu- Rohr der Dimension 15 x 1. Auch in sehr ungünstig verlaufenden Grundrissen eines Mehrfamilienhauses lässt sich diese Beschränkung meistens einhalten. Betroffen von einem etwas größeren Stagnationsvolumen sind regelmäßig die Küchenanschlüsse einer Wohnungsinstallation. Klar, denn der Steigestrang liegt oft im Bad. Die Küche weist den längsten Weg für das Wasser auf.

Betrachtet man aber das Volumen von drei Litern als Maximum, kann man kurz rechnen: Bei einer genormten Entnahme von 0,07 Litern pro Sekunde an der Küchenspüle würde man trotz Einhaltung der Drei-Liter-Grenze fast 43 Sekunden auf frisches Wasser warten.

Wenn Sie das Lesen dieses Berichts jetzt mal kurz unterbrechen und bitte bis 43 zählen, kommt ihnen das recht lang vor. Noch länger wird es Ihnen vorkommen, wenn Sie einen mit Fett verschmierten Teller mit heißem Wasser abspülen wollen, bevor Sie diesen in die Spülmaschine einräumen (die Sinnhaftigkeit dieser Aktion sei mal dahingestellt).

Diese genannten 43 Sekunden erscheinen ebenso in die Länge gezogen, wenn der Nutzer endlich sein Glas mit kühlem Wasser füllen möchte. Wenn die Wohnung aufgrund des heißen Sommers auf 30 °C aufgeheizt ist, wird das Trinkwasser in der Leitung eine annähernd gleich hohe Temperatur aufweisen.

Das Problem für die Nutzer, also unsere Kunden, ist daher nachvollziehbar. Obwohl Anforderungen der Norm erfüllt werden, bleiben Komfortansprüche eingeschränkt.

Dieser Meisterschüler nutzt die Wartezeit auf’s warme Wasser um über Fachberichte aus dem SBZ Monteur nachzudenken. Guter Mann!

Bild: Pajaros Volando – stock.adobe.com

Dieser Meisterschüler nutzt die Wartezeit auf’s warme Wasser um über Fachberichte aus dem SBZ Monteur nachzudenken. Guter Mann!

Weitere Einflüsse

Neben den zuvor genannten Zusammenhängen von Rohrlänge, Innendurchmesser und Entnahmeleistung, sind weitere Einflüsse zu bedenken. Es reicht ja noch nicht, dass das Wasser nach 43 Sekunden etwas wärmer wird. Es sollte, um den beschriebenen Teller abzuspülen, schön heiß austreten, sprich gute 45 bis 50 °C erreichen. Dazu muss jetzt erstmal der durch den Entnahmevorgang hervorgerufene Heißwasserstrom die Rohrleitung erwärmen. Erst wenn diese Leitung sich der gewünschten Temperatur von 45 °C annähert, kann man am Ende erfolgreich die Schmiere vom Teller entfernen.

Eine Erwärmungsphase des Rohres muss also noch überbrückt werden. Sie merken an diesem Beispiel, welches zugegebenermaßen im Grenzbereich stattfindet, dass hier einiges an Diskussionsstoff lauert.

Auch beim Zapfen von Kaltwasser stellt sich die Anforderung, dass das jeweils verlegte Rohr parallel zum Durchfluss entwärmt werden muss.

Fachliteratur, Normen und Richtlinien sind zum Teil widersprüchlich was Regelungen angeht. Also, wie kann eine Lösung des sicherlich bestehenden Problems aussehen?

Von Bettlern und Königen

Während meiner Unterrichte im Bereich der Meister-Ausbildung und bei Vorträgen bemühe ich oft ein Bild, dass mich zwar als bösen Befürworter einer Zweiklassengesellschaft dastehen lässt, der ich allerdings nicht bin. Aber um meine Meinung zu diesem Sachverhalt herauszustellen, bemühe ich es wieder. Also:

Penthouse vs. Studentenwohnheim

Einem Penthouse in bester Lage mit einer Wohnfläche von 215 Quadratmetern schenke ich genauso viel Aufmerksamkeit wie einem Studentenwohnheim mit Gemeinschaftsküche. Aus hygienischer Sicht werde ich also zum Schutz der Meisterschüler die Drei-Liter-Regel dort genauso einhalten wie in dem Penthouse. Den lieben Meisterschülern, die ja wahrscheinlich irgendwann in dieses Penthouse ziehen, mute ich aber ein wenig mehr Geduld zu als der Oberärztin in dieser feinen Hochhausdachwohnung. Wenn mich also schon während der Planung die gehobene Ausstattung auf einen gesteigerten Komfortanspruch schließen lässt, werden ein zusätzlicher Steigestrang und für die Küche zwei weitere Zähler installiert (siehe Schemazeichnung).

Die Studentenwohnung erhält hygienischen Komfort mit kleinen Abstrichen beim Zeitfaktor. Sämtliche andere Installationssituationen und Anforderungen reihe ich irgendwo dazwischen ein.

An beiden Küchenspülen zapft man irgendwann heißes Wasser, die Warmwasser-Ausstoßzeit differiert jedoch erheblich.

Bild: IBH

An beiden Küchenspülen zapft man irgendwann heißes Wasser, die Warmwasser-Ausstoßzeit differiert jedoch erheblich.

Die Oberärztin im Penthouse

Sie legt entweder zur Miete oder zum Kauf der Wohnung einen ungewöhnlich hohen Betrag auf den Tisch. Sie ist sich daher sicher, dass Sie auch einen ungewöhnlich hohen Komfort erwarten darf. Die eben genannten 43 Sekunden wird sie wohl nicht abwarten. Sie nutzt wahrscheinlich schon die Wartezeit um die Telefonnummer des verantwortlichen Installateurs herauszufischen.

Eine Wohnung in teurer Lage und bester Ausstattung ruft regelmäßig auch hohe Komfortansprüche auf den Plan.

Der Meisterschüler

Während seines Studiums ist er auf günstigen Wohnraum angewiesen. Seine Zeit ist zwar kostbar, aber er kann die Zeit bis zum Austritt des heißen oder kalten Wassers locker überbrücken, indem er über einen Fachbericht wie diesen nachdenkt (eigentlich schreibe ich nur zu diesem Zweck).

Der Vermieter hat das Studentenwohnheim nicht nur aus Liebe zu den Menschen und Studenten erbaut. Vielmehr ist eines seiner Ziele, eine ordentliche Rendite zu erwirtschaften. Wer will es ihm verdenken? Die Interessenlagen sind klar und lassen wenig Ärger erwarten, auch wenn der Komfort nicht an erster Stelle steht.

Das sind schon ordentliche Längen, die man verlegen kann, bis dann die 3-Liter-Grenze erreicht wird.

Bild: IBH

Das sind schon ordentliche Längen, die man verlegen kann, bis dann die 3-Liter-Grenze erreicht wird.

Und unsere Normen und Richtlinien?

Sehr häufig zitiert wird in diesem Zusammenhang die DIN 1988-200. Darin heißt es:

Diese Norm gilt sicher als allgemein anerkannte Regel der Technik. Das garantiert aber nicht, dass es nicht doch einen Streit über diese Ausstoßzeiten geben kann.

Und vor Gericht?

Nach einem Urteil des Amtsgerichts Schöneberg (102 C 55/94) muss spätestens nach zehn Sekunden bzw. höchstens nach fünf Litern Wasserdurchsatz eine Temperatur von 45 °C zur Verfügung stehen.

Dieses Urteil halte ich für unrealistisch, bezogen auf die Einhaltbarkeit. Es berücksichtigt einige wichtige Faktoren nicht. Pauschal zehn Sekunden festzuhalten bedeutet, dass dies unabhängig von der Entnahmearmatur und deren Entnahmeleistung betrachtet werden könnte. In einer verrosteten Stahlrohrinstallation mit einer uralten Waschtisch­armatur und verkalktem Perlator wird beim Öffnen ungleich weniger Wasser austreten als bei ­einer Neuinstallation mit modernen druckverlustarmen Armaturen. Für beide Installationen könnte die Zehn-Sekunden-Hürde aber schon zu hoch sein.

Mein Tipp

Das Thema der Warm- und Kaltwasser-Ausstoßzeiten ist zu heikel, um es dem Zufall einer nachträglichen Bewertung zu überlassen.

Wenn sich also besondere Anforderungen aus dem Zusammenhang ergeben, sollte zwingend ein ausgefülltes Raumbuch zur Klärung der Komfortansprüche beitragen.

Die Zeit zur Erstellung eines solchen Raumbuchs ist überschaubar und effektiv geringer als ein nachträglicher Streit mit dem Bauherrn.

1 Die Ausstoßzeiten für warmes und kaltes Wasser sind zwar irgendwie geregelt, können aber trotzdem zu Streit zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer führen.

2 Je nach Anspruch eines Nutzers können Wartezeiten beim Zapfen von Wasser unterschiedlich gewertet werden.

3 Die Drei-Liter-Regel gilt für warmes und kaltes Wasser. Trotzdem reicht die Einhaltung dieser Vorgabe nicht immer aus.

4 30 Sekunden nach Zapfbeginn soll eine Wunschtemperatur laut DIN 1988-200 erreicht werden. Auch das reicht nicht, um jeden Nutzer zufriedenstellen zu können.

5 Ein Raumbuch klärt die Ansprüche bezüglich Wartezeit und Zapftemperatur und sorgt auf diese Weise für Klarheit auf beiden Seiten.

Ein Raumbuch hilft beiden Seiten, also Auftraggeber und -nehmer, sich auf Besonderheiten zu einigen.

Bild: IBH

Ein Raumbuch hilft beiden Seiten, also Auftraggeber und -nehmer, sich auf Besonderheiten zu einigen.

3.6 Betriebstemperatur

Bei bestimmungsgemäßem Betrieb darf maximal 30 Sekunden nach dem vollen Öffnen einer Entnahmestelle die Temperatur des Trinkwassers kalt 25 °C nicht übersteigen und die Temperatur des Trinkwassers warm muss mindestens 55 °C erreichen. Eine Ausnahme bilden die Trinkwassererwärmer mit ­hohem Wasseraustausch und dezentrale Trink­wassererwärmer.

HINWEIS

Erfahren Sie mehr zu den Kontrollfragen.

Fit im Fach Seite 30

Autor

Dipl.-Ing. (FH) Elmar Held
ist verantwortlicher ­Redakteur des SBZ Monteur. Er ­betreibt ein TGA-Ingenieur­büro, ist Dozent an der Handwerkskammer Münster sowie ­öffentlich bestellter und vereidigter Sach­verständiger. Telefon (0 23 89) 95 10 21; Telefax (0 23 89) 95 10 22

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