Wie funktioniert eigentlich ein Saugheber?
Die Verwandtschaft eines Pömpels zu einem Saugheber kann man rein optisch schon irgendwie erkennen. Schwieriger diese Verwandtschaft zu entdecken wird es bei Vakuumhebern aus der Industrie oder den Fixierhilfen einer Kernbohrmaschine. Doch das Prinzip ist dasselbe und wird in diesem Bericht ausführlich erklärt.
Der Pömpel ist zu einem nicht besonders ästhetischen aber leicht erkennbaren Erkennungszeichen der Installateure geworden. Weltweit verbindet man das Bild eines Handwerkers im Blaumann, der gleichzeitig einen Pömpel in der Hand hält mit dem Beruf des Installateurs. Der Pömpel, eigentlich ja die Saugglocke, ist ein einfaches Werkzeug um mittels Saug- und Druckeinwirkung eine leichte Verstopfung in WC und Waschtisch zu beheben. Spezifischer wird die Wirkweise eines hier beschriebenen Phänomens beim Einsatz eines Vakuumhebers um beispielsweise eine bodenebene Dusche zu positionieren. Und spektakulär wird es wenn eine Kernbohrmaschine durch die Kraft eines angesaugten Tellers an der Wand fixiert werden kann. Da wird dann Beton zermalmt und ein Abscheren der Maschine wird durch eine Wirkweise erreicht die auch mit einem Pömpel nachgestellt werden kann. Also, was geht da ab?
Ausgangslage und Test
In unseren Breiten- und vor allem Höhenlagen liegt der Luftdruck bei ca. 100000 Pascal. Schwankungen des Luftdrucks verursachen Wetterumschwünge und man spricht von Hoch- und Tiefdruckgebieten.
Ein alter Kindertrick führt Sie nun an das erste Gedankenexperiment heran. Jeder hat sicherlich schon mal an einem Trinkglas gesaugt und diesen Saugeffekt genutzt um dieses Glas gewissermaßen am Mund kleben zu lassen und es so anheben zu können ohne es festzuhalten. Dabei verringert sich also durch das Saugen der Druck im Glas. Der Umgebungsdruck beträgt während des Saugvorgangs weiterhin 100000 Pascal und im Glas kann man den Druck locker auf 90000 Pascal senken.
Außerhalb des Glases herrscht also ein höherer Druck als innerhalb. Das Glas wird daher förmlich auf das Gesicht gedrückt. Man empfindet allerdings subjektiv einen Saugeffekt, meint also, dass die Lippen ins Glas gezogen werden. Nach dem gleichen Schema kann man ein Blatt Papier ansaugen und anheben. Auch wenn man ein Papier per Saugeffekt anhebt, gilt, dass im Mund ein geringerer Druck herrscht als in der Umgebung. Beim Ansaugen eines Blattes kann man aber einen weiteren Effekt erspüren. Spitzt man nämlich die Lippen, so verringert sich die Haltekraft auf das Papier. Reist man den Mund während des Saugvorganges weit auf, so erhöht sich die Haltekraft erheblich. Probieren Sie es ruhig praktisch aus, es dient doch der Wissenschaft und Ihrer Erleuchtung.
Erkenntnisse
Die Haltekraft für einen Gegenstand der durch den hier skizzierten Effekt gehalten wird, ergibt sich also aus dem tatsächlich erzeugten Unterdruck und die wirksame Fläche, auf der dieser Unterdruck erzeugt wird. Die Bezeichnung Unterdruck ist eigentlich falsch, beschreibt aber das was wir darunter verstehen am besten. Eigentlich ist Unterdruck ein negativer Überdruck. Ein echter Unterdruck lässt sich nicht einmal theoretisch herstellen. Würde man einen Raum komplett evakuieren, also sämtliche Teilchen daraus entfernen, würde der Druck den Wert Null Pascal erreichen. Unter Null Pascal ginge es aber nicht.
Zurück zu den Erkenntnissen und die Entstehung einer entsprechenden Formel, die ausdrückt, wie hoch die Haltekraft eines Pömpels, Saugers, Vakuumhebers oder ähnlichen Konstruktionen werden kann.
Formelentwicklung
Es gilt als erstes, das eine Kraft sich ergibt aus einem Druck multipliziert mit einer Fläche:
F = p x A
wobei
F = Kraft in Newton [N]
p = Druck in Pascal [Pa]
A = Fläche in Quadratmeter [m²]
Wirkt beispielsweise ein Druck von 10000 Pa auf einen Deckel mit 1 m² Fläche , so wird dieser Deckel mit einer Kraft von
F = 10000 Pa x 1 m²
F = 10000 N
belastet.
Dieses Gesetz wird natürlich nicht außer Kraft gesetzt, wenn man ein Papier mit dem Mund ansaugt. Das Papier erfährt einerseits von außen den Luftdruck von 100000 Pa und in der Mundhöhle einen Druck von vielleicht nur 90000 Pa. Die Fläche mit der der Mund das Blatt abschirmt ergibt die zweite Größe. Nehmen wir an, der Mund forme eine annähernd quadratische Fläche mit einer Kantenlänge von 5 cm, also 0,0025 m² dann ergibt sich bereits ein Maß für die Kraft mit der das Blatt Papier gehalten wird.
F = (100000 Pa - 90000 Pa) x 0,0025 m²
F = 10000 Pa x 0,0025 m²
F = 25 N
Man könnte also ein Gewicht von rund 2,5 Kilogramm an dem Papier befestigen und der Unterdruck des Mundes würde dieses Gewicht halten.
Formel:
m = F / a
m = Masse in Kilogramm [kg]
F = Kraft in Newton [N]
a = Beschleunigung [m/s²]
Die Beschleunigung mit der ein Gewicht zum Erdmittelpunkt gezogen wird für gewöhnlich mit 9,81 m/s² angenommen.
m = 25 N / 9,81 m/s²
m = 2,548 kg ≈ 2,5 kg
Übertragung auf andere Haltekonzepte
Wenn man Sie also bitten würde einen Haltegriff zu bauen, der zum Einsatz kommen soll um Duschtassen in Position zu bringen, können sie erstmal wählen zwischen großer Saugfläche und einem geringem Unterdruck oder eben kleiner Saugfläche und großem Unterdruck. Gibt man Ihnen die Tellergröße des Saugnapfes vor, so bleibt der notwendige Unterdruck als Größe über.
Beispiel:
Sie sollen einen Vakuumhalter bauen, der es erlaubt eine emaillierte Stahlwanne von bis zu 15 kg Masse anzuheben. Der Teller des kreisrunden Halters soll einen Durchmesser von 10 cm aufweisen. Sie wollen natürlich absolut auf Nummer Sicher gehen und verlangen zweifache Sicherheit. Wie hoch müsste folglich der Unterdruck sein, wenn Ihre Konstruktion funktionieren soll?
Berechnungen:
Fläche des Saugtellers:
A = d² x 0,785
A = (0,10 m)² x 0,785
A = 0,00785 m²
Angenommene Gewichtskraft bei zweifacher Sicherheit:
F = m x a
F = 2 x 15 kg x 9,81 m/s²
F = 294,3 N
Errechnung des notwendigen Unterdrucks:
F = p x A
daraus folgt
p = F / A
p = 294,3 N / 0,00785 m²
p = 37490 Pa ≈ 37500 Pa
Antwort der Frage
Bei einem Umgebungsdruck von 100000 Pa dürfte zwischen Saugnapf und Duschwanne ein Druck von 62500 Pa herrschen. Damit wäre der Unterdruck 37500 Pa hoch.
Ein solcher Unterdruck wie im durchgerechneten Beispiel lässt sich mit den verfügbaren Vakuumhaltern herstellen und zumindest vorübergehend halten. Je nach Glattheit der Oberfläche und Anschmiegsamkeit der Dichtfläche entweicht der Unterdruck aber mit der Zeit. Ein angelegter Halter verliert also langsam seine Tragkraft.
Sonderfälle
Will man ein solches Halterungsprinzip für andere Zwecke nutzen sind zum Teil andere Strategien gefragt. Eine extreme Belastung erfahren beispielsweise die Halterungen von Kernbohrmaschinen. Werden deren Stativfüße als Vakuumplatten ausgeführt, so können sich diese auf glattem Untergrund festsaugen. Dazu reicht dann aber nicht das Umlegen eines Hebels zur Verkleinerung des Luftraumes innerhalb einer Glocke. Mit dem Halter und seiner Vakuumplatte einer solchen Kernbohrmaschine wird in der Regel eine entsprechend leistungsfähige Vakuumpumpe verbunden. Diese hält dann fortlaufend während des Bohrbetriebs den Unterdruck. Ein Manometer zeigt dann den Betriebszustand während einer Bohrung an. Ist der Druck in der Vakuumkammer entsprechend niedrig, so reichen die Haltekräfte aus. So lassen sich Kernbohrmaschinen an senkrechten Wänden fixieren und betreiben und Kernbohrungen bis 200 mm Durchmesser ausführen. Die Funktionalität solcher Systeme hängt von entsprechenden Dichtungen zwischen Vakuumkammer und der jeweiligen Oberfläche ab, sowie der Leistungsfähigkeit der jeweiligen Vakuumpumpe. Aber natürlich setzt auch die Rauigkeit und Porosität der Oberfläche an der angedockt werden soll entsprechende Grenzen.
Weitere Tricks und Sicherungen
Für den Einsatz im Bereich der Sanitärtechnik kann man auf entsprechende Sauberkeit der zu verbindenden Oberflächen achten. Eine verkrümelte Email-Oberfläche einer Duschtasse bietet eine denkbar schlechte Dichtfläche für einen Vakuumheber.
Es sollte darauf geachtet werden, dass die Haltefunktion senkrecht vom Teller weg am höchsten ist. Eine Verschieben parallel zur Tellerebene, also eine Scherbelastung wird deutlich schlechter verkraftet und führt daher eher zum Abrutschen des Gegenstandes.
Bei Einsatz von Kernbohrmaschinen mit entsprechender Vakuum-Haltertechnik sind unbedingt die Vorschriften der Hersteller einzuhalten
Die Technik zum Heben per Saugtechnik wird auch für schwere Lasten angewandt. Hier werden dann aber sinnvolle weitere Sicherheitsmechanismen zusätzlich verbaut um bei einem Versagen der Vakuumhalter, beispielsweise bei einem plötzlichen Verlust des Unterdrucks, entsprechend gewappnet zu sein.
Filme zum Thema
Zum einen können Sie unseren Klassiker „Magic Pömpel“ direkt anwählen. Dann können wir Ihnen noch zeigen, wie sich eine Kernbohrmaschine per Vakuum fixiert.
http://www.youtube.com/watch?v=fhGkYcftt6c
http://www.youtube.com/watch?v=UFhz7CyyEl4