Eine Genehmigung zur Nutzung von Regenwasser ist in Deutschland nicht erforderlich. Allerdings besteht vor dem Bau einer Anlage Anzeigepflicht durch den Betreiber beim Wasserversorger und beim Gesundheitsamt. Das ist ganz einfach, denn Vordrucke dafür sind Bestandteil der 18-seitigen Broschüre „Betriebsanleitung Regenwassernutzungsanlagen“, die für 3 Euro inklusive Porto beim Fachverband Betriebs- und Regegenwassernutzung e. V. unter www.fbr.de/publikationen bestellt werden kann. Darin enthalten sind auch ein Übergabe- und Einweisungsprotokoll sowie Hinweise für Betrieb, Inspektion und Wartung.
Tipp:
Im Zuge der Beratung diese Betriebsanleitung den Interessenten aushändigen, mit ihnen nach Auftragserteilung die beiden Formulare zur Mitteilung ausfüllen und abschicken. Nach der Installation die Einweisung und Übergabe bescheinigen und gegebenenfalls Inspektion und Wartung als preiswerte Serviceleistung anbieten. Das hilft Betriebsstörungen zu vermeiden (die immer das Image des Ausführungsbetriebes schädigen) und im Kundenkontakt zu bleiben.
Garten bewässern, WC spülen oder Wäsche waschen?
Wir dürfen in Deutschland von Gesetzes wegen für alle drei Zwecke Regenwasser verwenden, wenn die Anlagen zur Regenwassernutzung normgerecht gebaut sind, d.h. die technischen Vorgaben der DIN 1989-1 (1), zukünftig der DIN EN 16 941-1 (2) eingehalten werden. Dazu gehören u. a. der freie Auslauf bei Nachspeisung aus dem Trinkwassernetz und die Kennzeichnung von Leitungen und Entnahmestellen. Kommt regelmäßig genug Regenertrag in den Speicher, weil vor Ort überdurchschnittlich viel Niederschlag fällt oder sehr große Dachflächen vorhanden sind, können maximal 50 % des Trinkwassers ersetzt werden.
Tipp:
Übersteigt der Ertrag den Bedarf Monat für Monat deutlich, würde ein preiswerter kleiner Speicher genügen, denn er füllt sich schnell wieder. Allerdings muss dann mit häufigen und großen Überlaufmengen gerechnet werden. Und für Trockenperioden ist keine Reserve vorhanden. Deshalb immer Regenspeichergröße fachlich korrekt auslegen.
Regenspeichergröße berechnen
Vor dem Erstellen eines Angebotes sollte man mit der Bauherrschaft unterschiedliche Varianten der Nutzung durchspielen und diskutieren, bevor die Entscheidung für die Verwendung fällt. Diesen Aufwand darf man durchaus vorab in Rechnung stellen und bei Erteilen des Auftrags als Anzahlung gutschreiben. Die überschlägige Bemessung der Anlagengröße kann nach folgendem Beispiel erfolgen:
Das Speichervolumen wird mit 6 % vom kleineren der beiden Jahreswerte ermittelt und ergibt einen etwa drei Wochen reichenden Vorrat, wenn der Speicher voll war und es in dieser Zeit nicht regnet. Das ist vom Kosten-/Nutzenverhältnis her die sinnvollste Formel. Genaue Berechnungen bieten Speicher- und Anlagenhersteller kostenlos im Internet an, alternativ die unabhängige Fachvereinigung fbr unter https://regenwasser-experten.fbr.de/.
Tipp:
Den letzten Tropfen von Starkregenfällen zu sammeln gelingt nicht und ist ökonomisch nicht sinnvoll. Anzustreben ist, dass Ertrag und Bedarf etwa gleich groß sind. Dann ist der Nutzungsgrad optimal, d. h. wenig Regenwasser geht in den Überlauf und wenig Trinkwasser muss nachgespeist werden.
Nicht genug Regenertrag?
Wer kalkuliert stellt schnell fest, dass die Toilettenspülung im Wohnhaus viel mehr Trinkwasser spart als der Hausgarten, weil ganzjährig in Betrieb; so auch die Waschmaschine, bei der im Regenwasserbetrieb noch zusätzlich Waschmittel und damit Geld gespart wird. Denn das weiche Niederschlagswasser ermöglicht bei allen Vollwaschmitteln die Minimaldosierung, bei Baukastenwaschmitteln das Weglassen des Enthärters. Damit wird das Abwasser weniger mit Tensiden belastet, die Kläranlage muss weniger reinigen.
Tipp:
Bei nachträglicher Installation der Regenwassertechnik und sehr hartem Trinkwasser, falls nicht genug Niederschlagswasser für alle Verwendungszwecke zur Verfügung steht, der Waschmaschine der Vorzug geben. Neben Wasser wird dabei viel Waschmittel gespart. Außerdem ist der Anschluss an das separate Leitungsnetz meist einfacher und kürzer, als an die Spülkästen der Toiletten in mehreren Geschossen des Hauses.
Planung und Ausführung
Regenwassernutzungsanlagen sind „low-tech“, benötigen wenig Wartung im Betrieb, allerdings fundiertes Wissen bei Planung und Bau. Für eine gute Wasserqualität gelten u. a. folgende Voraussetzungen:
Tipp:
Was es sonst noch zu beachten gilt, zeigen die Informationen der Fachvereinigung Betriebs- und Regenwassernutzung e. V. (fbr) auf www.fbr.de/publikationen/fbr-top-reihe/. Wer sich vorab grundsätzlich über einzelne Komponenten orientieren möchte, dem sei die fbr-Marktübersicht (3) empfohlen. Sie bietet einen Überblick über fast 400 Produkte.
Quellen/Literatur:
(1) DIN 1989-1:2002-04. Regenwassernutzungsanlagen, Teil 1: Planung, Ausführung, Betrieb und Wartung. Beuth Verlag. Berlin, April 2002
(2) DIN EN 16941-1:2018-06. Vor-Ort Anlagen für Nicht-Trinkwasser — Teil 1: Anlagen für die Verwendung von Regenwasser. Diese europäische Norm legt Planung, Bemessung, Einbau, Kennzeichnung, Inbetriebnahme und Wartung von Regenwassernutzungsanlagen zur Verwendung von Regenwasser für verschiedene Nutzungen vor Ort als Ersatz für Trinkwasser fest. Beuth Verlag, Berlin, 2018.
(3) fbr-Marktübersicht. Ein Produktkatalog von Fabrikaten und Typen unterschiedlicher Hersteller, u. a. zu Regenwasser- und Grauwasserrecycling. Hrsg.: Fachvereinigung Betriebs- und Regenwassernutzung e.V. (fbr). Darmstadt, 2019.
Ertrag/Bedarf
Jahresertrag in Liter:
Jahresniederschlag des Ortes in mm (= l/m²) x Auffangfläche in m² (Grundriss mit Dachüberstand bzw. horizontale Projektion zwischen den Regenrinnen) x Minderungsfaktor 0,8 (= 20% Abschlag für Benetzungsverluste und gelegentlichem Speicherüberlauf)
Jahresbedarf in Liter:
Personenzahl x Tagesbedarf pro Person x 365 Tage (gelegentliche Abwesenheit gleicht gelegentliche Besucher aus). Tagesbedarf/Person: WC ganztägig zuhause 24 l, Waschmaschine 10 l. Pro m² Nutzgarten addiert man einen Jahresbedarf von 60 l, bei automatisch beregneter Grünfläche bis zu 200 l.
Voraussetzungen
Anekdote
Von Christian Rusche, Hamburg
„Eine neuinstallierte Regenwassernutzungsanlage in einem Altbau bereitete von Anfang an Probleme: Ständig rief die Kundin den Installateur an, dass kein Wasser zu den Toiletten käme. Stundenlang suchten wir den Fehler: Pumpe wurde ausgetauscht, Modul wurde erneuert, im Speicher wurde alles kontrolliert. Kein Fehler war zu finden. Während unserer Anwesenheit lief die Anlage einwandfrei. Bis mir die neuinstallierte Steckdose, an der die Pumpe im Keller angeschlossen war, auffiel. Ich verfolgte die Stromleitung und musste feststellen, dass seitens der Bauherrschaft die Steckdose an den Lichtschalter für den Kellerflur angeschlossen war, sodass man jedes Mal beim Verlassen des Kellers die Pumpe stromlos machte.“
DICTIONARY
AUTOR
Zum Autor
Dipl.-Ing. Klaus W. König lebt in Überlingen am Bodensee. Er ist Fachjournalist sowie von der Industrie- und Handelskammer Bodensee-Oberschwaben öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Bewirtschaftung und Nutzung von Regenwasser. Klaus W. König ist Mitarbeiter im DIN-Ausschuss NA 119-05-08 AA Wasserrecycling/Regen- und Grauwassernutzung. Seit 2006 lehrt er Regenwasserbewirtschaftung in englischer Sprache an der Hochschule Reutlingen (ESB Business School).