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Zeitstandfestigkeit

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Alterung im Zeitraffer

Rohre und Armaturen, die nach der Installation in der Wand verschwinden, müssen eine ebenso lange Lebensdauer haben wie die Wand selbst. Wie aber lässt sich die Haltbarkeit von 50 Jahren vorhersagen ohne so lange eine Musterinstallation zu beobachten?

Der Supergau für jeden Installateur ist ein Rohrbruch in einem frisch gefliesten Bad. Auch wenn sich später herausstellt, dass das eingesetzte Material produktionsbedingt fehlerhaft war, ist dem Kunden die Freude an seinem teuren, neuen Bad erst einmal gründlich verhagelt. Die Qualität des eingebauten Rohres muss daher über jeden Zweifel und die geplante Betriebszeit von vielleicht 30 Jahren erhaben sein. Deswegen muss für die Vorhersage der Rohrlebensdauer, die Alterung im Zeitraffer ablaufen.

Haltbarkeit von Materialien

Um festzustellen wie haltbar zum Beispiel ein legierter Stahl ist werden Proben mit einer definierten Zugspannung bei einer konstanten Temperatur beansprucht. Dann wird die Zeit bis zum Bruch der Probe ermittelt oder die Materialveränderung nach einer bestimmten Zeit protokolliert. Diese Versuche können auch über mehrere Jahrzehnte andauern. Solche langen Versuchszeiten kosten selbstverständlich sehr viel Geld und machen daher auch nur dann Sinn, wenn ein hohes Maß an Sicherheit für Umwelt oder Menschenleben, wie etwa bei Kraftwerksbau oder der Flugzeugindustrie, gefordert ist. Bei Kunststoffrohren wird die Festigkeit durch Innendruckversuche ermittelt. Dabei wird ein Prüfling bei einer konstanten Temperatur mit einem definierten Druck beaufschlagt und, wie beim Zugversuch, die Zeit bis zum Materialbruch gemessen. Die Materialprüfung mittels Innendruck und Temperatur spiegelt die größte der möglichen Belastungen für das Rohr wieder, sofern es nach Herstellerangaben verarbeitet wurde und während der Bauphase nicht anderen mechanischen, thermischen oder chemischen Belastungen ausgesetzt war.

Zeitraffer

Um nicht jedes neuen Produkt 50 Jahre erproben zu müssen wurde eine Möglichkeit gesucht den Alterungsprozess der Rohrproben zu beschleunigen. Dieses erreichte man durch die Anhebung der Temperatur während des Versuchs. Das sogenannte Arrheniusgesetz beschreibt dabei die Abhängigkeit von Temperatur und Reaktionsgeschwindigkeit welche in diesem Fall die Alterung ist. Mit Hilfe der Versuche erfährt man, wie lange ein Probekörper bei einer bestimmten Temperatur einem bestimmten Druck standhält. Durch eine Extrapolation (Hochrechnung) dieser Ergebnisse unter Anwendung des Arrheniusgesetzes lässt sich schließlich ableiten bei welchen Bedingungen das Rohr eine definierte Zeit, zum Beispiel 50 oder 100 Jahre, standhält. Damit die vorhergesagte Haltbarkeit kein Zufallsprodukt ist, werden eine Prüfdauer von mehr als einem Jahr und mindestens 30 Prüfergebnisse pro gewählte Temperatur gefordert. Nach der Qualifizierung eines Rohrwerkstoffs für einen bestimmten Einsatzzweck finden in regelmäßigen Abständen Produktüberprüfungen von Proben aus der laufenden Produktion statt.

Einsatzbereich beachten

Der Alterungsprozess im Zeitraffer zeigt sehr deutlich, dass die vom Hersteller vorgegebenen Einsatzbereiche strikt eingehalten werden müssen. Würde ein für Kaltwasserinstallation zugelassenes und geprüftes Rohr einfach für die Heizungsverteilung eingesetzt bedeutete dies, dass der thermische Einsatzbereich locker um 50K überschritten wird. Bei diesem Rohr würde, wie im Versuchslabor, der Alterungsprozess im Zeitraffer ablaufen. Nach einiger Zeit würde die Belastungsgrenze überschritten und das Rohr schlimmstenfalls bersten. Als Folge müsste die gesamte Heizungsverteilung ersetzt werden. Das gleiche Problem würde auch umgekehrt auftreten. Ein für die Heizungsinstallation zugelassenes Rohr muss nicht zwangsläufig für die Trinkwasserinstallation geeignet sein. Von der Lebensmitteltauglichkeit einmal abgesehen, ist ein solches Rohr in einer Trinkwasserverteilung einem mitunter viel höheren Druck ausgesetzt als in einer Heizungsanlage, was ebenfalls die Haltbarkeit herabsetzt.

Universeller Einsatz

Natürlich stellen die Hersteller ihre Rohre und Formteile für unterschiedlichste Einsatzbedingungen gleichermaßen her. Das spart letztendlich teure Lagerkapazitäten und verringert auf der Baustelle die Gefahr der Verwechslung. Trotzdem sollte man nicht alles gedankenlos einbauen und denken „Nach dem Fliesenleger sieht‘s eh keiner mehr“ sondern die Einsatzbereiche laut Herstellererklärung beachten.

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