Flachko vs. Röhre
Abertausende von deutschen Dächern sind belegt mit Kollektoren thermischer Solaranlagen. Reiche Ernte sollen Sie bringen. Und ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal ist schon für den Laien und aus großer Entfernung sichtbar. Es gibt Flach- und Vakuumröhrenkollektoren.
Für den Anlagenmechaniker stellt sich daher die Frage, zu welchem Kollektortyp er seinem Kunden rät. Wenn beide völlig gleichwertig wären, bräuchte man nur nach dem Preis gucken und könnte eine Entscheidung fällen. Wenn jedoch zwei Systeme mit gleichem Ziel nebeneinander existieren und dann auch noch einen unterschiedlichen Aufbau und Preis aufweisen, dann muss die parallele Existenz jeweils begründbar sein.
Gemeinsames
Flachkollektor (FK) und Vakuumröhrenkollektor (VRK) besitzen beide eine Absorberfläche (lateinisch absorptio „Aufsaugung“). Hierauf vollzieht sich die Umwandlung von Solarstrahlung, also dem Sonnenlicht, in Wärme. Der Absorber besteht meistens aus Metall und ist selektiv (lateinisch selectio „Auslese“) beschichtet. Diese Schicht soll möglichst umfangreich die Wärmestrahlung sammeln, und wenig Strahlungswärme abgeben. Dazu sind seit Entstehung thermischer Solaranlagen diese Beschichtung immer weiter verbessert worden. Reichte anfangs noch eine Schwärzung mit Ruß, kommen auf modernen Kollektoren schon sehr spezielle Produkte zum Einsatz. Die umgewandelte Energie aus Strahlung wird dann als Wärme weitergeleitet. An dem Absorberblech sind dazu Rohre angebracht in denen eine Flüssigkeit diese Wärme aufnimmt und dann den Abtransport zum Solarspeicher ermöglicht.
Der Flachkollektor
Der Absorber eines FK liegt in einem Gehäuse aus Kunststoff oder Metall. Nach unten, also der sonnenabgewandten Seite, ist der Kollektor wärmegedämmt. Eine Auskühlung würde ja den solaren Ertrag mindern. Nach oben, also der sonnenzugewandten Seite, ist der FK mit einem geeigneten Glas abgedeckt. Die solare Strahlung soll möglichst ungehindert durch dieses Glas hindurchdringen. Gleichzeitig soll verhindert werden, dass die bereits gesammelte Wärmeenergie wieder an die Umgebung abgegeben wird. Ein Kompromiss ist daher unumgänglich. Denn ein sehr dünnes Glas ließe zwar die Strahlung sehr leicht eindringen, würde aber eine unbefriedigende Isolierwirkung aufweisen. Würde jedoch, um mal ein drastisches Beispiel zu bemühen, eine Dreischeibenverglasung angebracht, wäre der Strahlungsdurchgang stark behindert, die resultierenden Wärmeverluste aber wären gering.
Der Vakuumröhrenkollektor
Der VRK wird in deutlich kleineren Einheiten gebaut als der Flachkollektor. Die einzelnen Röhren werden, je nach Hersteller, zu Gruppen zusammengefasst. Wie auch beim FK ist die eigentliche Absorberfläche einerseits gegen Wärmeverluste isoliert, andererseits soll durch die der Sonne zugewandten Glasoberfläche, die Solarstrahlung leicht eintreten können. Um dieses Ziel zu erreichen, hat man die Absorberfläche durch einen doppelwandigen Glaszylinder umschlossen. Zwischen der äußeren und inneren Glasoberfläche besteht ein Vakuum. Im Prinzip handelt es sich dabei um eine transparente Thermosflasche. Sie lässt die solare Strahlung eintreten, verhindert aber, effizienter als beim FK, die Auskühlung. Zugegebenerweise muss das Sonnenlicht bei einem VRK erst durch zwei Glasflächen eintreten und wird dadurch stärker gebremst als beim einscheibigen FK. Aber die Isolierwirkung der Vakuumröhre ist unbestritten besser als jene des Glases auf dem FK.
Gewinne und Verluste
Einerseits kann also die Strahlung besser durch das einfache Glas des FK eintreten und damit die Absorberfläche erwärmen. Andererseits wird die soeben geerntet Wärme auch wieder leichter abgegeben als beim VRK. Da stellt sich die Frage: Hebt sich dieser Effekt dann irgendwie auf und sind in der Folge damit die Wirkungsgrade der beiden Kollektortypen gleich? Vorweg schon mal ein deutliches "Jein". Der Sinn dieser solaren Anlagen ist ja das Sammeln von Wärmeenergie. Beide Kollektortypen erwärmen sich also zwangsläufig an einem sonnigen Tag. Beide Typen geben also sobald die Kollektoren wärmer sind als die Umgebung jene gesammelte Energie zu einem teil wieder an die Umgebung ab. Eine perfekte Dämmung, ganz ohne Wärmeverluste gibt es nicht. Der FK lässt die Sonnenstrahlung etwas leichter eintreten und hat leichte Wirkungsgradvorteile bei beginnender Erwärmung. Der VRK bietet den Sonnenstrahlen beim Eintritt bis zur Absorberfläche einen größeren Widerstand. Eingefangene Wärme, wird aber in der "Thermoskanne" besser zurückgehalten. Hohe Temperaturdifferenzen zur Umgebung verkraftet der Röhrenkollektor daher besser. An einem strahlenden Wintertag mit niedrigen Außentemperaturen zeigt sich dieser Vorteil der Röhre daher sehr deutlich.
In Zahlen und Grafik
Man unterscheidet für Kollektoren allgemein drei Einflussfaktoren auf den jeweiligen Wirkungsgrad. Einer dieser Einflüsse ist unabhängig von der Umgebungstemperatur. Dies betrifft den so genannten optischen Wirkungsgrad. Gemeint ist damit der Anteil des Sonnenlichts der durch die schützende Glashülle zum Absorber dringt. Werte für moderne Flachkollektoren liegen meistens etwas höher als für Röhrenkollektoren. Dies resultiert, wie bereits beschrieben, aus der Tatsache, dass das Licht beim VRK zweimal das Glas durchschreiten muss. Als weitere Größe ergibt sich eine Verlustleistung des Kollektors bei seiner Erwärmung. Diese nimmt naturgemäß mit steigender Temperaturdifferenz zur Umgebung zu. Ein Teil dieser Wärme wird durch Konvektion ein anderer durch Strahlung abgegeben. Man unterscheidet daher zwei so genannte Wärmeverlustbeiwerte, nämlich k1 und k2 (herstellerabhängig auch a1 und a2). Die Formel zur Ermittlung des gesamten Kollektorwirkungsgrades berücksichtigt daher diese drei Einflüsse nach folgender Formel:
Dabei ist:
= Kollektorwirkungsgrad
= optischer Wirkungsgrad
= Wärmeverlustbeiwert in W/(m²K)
= Wärmeverlustbeiwert in W/(m²K²)
= Temperaturdifferenz in K
= Bestrahlungsstärke in W/m²
Ein Beispiel soll die Zusammenhänge kurz rechnerisch verdeutlichen. Dabei wird bei ansonsten gleicher Einstrahlung und Temperaturdifferenz der FK dem VRK (Werte in Klammern) gegenübergestellt. Ausgangslage ist:
= 84 % (80 %)
= 4 W/(m²K) (1,5 W/(m²K))
= 0,02 W/(m²K²) (0,005 W/(m²K))
= 40 K (für beide Kollektoren)
= 800 W/m² (für beide Kollektoren)
Für den FK gilt dann:
und für den VRK
Unter den genannten äußeren Bedingungen sind die beiden Kollektoren jeweils mit einem Wirkungsgrad von 60 % für den Flach- und 71,5 % für den Röhrenkollektor unterwegs.
Schlechtes Wetter
Nimmt die Strahlung jedoch erheblich ab oder trifft nur noch diffus auf die Kollektoren, so wird die Differenz des Wirkungsgrades zwischen den beiden Typen nochmals größer. Bei ansonsten gleichen Werten, soll die bereits berechnete Situation nochmals durchgerechnet werden, allerdings mit einer Bestrahlungsstärke von nur noch 300 W/m². Dann ergibt sich für den Flachkollektor:
und für die Röhre
Der Flachkollektor geht bei mäßiger Einstrahlung und entsprechend hoher Temperaturdifferenz gehörig in die Knie. An einem kalten Wintertag mit nur diffuser Strahlung bringt er nur noch 20 % Wirkungsgrad. Der VRK spielt jetzt die Vorteile seiner Bauart extrem aus und liegt immer noch bei über 50 % Wirkungsgrad.
Fazit
Der FK kann mit seinem günstigeren Preis punkten. Sein Aufbau ist einfach aber nicht so effektiv. Mit seinen Muskeln spielt der VRK bei ungünstigen Witterungsbedingungen. Es kommt also darauf an, was mit dem Kollektor erreicht werden soll. Wird dieser zur Unterstützung der Warmwasserbereitung vorgesehen, so kann die wirtschaftliche Variante ein FK sein. Denkt man über die Heizungsunterstützung im Winter nach, so hat der VRK die Nase sicherlich vorn. Aus rein technischer Sicht spricht der Wirkungsgrad übers Jahr sicherlich ebenfalls für den VRK.