Schreiben Sie’s auf Rohrbruch!
Schäden an der Haus-Installation sind immer unangenehm. Aber das Ganze ist ja versichert. Genau dieser Umstand lässt in dem einen oder anderen Kunden ein „All-Inclusive-Feeling“ aufkommen. Wer sich als Monteur hier bequatschen lässt, kann sein Unternehmen in eine äußerst unangenehme Situation bringen.
Der Arbeitszettel passte wie die Faust aufs Auge zu einem Montagmorgen: Wasserrohrbruch mit satter Kellerüberschwemmung. Und das in einem Büro- und Geschäftshaus in der Innenstadt. Ganz nach Murphys Gesetz hatte die Leitung sicher am Samstagnachmittag den Löffel abgegeben, also genug Zeit gehabt, den Keller zu fluten. Und so war es dann wohl auch.
Ist doch versichert!
Jedenfalls flitzten nicht nur die Mieter aufgeregt durch den Keller. Auch der Hauseigentümer war schon da, um sich das Dilemma anzusehen. Die havarierte Leitung hatte schon bessere Tage gesehen. Aus verzinktem Stahlrohr erstellt, zeigte sie viele Stellen, die einem kein Vertrauen mehr einflößten. Und natürlich einen Korrosionsschaden, der eben pünktlich zum Wochenende zum Rohrbruch wurde. Wenigstens musste nicht nach der Schadenstelle gesucht werden und Stemmarbeiten waren auch nicht nötig. Während sich Lehrling Peter aufmachte, das Werkzeug in den Keller zu transportieren, notierte sich Geselle Dieter die Bauteile, die vom Lager zu holen waren. Mit einem Stück Rohr und zwei Gebo-Verschraubungen müsste die Sache bis zum Frühstück geschafft sein. Aber bevor sich Dieter aufmachen konnte, Material zu besorgen, hatte ihn der Hausbesitzer am Wickel: „Sagen Sie mal, an diesem Rohr gibt es ja schon so einige Stellen, die angerostet sind. Da ist es doch besser, sie erneuern die ganze Leitung, oder?“ Eine einfache Frage für Fachmann Dieter: „Klar, neu ist immer besser als geflickt! Soll der Chef Ihnen ein Angebot machen?“ „Wozu?“, entgegnete der Gebäudeeigner, „Ihre Firma schreibt die Rechnung einfach auf ‚Rohrbruch’! Ist doch versichert.“
Märchenstunde
Für Hausbesitzer und Installateur sieht das ganz nach einer Win-Win-Situation aus. Der Hausbesitzer bekommt neue Wasserleitungen im Keller auf Versicherungskosten. Und der Installateur kann ohne Angebot und Preisfeilscherei im Nachweis und zum Stundenlohn zu Werke gehen. Ein verlockender Gedanke - fürwahr. Wenn man diesen in die Tat umsetzt, macht man sich allerdings schon des Versicherungsbetruges schuldig. Denn die Aufgabe der Versicherung ist es, für die Beseitigung von Schäden aufzukommen. Im Falle eines Rohrbruchs bedeutet das, das Loch zu Stopfen und die Installation wieder nutzbar zu machen. Die Erneuerung ganzer Rohrleitungen hingegen, stellt eine Instandhaltungsmaßnahme dar. Solche Arbeiten werden von der Versicherung nicht gedeckelt. Denn Instandhaltungsmaßnahmen durchzuführen, ist eine Pflicht des Hausbesitzers, die er natürlich auch selbst bezahlen muss. Da man einer Versicherung nur schwer vermitteln kann, dass von einem einzigen Leck z. B. 25 m Leitung betroffen waren, müsste der Handwerker zur Erfüllung der Bitte, es auf ‚Rohrbruch’ zu schreiben, tricksen. Er müsste anstelle der tatsächlich verbauten Materialien Bauteile abrechnen, die sich eher mit der Nur-Beseitigung eines Rohrbruches in Verbindung bringen lassen. Er rechnet folglich Dinge ab, die gar nicht verarbeitet wurden.
Dieser Umstand unterstreicht die gewollte Täuschungs- und Betrugsabsicht. Und das ist alles andere als ein Kavaliersdelikt. Wer sich als Monteur auf solche Absprachen einlässt und erst nach erledigter Arbeit sein Unternehmen über die „speziellen Abrechnungswünsche“ des Kunden informiert, bringt seinen Chef in eine heikle Situation: Entweder er lehnt die gefälschte Abrechnung ab, riskiert Ärger mit dem Kunden und dass er hinter seinem Geld herlaufen muss. Oder er entspricht dem Wunsch des Klienten und kann nur hoffen, nicht erwischt zu werden.