Der Wärmeübergangswiderstand
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Die dichte und dicke Winterkleidung schützt den menschlichen Körper vor eisigen Temperaturen. Natürlich verliert der Körper aber immer noch Wärmeenergie. Und das umso mehr, desto heftiger ein Sturm die Kälte vor sich her treibt, oder besser, die Wärme abtransportiert. Windstille wird dann bei gleicher Minus-Temperatur als deutlich angenehmer empfunden.
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Was rein gefühlsmäßig für uns Menschen gilt, kann auch auf die Wärmeabgabe eines Hauses übertragen werden. Je mehr Dämmung ein Haus umhüllt, desto geringer fällt die Wärmeabfuhr aus. Ein EnEV-gerechtes Haus steckt also ständig im Wintermantel. Die Dämmeigenschaft dieses Mantels wird üblicherweise über den U-Wert ausgedrückt. Es gibt aber in der Bestimmung des U-Wertes an keiner Stelle einen Hinweis ob dieser U-Wert bei Sturm oder Windstille ermittelt wurde. Auch wird nicht einbezogen ob es sich bei der Wand um eine verspiegelte Fassade handelt oder eine schwarz verschieferte Wand. Aber auch das hätte Einfluss auf den Wärmeübergangswiderstand, um den es hier geht.
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Abhängigkeiten des U-Wertes
Für die U-Wert-Bestimmung werden lediglich der Übergangswiderstand der Raumwärme (Rsi) auf die Wand und dann der Widerstand von der Wand an die Umgebung (Rse) als jeweilige einheitliche Größe erfasst.
Kein Gut- oder Schlechtwetterzuschlag und kein Hinweis auf Spiegelung oder Schwärze werden in die Betrachtung einbezogen. Laut Norm ist das so OK, aber ist das auch physikalisch korrekt? Der U-Wert einer Außenwand hängt demnach im Wesentlichen davon ab, aus welchen Schichten (1, 2, 3 bis n) diese Wand aufgebaut ist. Zwei Zahlen aus der Liste zur Ermittlung des U-Wertes sind jedoch unabhängig von irgendwelchen Baustoffen, die innerhalb der Wand verwendet worden sind. Diese sind der innere und der äußere Wärmeübergangswiderstand, als Kürzel - wie schon erwähnt - Rsi und Rse. Egal wie viel Dämmung also in der Wand steckt, außen und innen wird ein Austausch stattfinden, um den Wärmefluss von warm nach kalt ins Rollen zu bringen.
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Übergang durch Konvektion
Von allen Möglichkeiten Wärme zu transportieren wird im Übergang von einer Außenwand an die Umgebung nur die Konvektion und die Strahlung ernsthaft interessant. So, wie beispielsweise ein Heizkörper die erwärmte Luft leichter macht und damit gleichzeitig Wärmeenergie in Richtung Decke bewegt, wird auch an Außenfassaden die Wärme durch Luftbewegung abtransportiert. Bei Windstille und frostigen minus zehn Grad wird der Abtransport aber deutlich zahmer ablaufen als bei Wind. Hier die Wärmeübergangswiderstände, zugeordnet zu den Windgeschwindigkeiten:
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Auch trifft die Konvektion nach unten auf andere Verhältnisse als bei gleicher Temperatur nach oben. Betrachtet man nur den konvektiven Anteil des Wärmeübergangswiderstandes, gilt für Innenoberflächen beispielsweise ein Widerstand von
0,2 m²K/W aufwärts
0,4 m²K/W horizontal
1,4 m²K/W abwärts
Der konvektive Anteil des Wärmeübergangswiderstandes sinkt also bei aufsteigender Wärme und steigt bei Abwärtsleitung der Wärme. Eine erwärmte Kugel, aufgehängt an einem dünnen Faden (damit dieser das Gedankenexperiment nicht beeinflusst), würde also nach oben mehr Wärme abgeben als nach unten.
Der Übergang durch Strahlung
Die Einflüsse auf Wärmestrahlung sind für die menschlichen Sinne schwieriger zu erfassen als jene für die Konvektion. Nur so viel: Mattschwarze Oberflächen mit einer gleichen Temperatur wie eine gleichgroße weiße oder gar silberne Oberfläche geben unterschiedlich Wärme ab. Dies hängt mit dem so genannten Emissionsgrad dieser Oberflächen zusammen. Hier einige Beispiele für die Emissionsgrade verschiedener Oberflächen:
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Jetzt könnte man aus dieser Tabelle schlussfolgern, dass mit verchromten Hausoberflächen am meisten Energie gespart werden könnte, da ja der hohe Emissionsgrad den Wärmeübergangswiderstand am deutlichsten erhöht. Dies ist beispielsweise für die Nacht auch korrekt. Aber tagsüber punktet eine schwarze Fassade dann doch wieder, wegen der höheren solaren Gewinne. Im Süden Europas nutzt man jedoch den Effekt weißer Außenwände zum Schutz vor Überhitzung im Sommer. Neben der, auch für das menschliche Auge wahrnehmbaren Oberflächenfarbe, nimmt aber auch noch die Temperatur Einfluss auf die Strahlung. Ein tiefschwarzer Körper, der in der Strahlungstheorie eine wichtige Rolle spielt, gibt bei minus zehn Grad weniger intensiv Wärme ab als bei plus 10 Grad. Die Übergangswiderstände eines schwarzen Körpers zeigen sich in Abhängigkeit von seiner Temperatur so:
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Die Quintessenz für den Effekt
Fasst man beide Effekte des Wärmeübergangswiderstandes zusammen, so wird deutlich wie komplex dieses Thema sein könnte, aber letztlich nicht ist. Jedenfalls für den Anlagenmechaniker, der den U-Wert eines Bauteils bestimmen möchte, gibt’s nur wenige und einprägsame Widerstände an den Bauteilen und die sind:
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Wärmeübergangswiderstände innen
▲ Für den Wärmestrom aufwärts gilt: Rsi = 0,10 m²K/W (beispielsweise an einer Decke)
► Für den Wärmestrom horizontal gilt: Rsi = 0,13 m²K/W
(beispielsweise an einer Außenwand)
▼ Für den Wärmestrom abwärts gilt: Rsi = 0,17 m²K/W
(beispielsweise an einem Fußboden)
Wärmeübergangswiderstände außen
Rse = 0,04 m²K/W
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Es wird nicht nachgefragt mit welcher Farbe das Häuschen gestrichen wurde und ob dort an kalten Tagen auch mal der Wind um das Haus pfeift. Trotzdem ist es gut zu wissen, dass diese Einflüsse vorhanden sind und bei Bedarf auch genauer betrachtet werden könnten.