Erdreichberührte Bauteile
Die Bestimmung eines U-Wertes steht an, wenn die Heizlast eines Gebäudes oder Raumes gerechnet werden soll. Die Einheit dieser Zahl verrät schon worum es geht. Man liest Watt pro Quadratmeter, pro Kelvin, kurz W/(m²K).
Bekannt ist, dass der jeweilige Wert für eine Wand oder einen Bodenplatte von den eingesetzten Schichten abhängt. Je dicker beispielsweise die Dämmschicht ausfällt, desto geringer fällt der U-Wert aus. Aber auch die Materialeigenschaft der jeweiligen Dämmung hat entsprechenden Einfluss auf das Ergebnis. Es gibt eben gute und schlechte Wärmeleiter. Aber, dass der U-Wert eines Bauteils auch davon abhängt, wie tief in der Erde es eingebuddelt wurde ist zwar eine Tatsache, aber weniger bekannt. Das ändert sich mit dem Lesen dieses Berichts.
U-Wert allgemein
Ausgesprochen steht der U-Wert für den Wärmedurchgangskoeffizienten. Im SBZ Monteur haben wir das Thema bereits einige Male aufgegriffen. Um jedoch diesen Bericht zu verstehen müssen Sie nicht erst diese Schätze heben und lesen.
Bei einem U-Wert geht es immer darum, wie viel Wärme beispielsweise eine Wand an die Umgebung abgibt. Wir Anlagenmechaniker berechnen sinnigerweise nicht ein Schönwetterereignis im Herbst und bei 10 °C Außentemperatur, sondern den Ernstfall. Daher verlassen wir uns auf Tabellen mit den tiefsten Temperaturen eines Ortes. Dieser ungünstigste Fall ergibt dann die Gesamttemperaturdifferenz für die wir einen Raum oder ein ganzes Haus auslegen. Am Beispiel eines Raumes in einem Haus in Werne an der Lippe kann man sich das konkret vorstellen.
Die Norm-Außentemperatur für Werne wird laut DIN EN 12831 mit -12 °C angenommen. Einen Wohnraum setzt man üblicherweise mit 20 °C an. Die Temperaturdifferenz beträgt folglich 32 Kelvin (K). Das gleiche Haus, der gleiche Raum im Ort Wendelstein (Norm-Außentemperatur -20°C) müsste für eine Temperaturdifferenz 40 Kelvin berechnet werden.
Bei absolut gleichen Schichtaufbauten und damit identischen U-Werten der Außenwände und gleichen Innentemperaturen wäre also die Heizlast in Werne geringer als in Wendelstein. Dieser Zusammenhang ist wichtig für das Verständnis der nächsten Zeilen
Problemstellung Bodenplatte
Was für die eben beschriebene Wand gilt, kann natürlich auch auf eine Bodenplatte übertragen werden.
In Deutschland bauen wir Häuser selten auf Stelzen. Die Bodenplatte berührt also in jedem Haus den Boden. Jedenfalls zwingen die Berechnungen des U-Wertes einer Bodenplatte immer dazu, konkret zu beschreiben, wo diese Bodenplatte sich befindet. Während hingegen eine Außenwand also durch die Schichtaufbauten eindeutig berechnet werden kann, ist der Wert für eine Bodenplatte erst dann endgültig erfassbar, wenn dieser an einem konkreten Einbauort eingesetzt wird. Der Grund dafür ist plausibel. Man kann eine Bodenplatte direkt auf das Erdreich legen oder beispielsweise drei Meter tief im Erdreich versenken. Jetzt dämmert es Ihnen schon! In drei Meter Tiefe ist der Widerstand des Erdreichs die Wärme eines Raumes abzugeben natürlich größer als direkt an der Oberfläche. Das wird auch erfühlbar, wenn man an die frostfreie Tiefe der Böden in Deutschland denkt. Während es draußen bitterkalt sein kann, frieren die Versorgungsleitungen für Trinkwasser nicht ein. Die liegen geschützt im Erdreich in vielleicht zwei Meter Tiefe. Je tiefer man also buddelt desto unabhängiger wird die Umgebungstemperatur von den Außentemperaturen. Und dies führt konkret bei einer Bodenplatte dazu, dass man einen so genannten äquivalenten U-Wert berechnet. Der hängt dann wesentlich davon ab, wie tief die Bodenplatte versenkt wurde.
Äquivalent, was für ein Wort?
Äquivalent bedeutet in diesem Zusammenhang, dass sich eine Bodenplatte „gleichwertig“ verhält wie ein Bauteil in einer anderen Umgebung. Konkret bedeutet das für die Berechnung nach Norm dass eine Bodenplatte folgende drei verschiedene U-Werte haben kann, bei völlig identischem Aufbau, aber in unterschiedlichen Einbautiefen:
Vorgabe: Der rechnerische U-Wert der Bodenplatte (auf Stelzen) sei 1,0 W/(m²K)
dann ist der äquivalente oder vergleichbare U-Wert
direkt auf dem Erdreich = 0,45 W/(m²K)
in 1,5 Meter Tiefe = 0,38 W/(m²K)
in 3,0 Meter Tiefe = 0,33 W/(m²K)
jeweils abgelesen für einen B´-Wert von 4 m
Die Bodenplatte mit dem recht schlechten U-Wert von 1,0 W/(m²K) verhält sich also in drei Meter Tiefe wie eine hervorragend gedämmte Platte mit dem U-Wert von 0,33 W/(m²K). Das bedeutet natürlich nicht, dass man dort in einem modernen Gebäude den Kellerfußboden nicht mehr dämmen müsste. Das Beispiel ist willkürlich rausgepickt worden, um den Trend stellvertretend für alle Konstruktionen von Bodenplatten aufzuzeigen.
Was soll das mit B´?
Der B´-Wert unter den eben genannten Ablesebeispielen für die drei äquivalenten U-Werte berücksichtigt auch noch die Geometrie mit der ein Raum an das Erdreich grenzt. Ein Kellerraum an der Ecke eines mit angenommenen 10 Meter Grundfläche verhält sich bezogen auf das Erdreich anders als ein gleich großer Raum der rechts und links von zwei beheizten Räumen eingeschlossen wird. Daher möchte die Norm, bei ansonsten gleicher Grundfläche eben zusätzlich genannt bekommen mit welcher Länge ein solcher Raum tatsächlich an das Erdreich grenzt. Daraus bildet sich dann der B´-Wert. Vertiefen muss man diesen Gedanken zum Verständnis der erdreichberührten Bauteile aber nicht.
Wie geht´s weiter?
Ein Beispiel soll die letzten Geheimnisse noch lüften.
Voraussetzung:
Ein 10 Quadratmeter-Raum in einem Haus in Werne ist mit einer Innentemperatur von 20 °C vorgesehen worden.
Welche Leistung würde dieser Raum am Fußboden abgeben, ausgehend von einer Bodenplatte mit einem U-Wert von 1,0 W/(m²K).
Es sollte noch bekannt sein, wie tief der Grundwasserspiegel liegt, im Beispiel sei dieser mit 1,0 Meter unter der Bodenplatte. Das ergibt dann einen Zuschlag nach Norm von 15 %. Bei Berührung mit dem Erdreich wird in Deutschland pauschal noch zusätzlich ein Zuschlag von 45 % gerechnet. Zur Lösung dieses Problems muss auch noch bekannt sein, welche Jahresmitteltemperatur in Werne angenommen wird. Diese liegt bei 6,8 °C also rund 7 °C. Und für erdreichberührte Bauteile gilt dann sinnigerweise, dass diese nicht gegen die tiefste Außentemperatur kämpfen (in Werne -12 °C) sondern nur gegen die mittlere Außentemperatur (für Werne eben 7 °C)
Beispiel auf Stelzen
Die Bodenplatte auf Stelzen mit einem U-Wert von 1,0 W/(m²K) würde bei einer angenommenen Außentemperatur von -12 °C und einer Raumtemperatur von 20 °C rechnerisch 32 Watt pro Quadratmeter abgeben, also insgesamt 320 Watt.
Beispiel direkt auf Erdreich-
Für den Raum ergibt sich die Heizlast unter der Berücksichtigung eines Zuschlages von 45 Prozent (in Deutschland als fester Wert) plus nochmals 15 Prozent wegen der Nähe des Grundwassers, sowie in Abhängigkeit von milden 7 °C als Außentemperatur zu:
Beispiel für 1,5 Meter Tiefe
Beispiel für 3,0 Meter Tiefe
Das Einbuddeln hat also den Transmissionswärmeverlust des identisch aufgebauten Fußbodens erheblich verändert.
Zusammenfassung
Erdreichberührte Bauteile werden in einem komplexen Zusammenhang verwendet. Um den Transmissionswärmeverlust zu errechnen werden einige Schritte benötigt:
- der Äquivalente U-Wert wird ermittelt
- die mittlere Außentemperatur eingesetzt
- die Nähe des Grundwassers wird berücksichtigt
- für Deutschland wird ein Zuschlag vorgegeben
Das schreckt zugegebenermaßen erstmal fürchterlich ab. In der Praxis wird aber mittels Software gearbeitet. Und die schleppt gewissermaßen die ganzen Zusammenhänge mit sich herum. Es gilt natürlich, diese Software entsprechend gut zu füttern. Da Sie spätestens jetzt die Zusammenhänge kennen, steht dem aber nichts mehr im Wege.