Absicherung von Trinkwasserleitungen
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Die Trinkwasser-Installationen in Gebäuden müssen sicherstellen, dass das Wasser in unveränderter Qualität den Verbraucher erreicht. Um das zu gewährleisten, darf auf keinen Fall Nicht-Trinkwasser in die Leitungen gelangen. Die Art der nötigen Absicherung hängt dabei vom Gefährdungsgrad des Nicht-Trinkwassers ab.
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Dass Trinkwasser jederzeit zur Verfügung steht, ist in Deutschland eine Selbstverständlichkeit. Mit der gleichen Sicherheit, mit der man erwartet, dass es jeden Morgen wieder hell wird, schreiten Hausbewohner zu Entnahmearmaturen und sind sich des kühlen Nasses gewiss. Jeder, der schon einmal ohne Vorankündigung in einem Mehrfamilienhaus das Wasser absperren musste, kann ein Lied davon singen. Oft vergehen nur wenige Minuten, bis der erste im Keller steht und fragt, warum es kein Wasser gibt. Diese Selbstverständlichkeit ist es aber auch, die die Wasserversorgung zu etwas normalem macht, um das man sich offensichtlich nicht groß sorgen muss. Kühne Bastlerarbeiten fleißiger Heimwerker sind leider nicht selten ein Beispiel dafür.
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Aber da Passiert schon nichts...!?
Da findet man Garten-Wasserentnahmestellen ausgestattet mit einer Entnahmearmatur ohne jegliche Absicherung vor. Die Nachbefüllung für die Heizungsanlage im Keller ist nur mit Rückflussverhinderer und Schlauchbelüfter als unzureichend abgesichert zu entdecken. Im Bad wurden die Markenarmaturen an Wanne und Dusche gegen Discounter-Sonderangebote unter Einsatz des freien Samstags ausgetauscht. Leider könnte man diese Aufzählung noch erheblich weiterführen. Solange nichts passiert und keiner der Hausbewohner nach dem Genuss von vermeintlichem Trinkwasser „Schaum vor dem Mund“ hat, erregt das alles kein Aufsehen. Dabei ist die Frage, wann dieser Fall eintritt, nur eine zeitliche. Grund genug für den Anlagenmechaniker bei der Erstellung und bei Arbeiten an Trinkwasserleitungen ein Auge darauf zu haben, ob die Entnahmestellen ausreichend abgesichert sind.
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Je gefährlicher desto besser
Wie eine Trinkwasser-Entnahmestelle beschaffen sein muss, damit über sie auf keinen Fall Wasser zurück in die Leitung gelangen kann, hängt davon ab, welche Gefahr von dem Nicht-Trinkwasser ausgeht. Die Bewertung des Nicht-Trinkwassers wurde nach DIN 1988-4 [1] mit der Zuordnung in fünf Wasserklassen vorgenommen. Die DIN EN 1717 [2] bedient sich an dieser Stelle der Flüssigkeitskategorien, die aber mit den Einstufungen nach Wasserklassen vergleichbar sind. Je gefährlicher ein Nicht-Trinkwasser eingestuft wird, desto höherwertiger ist die Trinkwasserleitung vor diesem abzusichern. Wird zum Beispiel ein Kaffee-Automat an die Trinkwasserleitung angeschlossen, ist diese gegen das Eindringen von Kaffee (Wasserklasse / Flüssigkeitskategorie 2) zu schützen. Da ein Schluck Kaffee in der Trinkwasserleitung unangenehm (z. B. beim duschen), aber keinesfalls gefährlich ist, genügt die Absicherung mittels eines Rohrbelüfters oder eines Rückflussverhinderers. Beide Armaturen bieten nur geringen Schutz. Soll aber hingegen eine Badewanne im Krankenhaus befüllt werden, kann man nicht ausschließen, dass sich in der Wanne Wasser befindet, in dem sich Erreger übertragbarer Krankheiten (Wasserklasse / Flüssigkeitskategorie 5) tummeln. Eine Befüllung über freien Auslauf als die sicherste Absicherungsmöglichkeit ist dann unumgänglich. Von einem freien Auslauf spricht man, wenn der Wasserzulauf einen Abstand zum höchstmöglichen Nicht-Trinkwasserspiegel aufweist, der dem zweifachen Innendurchmesser des Zulaufrohres, mindestens aber 2 cm entspricht (DIN 1988-4). Nach den Festlegungen der DIN EN 1717 wird ein dreifacher Innendurchmesser als Abstand zum Nicht-Trinkwasser gefordert. Da der freie Auslauf den Einsatz von Sicherungsarmaturen nicht mehr erforderlich macht, spricht man auch von nicht gefährdeten Entnahmestellen.
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Kein freier Auslauf - Sicherungsarmatur nötig
Dies jedoch unter der Vorraussetzung, dass die entsprechende Entnahmestelle bestimmungsgemäß genutzt wird. So bleibt ein Waschbecken mit Mundspülhahn (Auslauf deutlich über der Oberkante des Waschbeckens) nur dann tatsächlich ein freier Auslauf, wenn kein Zeitgenosse auf die Idee kommt, den Putzeimer im Waschtisch mit Wasser zu befüllen. Gegen sollen Missbrauch sanitärer Einrichtungen ist der Anlagenmechaniker machtlos. Er kommt seiner Sorgfaltspflicht aber schon nach, wenn die Entnahmestellen einer häuslichen Trinkwasser-Installation ausreichend gesichert und Standard-Sicherungen eingebaut sind.
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Wasserzähleranlage
Bereits seit August 1930 (also „erst“ seit schlappen 82 Jahren) wird der Einbau eines Rückflussverhinderers an der Wasserzähleranlage gefordert. Schlimm genug, dass auch heute noch Installationen ohne diese Armatur zu finden sind. Ungeachtet wie die nachfolgende Trinkwasseranlage abgesichert ist, dient dieser als Rückdrück- oder Saugschutz des Versorgungsnetzes.
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Wasch- und Geschirrspülmaschinen
Da man nicht weiß, welche Wäsche in einer Waschmaschine gewaschen und welcherart verschmutztes Geschirr in einer Spülmaschine gespült wird, ordnet man das Waschwasser der Kategorie 5 zu. Eine Absicherung solcher Maschinen kann dann nur über freien Auslauf erfolgen. Da die Maschinen Wasserdruck benötigen, wird eine Installation mit atmosphärischem Vorbehälter und Pumpe erforderlich. Handelt es sich bei den eingesetzten Wasch- und Geschirrspülmaschinen um eigensichere Ausführungen (DVGW-geprüfte Maschinen), ist installationsseits keine weitere Absicherungsmaßnahme erforderlich. Der für den Maschinenanschluss in der Praxis oft eingesetzte „Zapfhahn mit Rückflussverhinderer und Belüfter“ (Sicherungskombination) ist beim Anschluss eigensicherer Maschinen nicht falsch, aber auch nicht unbedingt nötig. Im Falle nicht eigensicherer Maschinen reicht diese Art der Absicherung bei Weitem nicht aus.
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Heizungsbefüllung
Die Sicherungskombination ist in so manchem Keller als Nachfüllmöglichkeit des Heizungssystems zu finden. Gewählt wurde sie oft, weil diese Armatur ein Entfernen des Schlauches zwischen Trinkwasser- und Heizungssystem nach Beendigung des Füllvorgangs nicht erforderlich macht. Obwohl man so der Bequemlichkeit des Kunden entgegen kam, wurde dabei eine Tatsache übersehen. Mit der DIN 1988-4 wurde festgelegt, dass eine Sicherungskombination nur dann tatsächlich als solche funktioniert, wenn die Öffnungen des Schlauchbelüfters mindestens 15 cm (nach DIN EN 1717 sogar mehr als 25 cm) höher liegen als der Heizungswasser-Spiegel. Bei einer Heizungsanlage mit z. B. 1,5 bar Anlagendruck liegt der Heizungswasser-Spiegel folglich 15 m höher als die besagten Lüftungsöffnungen der Armatur im Keller. Und damit hat die Sicherungskombination nur noch die Schutzwirkung eines Rückflussverhinderers. „Schlauch ab“ ist folglich ein Muss. Eine zeitgemäße Lösung stellt die Heizungsbefüllung über einen Systemtrenner dar. Mit diesem müssen keine „Maße über Nicht-Trinkwasserspiegel“ eingehalten werden. Die Befüllung kann von dieser Armatur aus entweder klassisch (mittels Schlauch) oder über eine fest installierte Rohrverbindung erfolgen.
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Garten-Entnahmearmatur
Für die Armatur, die für den Schluck Wasser im Garten sorgen soll, wird nach Norm eine Sicherungskombination als Absicherung gefordert. Diese ist ausreichend für einen möglichen Schlauchanschluss. Allerdings muss man seiner Fantasie freien Lauf lassen und ergrübeln, was so alles an eben diesem Schlauch angeschlossen werden kann. Die Möglichkeiten sind hier vielfältig. Daher soll an dieser Stelle beispielhaft auf ein Gerät zurückgegriffen werden, das fast jeder Hausbesitzer sein Eigen nennt: der Hochdruckreiniger. Im privaten Einsatzbereich handelt es sich meistens um kleinere Geräte dieser Art. Im Gegensatz zu den großen Ausführungen (wie sie oft bei Auto-Waschanlagen zu finden sind), haben sie keinen atmosphärischen Wassertank mit Befüllung über freien Auslauf. Sie sind folglich nicht eigensicher. Da an diese Geräte Reinigungs-Chemikalien-Patronen angeschlossen werden können, aus denen Chemie abgesaugt und dem Wasserstrahl zugeführt wird, arbeiten sie mit Wasser der Wasserklasse / Flüssigkeitskategorie 4. Folglich muss der Wasseranschluss z. B. über einen Systemtrenner erfolgen. Kompakte Armaturen dieser Art sind zum Anschrauben an die Entnahmearmatur erhältlich. Eine ausreichende Absicherung stellt somit so gut wie keinen Montageaufwand dar.
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Und noch ein Blick in die Wohnung
Die korrekte Absicherung einer Geschirrspülmaschine (wenn sie dann nötig ist) wurde schon im Zuge der Waschmaschinen beschrieben. In der Küche muss man dann noch einen Blick auf die Armatur an der Küchenspüle werfen.
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Küchenarmatur mit Schlauchbrause
Normale Armaturen an der Küchenspüle haben einen festen Auslauf, der in jedem Fall (von Missbrauch mal abgesehen) ausreichend hoch über der Beckenoberkante ausmündet. Damit liegt ein freier Auslauf vor - die Armatur ist damit keine gefährdete Entnahmestelle. Anders sieht es aus, wenn eine Geschirrbrause ins Spiel kommt. Sie könnte auch schon mal im Spülbecken liegen und so in das Spülwasser abtauchen. Spülwasser wird der Wasserklasse / Flüssigkeitskategorie 3 zugeordnet. Man geht hier von wenig giftigen Stoffen aus. Wer sich davon ein Schlückchen genehmigt, bekommt vielleicht eine ordentliche Magenverstimmung - lebensgefährlich wird es (in Maßen genossen) aber nicht. Zur Absicherung kann man es hier deshalb bei einer Sicherungskombination (Rückflussverhinderer und Belüfter) belassen.
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Brause an Wanne und Dusche
Für die Schlauchbrause an einer Badewanne oder Duschwanne im häuslichen Bereich kann man bei vergleichbarer Risikoeinschätzung (Wasserklasse / Flüssigkeitskategorie 3) ebenfalls mit einer Sicherungskombination absichern. Das gilt jedoch nicht für die Brause an Wannen und Duschen in Krankenhäusern und Pflegeheimen. Hier geht man vom Vorhandensein der Wasserklasse / Flüssigkeitskategorie 5 aus. Und das schreit nach freiem Auslauf. Man muss hier den Wasserzulauf so anordnen, dass alleine die Länge des Brauseschlauches verhindert, dass der Brausekopf im Wasser der Wanne abtauchen kann.
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Einlauf unterhalb des Wannenrandes
Im häuslichen Bereich ist dieser mit der Handbrause vergleichbar und es genügt nach DIN EN 1717 eine Absicherung mittels Sicherungskombination. Schließlich ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Wanne vollfüllt wird und der Zulauf wirklich abtaucht sogar geringer als die, die Handbrause in der Wanne liegend vorzufinden. Lediglich in Krankenhäusern oder Pflegeheimen muss ein Einlauf unterhalb des Wannenrandes aus schon genannten Gründen über einen Rohrunterbrecher ohne bewegliche Teile angeschlossen werden.
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WC-Druckspüler sind durch einen integrierten Rohrunterbrecher konstruktiv eigensicher gegen Rücksaugung. Im Spülkasten ist ein freier Auslauf zu finden, da der Wasserzulauf zwar unterhalb der Spülkastenoberkante aber oberhalb des Überlaufes liegt. Und der Waschtisch hat eine Armatur, deren Auslauf nicht innerhalb des Beckens liegt, womit eine nicht gefährdete Entnahmestelle festgestellt werden kann. So abgesicherh hat Nicht-Trinkwasser keine Chance in die Trinkwasserleitung zu gelangen. Und die Sicherheit dieser Art zu gewährleisten, ist eine Pflichtaufgabe des Anlagenmechanikers.
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von Jörg Scheele†12.2011
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Literaturnachweis:
[1] DIN 1988-4: Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen (TRWI); Schutz des Trinkwassers, Erhaltung der Trinkwassergüte
[2] DIN EN 1717: Schutz des Trinkwassers vor Verunreinigungen in Trinkwasser-Installationen und allgemeine Anforderungen an Sicherheitseinrichtungen zur Verhütung von Trinkwasserverunreinigungen durch Rückfließen
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