Von Belastung, Dichtheit und Gebrauchsfähigkeit
Geht es um die Kontrolle einer Niederdruck-Gasleitung, ist es mit einfach „abdrücken“ nicht getan. Denn das Prüfmedium ist ein Sensibelchen, mit dem man sich genau auskennen muss, um Prüfergebnisse korrekt zu deuten.
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Geprüft wird mit Luft oder mit Inertgas, wie zum Beispiel Stickstoff. Man geht also mit Gasen zu Werke. Und Gase haben zwei Eigenschaften, die Einfluss auf die Leitungsprüfungen mit sich bringen. Sie reagieren schnell auf Temperaturveränderungen und sie sind kompressibel. Die sich daraus ergebenden Situationen muss der Anlagenmechaniker bei der Kontrolle von Niederdruck-Gasleitungen (Betriebsdruck bis 100mbar) berücksichtigen. Für die Kontrolle stehen die Belastungsprüfung, die Dichtheitsprüfung und die Gebrauchsfähigkeitsprüfung zur Verfügung. Ferner gibt es noch die Druckmessung und die so genannte Schlussprüfung, also das Absuchen von Verbindungsstellen mit schaumbildenden Mitteln oder mittels Gas-Spürgerät. Auf die Druckmessung und die Schlussprüfung soll im Folgenden aber nicht näher eingegangen werden.
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Belastungsprüfung - es geht nur um die Leitung
Mit der Belastungsprüfung geht man auf die Suche nach Schwachstellen. An Tempergussfittings können z. B. Haarrisse vorhanden sein, die mit geringeren Prüfdrücken gar nicht zu entdecken sind. An Löt- oder Schweißverbindungen kann es Leckstellen geben, die zunächst von Zunder oder Schlacke zugesetzt sind und so gar nicht auffallen. Der Druck der Belastungsprüfung beansprucht solche Herstellungs- oder Materialfehler derart, dass diese entweder sofort, spätestens aber bei der nachfolgenden Dichtheitsprüfung hervortreten. Hier ist der Name der Prüfung eben Programm: Es geht darum, wie „belastbar“ das Material ist. Für die Durchführung der Belastungsprüfung müssen die Leitungsanschlüsse mit geeigneten Mitteln, wie metallene Stopfen oder Kappen verschlossen werden. Die Leitung wird also ohne Anschlussarmaturen gecheckt. Nur die Armaturen, die in der Leitung eingebaut sind, können in die Prüfung mit einbezogen werden. Sie müssen dann mit ihrem zulässigen Betriebsdruck (PN) mindestens dem Prüfdruck der Belastungsprüfung entsprechen. Eine Verbindung der zu überprüfenden Leitung zu in Betrieb befindlichen Gasleitungen darf nicht bestehen. Dabei gilt eine nur geschlossene Armatur nicht als sichere Trennung. Die Armatur könnte versehentlich geöffnet oder undicht werden. Die Folge wäre ein erheblicher Druckanstieg in dem in Betrieb befindlichen System. Schon ein Druck von mehr als 150 mbar kann hier beträchtliche Schäden verursachen (z. B. an Gasgeräten oder an Gas-Druckregelgeräten). Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass so eventuell Luft in die in Betrieb befindliche Leitung gelangen würde.
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Belastungsprüfung - drucktechnisch unsensibel
Schließlich beträgt der Prüfdruck 1 bar und entspricht damit dem rund 44-fachen des späteren Betriebsdruckes. Aufgebracht wird dieser mit Luft oder durch Einsatz eines Inertgases. Das Messgerät muss so genau anzeigen, dass Druckveränderungen von 100 mbar erkennbar sind. Die Forderung nach einer verhältnismäßig groben Druckanzeige und die Tatsache, dass nach der Druckbeaufschlagung keine Wartezeit für eine Temperaturanpassung des Prüfgases an die Leitung abgewartet werden muss, machen klar, dass es hier nicht in erster Linie um Druckveränderungen geht. Deshalb muss während der mindestens zehnminütigen Belastungsprüfung die Leitung auch optisch unter die Lupe genommen werden. Klar, dass die Leitung für diese Kontrolle noch zugänglich sein muss. Die Belastungsprüfung wird deshalb unmittelbar nach der Rohinstallation durchgeführt, wenn an den Verbindungsstellen noch kein Korrosionsschutz aufgebracht und die Leitung noch nicht verputzt bzw. verdeckt wurde.
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Dichtheitsprüfung - nicht alles wird gecheckt
Geht es darum, kleinste Undichtheiten an Niederdruck-Gasleitungen zu erkennen, kommt die Dichtheitsprüfung zum Zuge. Diese muss ebenfalls ohne Verbindung zu gasführenden Leitungsteilen ausgeführt werden. Geprüft werden alle Leitungsteile, mit Ausnahme der Gasgeräte und der zugehörigen Regel- und Sicherheitseinrichtungen. Die Gasgerätehähne bleiben bei der Ausführung der Dichtheitsprüfung geschlossen. Das hat folgende Gründe: Die Regeleinrichtungen der Gasgeräte dürfen in den meisten Fällen nur mit einem Druck von maximal 50 mbar belastet werden. Die Dichtheitsprüfung wird aber mit einem Druck von 150 mbar durchgeführt. Ferner dürfen die Regeleinheiten geringe Leckagen aufweisen. Gaszähler können in die Dichtheitsprüfung mit einbezogen werden. Allerdings sollte das nur im Ausnahmefall erfolgen. Einen Gaszähler in die Prüfung einzubinden bedeutet nicht nur, das Volumen der zu prüfenden Leitung zu vergrößern. Es wird auch ein Bauteil miteinbezogen, das Temperaturschwankungen schnell auf das Prüfgas überträgt und so zu instabilen Prüfdrücken führt.
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Dichtheitsprüfung - doppelt ist besser
Der Zeitpunkt zur Ausführung der Dichtheitsprüfung ist so zu wählen, dass die Verbindungsstellen noch nicht mit Korrosionsschutz beschichtet oder verhüllt sind bzw. die Leitung noch nicht unter Putz liegt. Ein guter Korrosionsschutz oder fest aufgebrachter Mörtel, kann eine undichte Rohrverbindung dichten. Mängel an der Leitung würden so nicht mehr erkannt. Wird die Leitung im sichtbaren Zustand der Dichtheitsprüfung unterzogen, sind die Geräteanschlussarmaturen noch nicht montiert. Um die Forderung der TRGI 2008 nach einer Prüfung „einschließlich der Armaturen“ zu erfüllen, sollte eine neu verlegte Gasleitung zweimal einer Dichtheitsprüfung unterzogen werden: Einmal unmittelbar nach Ausführung der Belastungsprüfung (Rohrleitung noch sichtbar, Verbindungsstellen noch ohne Korrosionsschutz, Leitung ohne Geräteanschlussarmaturen) und ein weiteres Mal unmittelbar vor dem Einlassen von Brenngas in die neue Leitung. Dann nämlich, wenn die Leitung unter Putz verschwunden ist, aber nun auch die Gasgerätehähne montiert sind. So erfüllt man alle Anforderungen (Leitung zugänglich und mit allen Armaturen prüfen). Und man erkennt auch Schäden, die der Leitung in der Zeit zwischen der Rohinstallation und der Feininstallation zugefügt wurden.
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Dichtheitsprüfung - es geht um Millimeter
Als Prüfgas finden Luft oder Inertgase Anwendung. Das Prüfgerät muss bei einer Dichtheitsprüfung so genau anzeigen, dass bereits ein Druckabfall von nur 0,1 mbar (1 mm Wassersäule) erkennbar ist. Ein geeignetes Messgerät ist das U-Rohr-Manometer. Diese sind heute zum Beispiel als stabile Blechkoffer mit Wassertank, Absperrkugelhähnen und Handpumpe erhältlich. Ein Schlauch, befestigt an einer Teleskopstange, dient als Prüfinstrument. Da es bei einer Dichtheitsprüfung nur noch um den Druck geht, ist ihr grundsätzlich eine Anpassungszeit vorzuschalten. Die Anpassungszeit dient dem Temperaturausgleich und soll dem Prüfmedium Zeit geben, in der Leitung buchstäblich zur Ruhe zu kommen. Die nötige Dauer der Anpassungszeit ist vom Volumen der zu überprüfenden Leitung abhängig; bis zu einem Leitungsvolumen von 100 Litern werden zehn Minuten als ausreichend angesehen. Ebenfalls vom Volumen der Leitung abhängig ist die Dauer der eigentlichen Prüfzeit. Bei einem Leitungsvolumen von bis zu 100 Liter dürfen zehn Minuten nicht unterschritten werden. Leitungen mit größeren Volumen benötigen längere Anpassungs- und Prüfzeiten.
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Dichtheitsprüfung - geht nur mit Ruhe
Und das aus gutem Grund: Die Zeitspanne, in der sich ein Druckabfall zeigt, ist vom Volumen der Leitung abhängig. Je größer das Volumen der Leitung ist, desto langsamer vollzieht sich der Druckabfall bei gleichem Prüfdruck und gleichem Leck. Falsch ist dabei die Annahme, dass eine undichte Leitung einen linearen Druckabfall aufweist. Da Gase kompressibel sind, kann bei einer großvolumigen, undichten Leitung der Prüfdruck über Minuten lang konstant bleiben, bevor sich ein Druckabfall einstellt. Wer hier voreilig nach ein paar Minuten und stehender Wassersäule die Prüfung beendet („Druck steht, bau das U-Rohr ab, dichter wird die Leitung nicht!“), dem entgeht möglicher Weise ein Leck. Nach den Festlegungen der Technischen Regeln für Gas- Installationen darf der Prüfdruck während der Prüfzeit nicht fallen. Er sollte aber auch nicht steigen. Ein ansteigender Prüfdruck weist darauf hin, dass sich das Prüfmedium durch Wärmezufuhr ausdehnt. Ist diese Ausdehnung größer als der leckbedingte Verlust des Prüfmediums, liegt eine undichte Leitung bei ansteigendem Prüfdruck vor. Man sieht: Den Nachweis der Dichtheit kann die Dichtheitsprüfung nur durch ein konstanten Prüfdruck erbringen.
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Gebrauchsfähigkeit - elektronisch ermitteln
Die Leckmenge einer Niederdruck-Gasleitung (ermittelt in Litern Gasverlust pro Stunde unter Betriebsdruck) lässt sich rechnerisch oder mit elektronischen Messgeräten feststellen. Da die rechnerische Methode die exakte Ermittlung des Leitungsvolumens voraussetzt (was bedingt durch unter Putz oder verdeckt liegende Leitungen in der Praxis nur schwer möglich ist), greift man auf die elektronischen Leckmengenmessgeräte zurück. Diese ermöglichen die Ermittlung einer Leckage ohne genaue Ermittlung des Leitungsvolumens. Dies geschieht im Prinzip, indem die Gasmenge gemessen wird, die in die zu prüfende Leitung nachzuliefern ist, um den Druck konstant zu halten. Das, was hinten entweicht, muss quasi vorne herein geschoben werden. Da man elektronischen Geräten glauben muss, was sie anzeigen, sollten hierfür ausschließlich solche eingesetzt werden, die nach DVGW VP 952 [1] geprüft und zugelassen sind.
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Gebrauchsfähigkeit- Durchfluss oder Rückwärts
Man unterscheidet beim Einsatz elektronischer Leckmengenmessgeräte das Durchflussmessprinzip und das Verfahren der Rückwärtsmessung. Bei letzterem wird der Prüfdruck vom Gerät konstant gehalten. Das Messgerät kann dafür an beliebiger Stelle an die zu prüfende Leitung angeschlossen werden. Die Leitung wird durch Schließen einer Armatur vom gasführenden System getrennt. Ist die Leitung undicht, kommt es zu einem Druckabfall. Dieser wird vom Messgerät ausgeglichen, indem eine Gasmenge in die Leitung nachgeschoben wird. Die Gasmenge, die ständig nachgeliefert werden muss, um den Druck zu halten, wird gemessen. Vorteilhaft ist, dass die zu prüfende Leitung keine Verbindung zum in Betrieb befindlichen System hat. Druckschwankungen haben so keinen Einfluss auf die Leckmengenermittlung. Im Gegensatz zur Rückwärtsmessung setzt eine Durchflussmessung immer einen Anschluss am Gaszählerplatz oder am Druckregelgerät voraus. Dabei ist die zu prüfende Leitung über das Messgerät mit dem gasführenden Leitungssystem verbunden. Das Gas, was nach Druckausgleich über das Leckmengenmessgerät in die zu prüfende Leitung nachströmen muss, um den leckbedingten Druckabfall auszugleichen, wird gemessen und zur Anzeige gebracht.
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Die Ergebnisse der Prüfungen werden grundsätzlich protokolliert. Hierfür kann man ein entsprechendes Formular verwenden. Elektronische Messgeräte verfügen meistens auch über eine Dokumentations-Funktion. Die Bewertung der Ergebnisse kann aber nur der Anlagenmechaniker vornehmen. Denn nur er kennt die herrschenden Einflüsse in Sachen Volumen, Druck und Temperatur.
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Hilfsmittel downloaden
Wer auf der Suche nach einem Prüfprotokoll-Vordruck ist und eine Übersicht über die Prüfung und Inbetriebnahme von Niederdruck-Gasleitungen möchte, der wird hier fündig:
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Literaturnachweis:
[1] DVGW VP 952: Anforderungen an tragbare elektrische Geräte zur Messung und Bestimmung der Gas-Leckmenge an Niederdruck-Gasleitungen