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Fallbeispiele

Schaffung von Gefahrenlagen

Inhalt

Sehr praxisrelevant für jeden Handwerker ist daher die Frage, wann und in welchen Fällen dieser für Verletzungen von dritten Personen auf einer Baustelle haftet. In diesem Beitrag geht es somit um die Frage, wie weit sogenannte Verkehrssicherungspflichten von Handwerkern reichen.

Der Fall 
Die ausgehängte Waschraumtür (LG Coburg, Urteil vom 22.03.2014, 22 O 619/13)

Ein Handwerker führt in einem Kindergarten Bauarbeiten durch. Um diese Bauarbeiten durchführen zu können, wird die Zugangstür des Waschraumes ausgehängt und an die Wand neben die Tür angelehnt. Später kommt die Raumpflegerin in den Kindergarten und möchte den Waschraum reinigen. Durch die angelehnte Zugangstür wird die Tür einer Toilettenkabine blockiert, sodass die Raumpflegerin die Toilettenkabine nicht reinigen kann. Deshalb beschließt sie, die angelehnte Tür zur Seite zu schieben. Hierbei fällt die Tür auf den Arm der Raumpflegerin. Die Raumpflegerin stürzt und gerät teilweise unter die Tür.
Weil sie sich den linken Oberarm bricht, verlangt die Raumpflegerin nun von dem Handwerker, der die Tür ausgehängt hatte, 5000 € Schmerzensgeld und 3000 € weiteren Schadenersatz. Muss der Handwerker die verlangten Beträge bezahlen?

Die Lösung des Falls

Ob der Handwerker für die Verletzungen der Raumpflegerin haftet, hängt zunächst davon ab, ob ihn im Rahmen der Bauarbeiten Verkehrssicherungspflichten treffen.

Was ist unter einer sogenannten Verkehrssicherungspflicht zu verstehen?

Unter einer Verkehrssicherungspflicht wird die Pflicht zur Sicherung einer Gefahrenquelle bezeichnet. Derjenige, der eine Gefahrenquelle für Dritte schafft oder andauern lässt, muss dafür Sorge tragen, dass es nicht zu Schädigungen anderer Personen kommt. Hierzu muss er also alle erforderlichen und zumutbaren Vorkehrungen treffen.

Hatte dieser Handwerker eine Gefahrenquelle geschaffen?

Grundsätzlich sind Bauarbeiten geeignet, Gefahrenquellen zu schaffen. Ein Handwerker muss somit eine von ihm eröffnete Baustelle sichern.
Im vorliegenden Fall hat aber das Landgericht Coburg im Aushängen der Tür im Rahmen der Bauarbeiten schon kein sorgfaltswidriges Verhalten des Handwerkers gesehen. Die Tür sei sachgemäß aufgestellt gewesen und drohte nicht von alleine umzufallen. Somit sei durch das Aushängen und Aufstellen der Tür in diesem Fall schon gar keine Gefahrenquelle geschaffen worden.

Muss der Handwerker Maßnahmen treffen, damit sich andere nicht selbst gefährden?

Das Gericht hat klargestellt, dass es kein allgemeines Gebot gibt, andere Personen vor Selbstgefährdungen zu schützen. Im vorliegenden Fall hat die Raumpflegerin sich durch ihr ­eigenes Fehlverhalten selbst gefährdet.
In Ausnahmefällen haftet ein Handwerker auch dann, wenn sich jemand durch eigenes Fehlverhalten verletzt. Dann muss aber für den Handwerker vorher schon vorhersehbar gewesen sein, dass sich Dritte fehlerhaft verhalten könnten. Darüber hinaus müsste der Dritte die Gefahr nicht selbst erkennen oder steuern können. Im vorliegenden Fall durfte der Handwerker, nach Ansicht des Gerichts, davon ausgehen, dass derjenige, der die angelehnte Zugangstür bewegen möchte, selbst Maßnahmen trifft, um sich zu schützen. Daher hat das Landgericht Coburg eine Haftung des Handwerkers für die Verletzung der Raumpflegerin abgelehnt.

Eine Abwandlung
Die nicht sachgemäß abgestellte Tür

Nun wandeln wir den Ausgangsfall ab. Der Handwerker hängt die Tür aus und lehnt sie nur teilweise an die Wand, der andere Teil ragt ohne Stütze in den Waschraum hinein. Just in dem Moment, in dem die Raumpflegerin den Waschraum betritt, fällt die Tür ohne Zutun der Raumpflegerin auf diese. Die Verletzungsfolgen bleiben dieselben wie im Ausgangsfall.
Hier hat der Handwerker die Tür nicht sicher aufgestellt. Dadurch hat er eine Gefahrenquelle geschaffen. Er musste davon ausgehen, dass die Tür keinen sicheren Halt hat und daher durch Umfallen dritte Personen verletzen kann. Eine Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht des Handwerkers müsste in diesem Fall bejaht werden, mit der Folge der Haftung für die Verletzung der Raumpflegerin.

Fazit:

Ein Handwerker sollte im Rahmen von Bauarbeiten die Baustelle so sichern, dass Schädigungen Dritter vermieden werden.

Zusammenfassung

  • Bei der Ausführung von Bauarbeiten können zahlreiche Gefahrenquellen durch Handwerker geschaffen werden.
  • Wird eine Gefahrenquelle geschaffen, bestehen sogenannte Verkehrssicherungspflichten.
  • Der Handwerker kommt seiner Verkehrssicherungspflicht dadurch nach, dass er Vorkehrungen trifft, die erforderlich und zumutbar sind, um Dritte vor Schädigungen zu bewahren.
  • Für selbst verursachte Verletzungen von Dritten haftet der Handwerker nur, wenn das Fehlverhalten für den Handwerker vorhersehbar war und der Dritte die Gefahr nicht selbst erkennen oder steuern konnte.
  • Autor
    Rosa Auricchio-Ammann ist Rechtsanwältin in der Kanzlei Schaudt Rechtsanwälte
    in Stuttgart.

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