Druckschläge in Trinkwasserleitungen
Trinkwasserinstallationen sind selbstverständlich nach den anerkannten Regeln der Technik auszuführen. Und eigentlich dürfte am Ende einer solchen Installation nur ein zaghaftes Rauschen zu hören sein, wenn die Wanne gefüllt wird. Knallen, beim Schließen der Armatur ist unerwünscht.
Trotzdem ergibt sich in einigen, wenigen Installationen in diesen oder ähnlichen Zusammenhängen ein Knall. Gehört haben die meisten Anlagenmechaniker dieses „Tock“, wenn beispielsweise der Einhebelmischer der Badewanne geschlossen wird oder das Magnetventil der alten Waschmaschine den Spülvorgang abbricht. Führt ein solches Phänomen zu einer Beschwerde des Kunden, gilt es den Grund dafür zu finden und nach Möglichkeit zu beseitigen. Wie man vorgehen kann und mit welchen Maßnahmen man gegenlenkt lesen Sie in diesem Bericht.
Entstehung des Druckschlags
Wasser ist von Hause aus inkompressibel, es lässt sich also nicht zusammendrücken. Wird es daher in einem fest umschlossenen Rohr bewegt, verhält es sich gewissermaßen wie ein steifer Knüppel, den man durch das Rohr schiebt. Schiebt man diesen Knüppel langsam durch das Rohr, so ist seine Bewegungsenergie relativ gering. Höhere Geschwindigkeiten erzeugen eine höhere Bewegungsenergie. Stoppt man die Bewegung des Knüppels, so ist seine jeweilige Bewegungsenergie entscheidend für die Wechselwirkung mit dem Rohr in dem dieser bewegt wird. Bei einer sehr langsamen Anfangsbewegung ist das Abbremsverhalten geräuscharm. Rast der Stock jedoch durch das Rohr und wird dieser schlagartig auf Null gebremst, kann dies mit einem erheblichen Schallereignis einhergehen. Für ein Rohr mit fließendem, inkompressiblem Medium ergibt sich also die Gefahr für einen Druckschlag bei hohen Fließgeschwindigkeiten und extrem kurzen Schließzeiten eines Absperrorgans. In modernen Installationen sind solche schnell schließenden Zapfstellen in der Regel nur unter den Einhebelmischern zu finden. Diese sind natürlich sehr verbreitet, führen aber, wie Sie aus der Praxis wissen, nur in Ausnahmefällen zu den beschriebenen Druckschlägen. In allen anderen Installationen treten Druckschläge auch auf im Zusammenhang mit schnell schließenden Magnetventilen auf. Diese befinden sich regelmäßig in Wasch- und Spülmaschinen. Wenn ein solches federbelastetes Ventil stromlos ist und daher geschlossen wird, kann ein ungebremster Schließvorgang zu einem Druckschlag führen.
In Bestandsanlagen sind auch schon mal defekte Druckspüler oder Spülkästen für Druckschläge verantwortlich. Insbesondere beim hohen Durchsatz eines Druckspülers und einem schlechten also ungebremsten Schließverhalten, kann es gehörig Rumsen.
Folgen des Schlags
Natürlich ist der hörbare Druckschlag wenn dieser eine gewisse Intensität erreicht störend und beeinträchtigt gegebenenfalls die Nachtruhe. Ein zweiter Effekt ist jedoch der Druckanstieg innerhalb der Installation der verzeichnet werden kann. Auf Dauer können starke Druckschläge die theoretische Lebensdauer einer Installation verkürzen. Es liegt also im Interesse des Hausbesitzers solche Druckschläge zu beseitigen oder zumindest abzuschwächen.
Untersuchungen
Das Phänomen des Druckschlags an sich ist bekannt und erklärbar. Ausführlichere Untersuchungen dazu haben unsere europäischen Nachbarn, die Niederländer vorgenommen. Und diese Erkenntnisse sind eingeflossen in eine Richtlinie des Vereins deutscher Ingenieure, kurz VDI. In der VDI 6006 - Druckstöße in Trinkwasserleitungen - Ursachen, Geräusche und Vermeidung- werden dem Thema 30 Seiten gewidmet, die zu wesentlichen Teilen auf den niederländischen Untersuchungen basieren. Eine Voransicht auf das Inhaltsverzeichnis erhalten Sie im Internet auf www.vdi.de/6006
Tipps zur Installation?
Wie so oft, liegt es in der Hand der Anlagenmechaniker bereits während der Installation sorgfältig zu arbeiten. Rohre oder Armaturen die einen direkten Kontakt mit dem Baukörper haben übertragen natürlich auch Geräusche. Das bedeutet, dass die Schwingung in die ein Rohr versetzt würde sich als Körperschall auf das Mauerwerk übertragen und dann per Luftschall von dem Mauerwerk ans Ohr der Hausbewohner gelangen. Fließgeräusche und auch der Knall eines Druckschlages lassen sich also wirksam unterdrücken, wenn beispielsweise die Gummieinlagen in der Schelle das Rohr halten und nicht der Mörtelklumpen. Dem durchgehenden Isolierschlauch um das Trinkwasserrohr kommt in diesem Zusammenhang ebenfalls eine wichtige Bedeutung zu. Kontakte des starren Rohrs mit dem Estrich sind nämlich als Schallbrücke fatal, wenn es denn nicht nur fließt sondern auch mal knallt. Lose Befestigungen in Steigesträngen können gewissermaßen zum Wackeln der Leitungen führen, wenn denn ein Druckschlag die Ausgangsenergie dazu liefert.
Werkstoffauswahl
Will man mittels Klopfzeichen ein Signal übermitteln und hat man die Wahl zwischen einem Metallrohr oder einem Kunststoffrohr, so wird man sich spätestens nach kurzer Klopfprobe für das Metallrohr entscheiden. Was bei der gewünschten Signalübertragung vorteilhaft wäre, ist jedoch beim Druckschlag ein Nachteil. Fakt ist, die Geschwindigkeit, mit der sich der Schall fortpflanzt ist für metallene Rohre deutlich höher und die akustischen Auswirkungen eines Druckschlags würden sich daher besser übertragen. Wer jetzt sofort reagiert und daraus schließt, dass Kunststoffrohre besser sind als Metallrohre, der bedenke, dass die Innendurchmesser von Kunststoffrohren wegen der größeren Wandstärken kleiner sind als bei Metallrohren, die Fließgeschwindigkeiten liegen dann im Zweifel höher. Womit das Thema schon auf die Dimensionierung der Leitungen gelenkt wird.
Dimensionierung und Druck
Heutige Trinkwasserinstallationen werden nach DIN 1988-300 sehr hygienisch ausgerichtet, das ist auch gut so. In der Praxis werden mittlerweile sehr dünne Querschnitte verlegt. Die Fließgeschwindigkeiten sind dann naturgemäß höher als nach der vorhergehenden Norm. Höhere Fließgeschwindigkeiten führen einerseits zu einem hygienischeren Rohrnetz, begünstigen aber auch die Anfälligkeit für Druckschläge. Der bestimmungsgemäße Gebrauch der Installation sollte also Voraussetzung bleiben. Theoretisch kann also die Auslegung einer Installation für nur einen relativ geringen Druck vorgesehen werden. Steigt dieser Druck jedoch erheblich an, so kann die Fließgeschwindigkeit ebenso entscheidend ansteigen.
Beispiel:
Die Zuleitung zu der Waschmaschine im Keller eines Wohnhauses ist für einen Mindestversorgungsdruck von 3 bar ausgelegt. In der Praxis stellen sich aber auch Spitzendrücke von 5 bar ein. Die Fließgeschwindigkeit des voll geöffneten Magnetventils in dieser Waschmaschine kann sich daher über einen kritischen Wert erhöhen und beim Schließen des Ventils zu einem Druckschlag führen. Obwohl also die technischen Regeln, insbesondere der DIN 1988-300 eingehalten wurden, ergibt sich ein Problem.
Im Zweifel müsste man daher den Ruhedruck der Anlage mittels Druckminderer auf 3 bar begrenzen oder den Durchfluss zur Waschmaschine auf einen sinnvollen Wert reduzieren.
Armaturenauswahl
Bei Neuinstallationen sind im Zusammenhang mit Druckschlag-Problemen sehr häufig Einhebelmischer betroffen. Diese können bei sehr schnellem Schließen innerhalb von zehn Millisekunden den Durchfluss stoppen. Übertrieben kann man festhalten, dass ein Handkantenschlag auf einen voll geöffneten Einhebelmischer sicherlich nicht den bestimmungsgemäßen Betrieb beim Schließen darstellt. Ein Kunde sollte also auch auf diesen Umstand und sein mögliches Zutun hingewiesen werden. Neben dem angepassten Nutzerverhalten bietet es sich auch an durch die Auswahl geeigneter Armaturen gegenzusteuern.
Helfer aus der Industrie
Für hartnäckige Fälle und dem Wunsch nicht sämtliche Schlitze aufzustemmen um nach einem Fehler in der Installation zu suchen, gibt es auch geeignete Bauteile die Heilung versprechen. So genannte Druckschlagdämpfer können einen Stoß aufnehmen. Sie bieten einen Raum zur Ausdehnung und mildern damit die Druckspitze und gleichzeitig das Geräusch. Auch ein durchströmtes Ausdehnungsgefäß in der Trinkwasserinstallation kann einen solchen Effekt erzielen. Zu den technischen Maßnahmen gehört auch die Kontrolle sämtlicher Absperrorgane und insbesondere des Rückschlagventils auf die richtige Funktion.
VDI 6006
Es ist zu begrüßen, dass es eine Richtlinie wie die VDI 6006 gibt, die Hilfestellung gibt und weitreichende Tipps beinhaltet. In dieser Richtlinie werden auch messtechnische Verfahren beschrieben die zielführend sein können bei der Ermittlung von Quellen und Ursachen für Druckschläge.