45 Grad is’ nich’!
In Altbauten aus den klassischen Muffengussrohrzeiten sind sie oft zu finden: Die 45°-Abzweige in Fallleitungen. Nicht selten sogar sichtbar verlegt, kann man im ersten Geschoss klar erkennen, wo in der zweiten Etage die Sanitärobjekte angeordnet sind. Dabei bringt diese Art der Installation tatsächlich nur für den Ausnahmezustand Vorteile mit sich.
So richtig Spaß an den 45°-Abzweigen in Fallleitungen haben nur die Rohrreiniger. Wenn sie zum Beispiel über den WC-Anschluss einer Fallleitungs-Verstopfung zu Leibe rücken wollen, können sie sicher sein, dass sich die Spirale tatsächlich auf den Weg nach unten macht. Der Abzweig gibt schließlich die Richtung vor. In Sachen Vorteile von 45°-Anschlüssen in Fallleitungen war’s das aber auch schon.
Abwärts mit Nachteilen
Die Mankos dieser Abzweigvariante lassen sich an den Altanlagen leicht erkennen. Zunächst einmal benötigen diese Abzweige Platz. Sie machen es praktisch nicht möglich, dass ein Anschluss nur im Deckenbereich - dicht auf oder unter der Decke - Raum beansprucht. Einkastungen der Rohrpracht müssen folglich großzügig ausfallen. Und dann wird der störungsfreie Abwasserabfluss auch noch zu einem Glücksspiel. Möglich, dass früher ein Gluckergeräusch beim Abwasserablauf niemanden gestört hat. Möglich, dass ein ab und zu mal leergesaugter Geruchverschluss die gutmütigen Gemüter nicht erregte. Heute allerdings führen solche Fehler zu Mängelrügen und oft auch handfesten Auseinandersetzungen. Und die muss man nicht wirklich haben. Aber warum führen 45°-Anschlüsse zu Gluckergeräuschen und auch zu entleerten Geruchverschlüssen an Sanitärobjekten? Die Erklärung des Phänomens ist einfach, wenn man sich klarmacht, dass nicht nur Abwasser, sondern auch Luft in der Fallleitung und in den Anschlussleitungen unterwegs sein muss.
Der Luft im Weg
Man stelle sich vor: An eine Fallleitung DN 100 wird eine Anschlussleitung DN 50 über einen 45°-Abzweig angeschlossen. Fließt Wasser über die Anschlussleitung ab, geschieht das im Freispiegelprinzip. Das heißt, die Leitung ist nicht vollständig gefüllt. Die Füllung beträgt in der Regel 50 % des Rohrquerschnittes. Das abfließende Wasser hat im Rohr eine Wasseroberfläche, den „freien Spiegel“ eben. Im nicht mit Wasser gefüllten Rohrteil soll - von der Fallleitung aus - Luft zirkulieren, um Druckunterschiede, die durch das ablaufende Abwasser entstehen, auszugleichen. Nun steuert das Abwasser auf den 45°-Abzweig zu. Die sich daraus zwangsläufig ergebende Gefällestrecke kann bewirken, dass der freie Spiegel des Abwassers den oberen Rohrscheitel berührt. Passiert das, ist es aus mit der Luftzirkulation und vorbei mit dem Druckausgleich. Nun kann auch das Sperrwasser des angeschlossenen Sanitärobjektes in Bewegung geraten (Gluckergeräusch) oder beim Ablaufvorgang sogar mit abgesaugt werden.
100/100 wäre machbar
Fällt so ein Manko nach Fertigstellung der Installation auf, müsste man die Wände wieder aufmachen und einen anderen Abzweig in die Fallleitung einbauen. Mit Blick auf diesen Aufwand soll es aber dann meistens ein Belüfter, der am Geruchverschluss montiert wird, richten. Keine wirklich saubere Lösung, aber hier das kleinere Übel. Lediglich dann, wenn die Rohrdurchmesser groß und der Volumenstrom verhältnismäßig gering sind, führt ein 45°-Fallleitungsanschluss nicht zu den beschriebenen Problemen. So zum Beispiel, wenn an eine Fallleitung DN 100 eine Einzelanschlussleitung DN 100 mit WC angeschlossen wird. Diese Abwassermenge im 100derter Rohr schafft es nicht, den Querschnitt zu verschließen. Luft zum Druckausgleich kann in diesem Fall auch trotz Gefällestrecke weiter fließen.
Nachteilig bleibt dabei nach wie vor der Platzbedarf eines 45°-Anschlusses. Ob eine mögliche Abflussverstopfung und deren Behebung dann wirklich der Grund für die Wahl dieser Anschlussvariante sein sollte, muss man sich gut überlegen.