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Ungerechtigkeit am Arbeitsplatz

So wehrt man sich

Inhalt

Gleichberechtigte Behandlung ist oberste Pflicht ­eines jeden Arbeitgebers und Vorgesetzten. Nach den ­Regeln der Gleichbehandlung sollte der Vorgesetzte z. B. einen Fehler eines langjährigen Mitarbeiters genauso kritisieren wie den Fehler eines jüngeren Kollegen.

Dies ist im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geregelt. Es verbietet jede Benachteiligung von ­Beschäftigten wegen eines Diskriminierungsmerkmals aus § 7 Abs. 1 AGG. Benachteiligung heißt auch, jemanden aus vorwiegend ­persönlichen Gründen anderen gegenüber schlechter zu ­stellen. Ungleiche Behandlung ist aber nicht automatisch mit einer Diskriminierung gleichzusetzen. Die Abhängigkeit des Betriebs von einem bestimmten Mitarbeiter führt zur Besserstellung des Betreffenden. Der Lieblingsmitarbeiter hat beim Chef eine besondere Position und damit mehr Gehör. Dem ehrgeizigen Jungmonteur gefällt das nicht.

Wer sich ungerecht behandelt fühlt, zeigt bei der ­Arbeit vielleicht weniger Engagement und geringere Motivation. ­Erstaunlicherweise haben Untersuchungen ­gezeigt, dass es genau umgekehrt ist. Weil Mitarbeiter ­wegen einer Bevorzugung produktiver arbeiten, ­stärken sie auch die nicht bevorzugten Kollegen, die sich ­anstrengen, um endlich ein Lob zu erhalten. In einer sozialen ­Gemeinschaft richten sich die meisten nach den Besten im Team. Sie wollen mit ihrer Leistung nicht hintanstehen, streben nach Anerkennung und leisten deshalb mehr.

Kollege ist ungerecht

Ungerechtigkeiten und Benachteiligungen unter ­Kollegen werden nicht offen ausgetragen, sind für den Arbeitgeber also nicht zeitnah erkennbar. Jüngere Monteure gehören bei ungerechter Behandlung zur Risikogruppe. Sie werden von den älteren Kollegen für ungeliebte Tätig­keiten eingeteilt: „Hol mal das Werkzeug …, bring mir mal den Bohrer …, räum das mal auf …, putz schon mal den Boden.“ Das Verhalten des „Täters“ ist erklärbar. Er hat das in seiner ­Ausbildung, in seinen Lehrjahren selbst erlebt, war in ­dieser Zeit Befehlsempfänger von älteren Kollegen und musste Schmutz wegräumen. Manche wollen einfach nur die Grenze testen, wollen wissen, wie weit sie gehen können, wenn sie den Jüngeren immer mit Nebenarbeiten beschäftigen. Die Zeiten ­haben sich geändert, der Jüngere wird sich rechtzeitig zur Wehr setzen, seinen Unmut mitteilen.

Bei der Aussprache ist die Botschaftsform von Bedeutung. Das „Du“ in der Botschaftsform hört sich vorwurfsvoll an. In der Ich-Botschaft hört sich die Aussage etwas anders an. Ich-Botschaften sind nicht angreifbar.

Kleine Ärgernisse können entstehen, wenn im Arbeitsteam immer einer das Sagen haben will und ein anderer sich immer anpassen muss. Zum Wir-Gefühl gehört das wechselseitige Nachgeben bei Terminwünschen in Sachen Pausenregelung. Wer bisher immer nachgegeben hat, kann auch mal konsequent Nein sagen und seinen Vorschlag durchsetzen.

Jeder sollte sich um Kollegialität bemühen, geht es z. B. um einen freien Tag als Ausgleich von Überstunden oder ­um Brückentage wird das oft vernachlässigt. Wenn zwei Kollegen den gleichen Wunsch haben, müssen sie sich einigen. Da wird mit Gefälligkeiten aufgerechnet, die man dem Kollegen ­früher erbracht hat. Wer nachgibt, fühlt sich in der Verliererrolle, erwartet jedenfalls ein deutliches „Danke“ vom Kollegen und beim nächsten Mal ein Entgegenkommen von ihm. Es sind die kleinen Bausteine, mit denen man Ungerechtigkeiten ­vermeiden kann. Je stabiler die Beziehungen untereinander sind, desto mehr muss passieren, bis man sich als ­Verlierer fühlt. Ohne Sympathie-Polster kommt es schneller zum ­Gefühl ungerechter Behandlung.

Gesprächsführung

Im Gespräch unterscheidet man zwischen zwei ­Möglichkeiten: Das „destruktive Gespräch“ macht dem Täter in vorwurfsvoller Weise sein unfaires Verhalten klar und führt selten zu e­iner Verhaltensänderung. Im Gegensatz dazu steht das „konstruktive Gespräch“, das sich mit Lösungen und Vorschlägen befasst. Bei der Beschreibung eines Vorfalls sollte man Übertreibungen und Verallgemeinerungen wie „Immer soll ich ­alles aufräumen“, „Jedes Mal muss ich mich nach dir ­richten“ unbedingt vermeiden. Es hat sich auch nicht bewährt, zur ­Unterstützung eigener Aussagen bestimmte Kollegen zu ­zitieren.

Es ist auch eine Form von persönlicher Reife, auf Ungerechtigkeiten angemessen zu reagieren

Bild: Leicher

Es ist auch eine Form von persönlicher Reife, auf Ungerechtigkeiten angemessen zu reagieren

AUTOR

Dipl.-Betriebswirt Rolf Leicher
ist Fachautor und Referent ; Telefon: (0 62 21) 80 48 82

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