Die Kinder der Kunden
.Es gibt zwei Kategorien von Eltern: Die einen sorgen dafür, dass einem der Nachwuchs nicht im Wege steht, wenn man Arbeiten im Kundenhaus ausführen muss. Die anderen sind offenbar stolz auf das technische Interesse ihres Sprösslings und lassen ihn dem Monteur unbehelligt auf die Pelle rücken.
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Als Serviceprofi wird man im engsten Privatbereich des Kunden tätig, nämlich in seiner Wohnung. Da ist es unvermeidbar, dass man ihm persönlich nahe tritt. Wie viel Familienanschluss man dabei verkraften muss, hängt dann immer von der Einstellung des Klienten ab. Und das kann unter Umständen echt Nerven kosten. Geselle Peter jedenfalls kann ein Lied davon singen..
Ein ‚Nein’ mit Folgen
Peter fährt gerne Kundendienst. Abwechselungsreiche Aufgaben, Kontakt mit Menschen, unterwegs mit dem Wagen durch seine Stadt. Doch neulich wäre ihm der Spaß an seiner Tätigkeit beinahe vergangen. Da galt es im Keller der Familie Sandmann einen Waschmaschinen-Anschluss zu installieren. An sich Routine. Frau Sandmann brachte zur Erläuterung der Installationswünsche ihren Jüngsten, den dreijährigen Thorben, mit ins Untergeschoss. So weit so gut. Dass Thorben der Mama immer dazwischenquasselte hatte Peter mit der erfahrenen Gelassenheit eines Kundendienst-Profis noch freundlich übersehen. Aber was dann folgte, war eine echte Herausforderung. Denn nachdem alles besprochen war, stelle Frau Sandmann fest: „Der Thorben bleibt dann noch ein wenig hier bei Ihnen im Keller und will zusehen. Das stört Sie doch nicht, oder?“ Eine Frage, die man zu diesem Zeitpunkt eigentlich noch gar nicht beantworten kann und die - schon aus Höflichkeit - kaum zu bejahen wäre. Folglich entfleuchte Peter auf diese Frage ein optimistisches „nein, natürlich nicht“. Eine Antwort, die er schnell bereuen sollte. Denn Thorben war alles andere als ein stiller, passiver Beobachter. Im Gegenteil: Getrieben von kindlicher Neugier ging er in der Werkzeugtasche auf Entdeckungsreise. Ausräumen und vor allem ausprobieren hieß die Devise. Am liebsten hätte Peter den Kleinen am Kragen gepackt und aus dem Keller befördert. Aber wie hätte er dann vor Frau Sandmann dagestanden?
Freundlich aber bestimmt
Peter löffelte die selbst eingebrockte Suppe tapfer aus - ein Auge auf die Arbeit und eines auf den kleinen Thorben. Mitgenommen von diesem Einsatz hat er auf jeden Fall eine gewisse Erleuchtung. Grundsätzlich sollte man den Kunden freundlich klarmachen, dass ihr Filius den Ausführungen der Arbeit nicht beiwohnen darf; nicht passiv und schon gar nicht aktiv. Schließlich kann man als Fremder ja gar nicht wissen, ob man ein pflegeleichtes Kind oder einen zügellosen, nervtötenden Rabauken vor sich hat. Natürlich würde sich Frau Sandmann vor den Kopf gestoßen fühlen, wenn Peter ihre Frage mit den Worten beantwortet hätte: „Doch, Ihr Sohn stört mich. Nehmen Sie ihn bloß wieder mit!“ Diese Wahrheit ist für Kundenohren zu hart. Also muss man in solchen Fällen die diplomatische Seite des Anlagenmechanikers aktivieren: „Nein, Ihr Sohn würde mich ganz sicher nicht stören. Aber ich muss hier mit Werkzeugen arbeiten, an denen er sich möglicherweise verletzen könnte. Und das möchte ich auf keinen Fall. Deshalb möchte ich Sie bitten, Thorben wieder mit in die Wohnung zu nehmen.“ Die Sorge um das Kind in den Fokus gestellt, kann diesem Argument kein Elternteil widersprechen. Und: Es lag ja nicht am Kind, sondern an sicherheitstechnischen Bedenken.
Mögliche Gründe für die Zurückweisung jugendlicher Zuschauer können neben einer Gefährdung auch die räumlichen Gegebenheiten sein. Wenn es irgendwo ein bisschen eng ist, möchte man dem Kleinen ja nicht wehtun, indem man ihn aus versehen auf die Füße tritt oder schubst. Auf diese Weise hat man die Nachkommen vom Hals und der Klient zudem den Eindruck, dass man sich als gewissenhafter Handwerker um das Wohl seiner Kinder sorgt. Peter jedenfalls, wendet diese „Technik“ jetzt mit Erfolg an.