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Scheinselbständigkeit

Kriterien, Folgen und Vorkehrungen

Scheinselbständigkeit bezeichnet ein Arbeitsverhältnis, das nach außen den Anschein einer Selbstständigkeit hat. In der Praxis heißt das, ein Auftraggeber beauftragt einen Auftragnehmer, es werden aber keine Sozialversicherungsbeiträge gezahlt. In der Ausgestaltung ist es jedoch ein Beschäftigungsverhältnis, das sozialversicherungspflichtig gilt und entsprechend angemeldet werden muss. Die Einstufung, ob eine Scheinselbständigkeit vorliegt, wird nach objektiven Kriterien vorgenommen.

Wer ist von einer Scheinselbständigkeit betroffen?

Alle Selbstständigen können, sofern sie Aufträge ausführen, von Scheinselbständigkeit betroffen sein. Besonders häufig gilt das für Soloselbstständige mit und ohne Gewerbeanmeldung. Das können neben Handwerkern auch IT-Berater, Honorarärzte, Programmierer, Reinigungskräfte, Grafikdesigner und Texter sowie Fahrer im Speditionsgewerbe sein.

Mit im Scheinselbständigkeitsboot sitzen auch die auftragvergebenden Unternehmen. Denn wird bei einem Auftragsverhältinis eine Scheinselbständigkeit festgestellt, kann das für sie sehr teuer werden.

Wer prüft eine Scheinselbständigkeit?

Vier Behörden bzw. Körperschaften dürfen auf Scheinselbständigkeit prüfen:

  • das Arbeitsgericht,
  • das Finanzamt,
  • die Krankenkassen und
  • die Deutsche Rentenversicherung Bund.
  • Der Prozess der Überprüfung heißt Statusfeststellungsverfahren. Dabei schauen sich die Prüfer die getroffenen Vereinbarungen ebenso an, wie ihre Umsetzung im Alltag. Sie schauen, ob die Tätigkeit Merkmale einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung trägt und ob diese die ­Merkmale für eine Selbstständigkeit sprechen. Das Statusfeststellungsverfahren ist die einzige Möglichkeit, Rechtssicherheit zu erlangen, ob es sich um eine ­Scheinselbstständigkeit handelt oder nicht.

    Welche Kriterien sprechen für eine Scheinselbständigkeit?

    Folgende Merkmale werden von den Prüfern auf Scheinselbständigkeit hin untersucht:

  • Weisungsbefugnis: Vertragsklauseln wie „Weisungen des Auftraggebers sind Folge zu leisten“
  • Vorgaben: Gibt der Auftraggeber zum Beispiel Arbeitszeit und Arbeitsort vor?
  • Hat der Auftraggeber Kontroll- und Steuerungsmöglichkeiten?
  • Gibt es eine Berichtspflicht gegenüber dem Auftraggeber?
  • Gewährt der Auftraggeber Urlaub?
  • Gibt es eine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall?
  • Nutzt der Auftragnehmer eigene Arbeitsmittel oder die des Auftraggebers?
  • Besitzt der Auftragnehmer eigene Betriebsräume?
  • Ist eigenes Unternehmertum erkennbar? (z.B. eigene Visitenkarten, Homepage, Briefkopf)
  • Ist der Auftraggeber in den Betrieb des Auftraggebers eingegliedert?
  • Trägt der Auftragnehmer Arbeitskleidung des Auftraggebers?
  • Wird dieselbe Arbeit selbstständig ausgeführt, die vorher als Angestellter ausgeführt wurde?
  • Arbeitet der Auftragnehmer gemeinsam im Team mit Angestellten des Auftraggebers?
  • Vereinbarte Stunden- oder Tagessätze können auf ein fehlendes Unternehmerrisiko hindeuten.

    Keine definitiven Merkmale von Scheinselbständigkeit dagegen sind:

  • Wenn der Auftragnehmer dauerhaft oder überwiegend nur für einen Auftraggeber arbeitet
  • der Auftragnehmer keine sozialversicherungspflichtigen Mitarbeiter beschäftigt
  • wenn 5/6 der Betriebseinnahmen von einem Auftraggeber kommen.
  • Diese Kriterien werden einzeln gewichtet und in jedem Einzelfall gegeneinander abgewogen.

    Welche Folgen hat eine Scheinselbstständigkeit für den Auftragnehmer?

    Der bislang geltende Status „selbstständig“ wird nachträglich in den eines Arbeitnehmers umgewandelt. Das schließt auch alle arbeitnehmertypischen Rechte ­(Anspruch auf Urlaub, Lohnfortzahlung und Kündigungsschutz) mit ein.

    Er muss zudem abgeführte Umsatzsteuer rückabwickeln und damit auch alle Rechnungen neu stellen.

    Welche Folgen hat eine Scheinselbstständigkeit für den Auftraggeber?

    Die Folgen für das beauftragende Unternehmen können teuer werden. Die Konsequenzen sind Beitragsnachforderungen für bis zu 30 Jahre rückwirkend, Säumniszuschläge (1 Prozent pro Monat), Rückerstattung der Vorsteuer aus den Rechnungen des Auftragnehmers, mögliche Geldstrafen bis hin zu einer Gefängnisstrafe.

    Die Beitragsnachforderungen umfassen übrigens sowohl die Arbeitgeber- als auch die Arbeitnehmeranteile der Sozialversicherungsbeiträge.

    Welches Beschäftigungsverhältnis tatsächlich besteht ist von großer Bedeutung in Bezug auf die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien.

    Bild: REMINDFILMS - stock.adobe.com

    Welches Beschäftigungsverhältnis tatsächlich besteht ist von großer Bedeutung in Bezug auf die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien.

    Autor

    Autorin dieses Beitrags ist Dörte Neitzel,
    die als Diplom-Volkswirtin und freie Autorin an Wirtschafts- und Managementthemen arbeitet.

    D. Bild: D. Neitzel

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