Die Folgen der Corona-Pandemie sind vor allem für Unternehmen an allen Ecken und Enden zu spüren - nicht zuletzt durch Ausfälle durch akute Infektionen oder auch langfristige Krankheitsfolgen. Auch wollen immer mehr Kunden nur noch geimpfte Handwerker in ihre Räumlichkeiten lassen. Viele Chefs hoffen daher, mit einer geimpften Belegschaft wieder zurück in ein normales Arbeitsleben zu finden.
Doch Betriebe dürfen ihre Mitarbeiter nicht zu einer Impfung zwingen oder diese zur Voraussetzung für das Arbeiten vor Ort machen. Eine Impfung erfolge in jedem Fall freiwillig, denn diese bringt immer einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit mit sich, sagen die Rechtsanwälte der auf Arbeitsrecht spezialisierten Kanzlei Kerner in Hannover.
Wenn eine Impfpflicht also außer Frage steht, dürfen Arbeitgeber „Motivationshilfen“ bieten, sodass sich Arbeitnehmer freiwillig impfen lassen? Was spricht für und was gegen eine Impfprämie? Und was ist möglich?
Anreize für eine Impfung gegen Corona
Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, durch sogenannte „Impf-Incentives“ die Bereitschaft von Arbeitnehmer zu fördern, sich impfen zu lassen - sofern gewünscht, sagt Rechtsanwalt Stephan Kersten von Anwalt.de. Wie ein solcher Anreiz konkret ausgestaltet wird, können Unternehmen selbst entscheiden.
Das können beispielsweise Gutscheine sein, eine einmalige Sonderzahlung oder ein zusätzlicher Urlaubstag. Wichtig: Bei allen Impf-Incentives gilt der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz. Das bedeutet, dass etwa Arbeitnehmer in Teilzeit gegenüber Arbeitnehmern in Vollzeit nicht schlechter gestellt werden dürfen.
Wirtschaftliche Interessen und Schutz der Arbeitnehmer
Dürfen geimpfte und ungeimpfte Mitarbeiter überhaupt ungleich behandelt werden? Ja, meinen Juristen. Die Ungleichbehandlung kann durch sachliche Gründe gerechtfertigt werden. Die können sein:
- Die Covid-19 Impfung wird von der Stiko empfohlen.
- Der Arbeitgeber hat als Unternehmer ein wirtschaftliches Interesse daran, dass sein Betrieb aufrechterhalten und fortgeführt werden kann.
- Er ist zudem gegenüber seinen Arbeitnehmern zum Schutz verpflichtet.
Eine Sonderleistung als Anreiz für eine Impfung ist auch kein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot (§ 612a BGB). Voraussetzung ist allerdings, laut Kersten, dass die Höhe bzw. der Umfang der Sonderleistung „nicht geeignet ist, auf den Arbeitnehmer so großen Druck auszuüben, dass es sich für diesen wie ein Impfzwang darstellt“.
Das bedeutet, solange die Höhe der Impfprämie verhältnismäßig ausfällt und den impfunwilligen Arbeitnehmer nicht überproportional zum Verzicht seines Rechts auf „Impffreiheit“ drängt, ist eine Prämie zulässig. Zudem muss ein Betrieb, in dem es einen Betriebsrat gibt, diesen nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG einbinden.
Negative Konsequenzen ausgeschlossen
Lassen sich Arbeitnehmer trotz der Anreize und entgegen der Empfehlung des Unternehmens nicht impfen, darf der Arbeitgeber trotzdem keine Abmahnungen oder Kündigungen aussprechen. Auch bleiben sie arbeitsvertraglich verpflichtet, ungeimpfte Mitarbeiter weiterhin zu beschäftigen.
Kommen sie dem nicht nach, müssen sie die Vergütung dennoch zahlen, solange Arbeitnehmer ihre Arbeitsleistung ordnungsgemäß anbieten. Etwas anderes kann nur gelten, wenn eine gesetzliche Impfpflicht eingeführt würde – und die ist nicht in Sicht.
Dürfen Unternehmen den Impfstatus abfragen?
Hat der Arbeitgeber Anspruch auf Auskunft, ob sich ein Arbeitnehmer hat impfen lassen? Auch hier lautet die Antwort – in den meisten Fällen – grundsätzlich Nein. Es handelt sich dabei um eine personenbezogene Information, die nach der Datenschutzverordnung und dem Bundesdatenschutzgesetz besonders geschützt ist.
Seit dem 2. September 2021 wurde das Infektionsschutzgesetz jedoch in einer Hinsicht geändert: Nun dürfen Arbeitgeber in Schulen, Kindergärten, Obdachlosenheimen, Asylunterkünften, Gefängnissen, Arztpraxen, Laboren, Krankenhäusern und Pflegeheimen den Impfstatus ihrer Mitarbeiter abfragen, „um betrieblich darauf reagieren zu können“. Das Recht gilt für „besonders gefährdete“ Einrichtungen. Für Handwerks- oder Industriebetriebe gilt dieses Auskunftsrecht
ausdrücklich nicht.