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Betriebliche Eingliederung

Nach langer Krankheit zurück

Inhalt

Bürokraten haben zum Teil wenig Sprachgefühl: Wenn Arbeitnehmer nach 78 Wochen Krankheit ihren Anspruch auf Kranken- oder Verletztengeld verlieren und Arbeitslosenhilfe beantragen müssen, bezeichnen sie dies als „Aussteuerung“. Damit es nicht so weit kommt, haben Arbeitnehmer nach Paragraf 167 des neunten Sozialgesetzbuchs Anspruch auf das berufliche Eingliederungsmanagement (BEM). Der Arbeitgeber muss Mitarbeitern, die innerhalb von zwölf Monaten länger als sechs Wochen krank waren, dazu zunächst ein Gespräch über den Ablauf der Wiedereingliederung in den Betrieb anbieten. Dabei einigen sich beide auf Maßnahmen, die dem Mitarbeiter helfen sollen, seine volle Leistungsfähigkeit wiederzuerlangen. Zahlen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zufolge setzen sie dabei zumeist auf die stufenweise Erhöhung der Arbeitszeit sowie die Versetzung auf einen Arbeitsplatz, an dem die gesundheitliche Belastung geringer ist. Auf Platz drei folgen Maßnahmen zur ergonomischen Verbesserung des Arbeitsplatzes. Denkbar sind auch eine Verringerung der Arbeitszeit oder der Arbeitsaufgaben oder eine Kombination unterschiedlicher Lösungen.

Erfolgsgeschichte

Für über 90 Prozent der Arbeitnehmer, die nach langer Krankheit in den Betrieb zurückkehren, führen diese Maßnahmen zum Erfolg, zeigt eine Studie des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Arbeitnehmer verlieren also nichts, wenn sie nach längerer Krankheit der Einladung ihres Arbeitgebers zu einem BEM-Gespräch folgen. Zumal sie sich vom Betriebsrat, der Schwerbehindertenvertretung oder einem Vertreter der Berufsgenossenschaft, Renten- oder Krankenkasse begleiten lassen können. Schlagen sie die Einladung aus, oder verweigern sie die gemeinsam beschlossenen Maßnahmen, haben sie dagegen schlechte Chancen, sich gerichtlich zu wehren, falls sie ihr Chef doch krankheitsbedingt kündigt.

Dieser hat ähnlich schlechte Karten, wenn er Mitarbeitern feuert, ohne ihnen zuvor ein BEM angeboten zu haben. Er muss dann beweisen, dass er alles getan hat, um den Arbeitnehmer weiterbeschäftigen zu können und dies selbst mit einem BEM nicht möglich gewesen wäre. Gelingt dieser Nachweis nicht, gehen Richter davon aus, dass es mildere Mittel als die Kündigung gegeben hätte und erklären diese für ungültig.

Um die volle Leistungsfähigkeit im Beruf zurückzuerlangen, kann parallel zur Wiedereingliederung auch eine Therapie sinnvoll sein.

Bild: Getty Images/iStockphoto

Um die volle Leistungsfähigkeit im Beruf zurückzuerlangen, kann parallel zur Wiedereingliederung auch eine Therapie sinnvoll sein.

Häufiges Modell

Da die stufenweise Wiedereingliederung nach dem „Hamburger Modell“ die bei einem BEM am häufigsten gewählte Maßnahme ist, wird beides oft gleichgesetzt. Während Arbeitnehmer jedoch immer einen Rechtsanspruch auf ein BEM haben, regelt Paragraf 44 des neunten Sozialgesetzbuches die stufenweise Wiedereingliederung nur als Soll-Vorschrift. Damit die Maßnahme umgesetzt werden kann, müssen einige Voraussetzungen gegeben sein. So muss der Arzt sie befürworten und mit dem Erkrankten einen Stufenplan erstellen, nach dem die Arbeitszeit im Verlauf eines Zeitraums von maximal sechs Monaten in zeitlich festgelegten Schritten stundenweise so lange gesteigert wird, bis der Arbeitnehmer wieder voll arbeitsfähig ist. Diesen Plan müssen dann der Arbeitnehmer, sein Arbeitgeber, der Arzt und die Krankenkasse unterschreiben.

Während der stufenweisen Wiedereingliederung ist der Arbeitnehmer zudem nach wie vor krankgeschrieben und erhält Kranken- oder Verletztengeld. Er muss daher zu Beginn der stufenweisen Wiedereingliederung noch Anspruch auf entsprechend lange Zahlung der Lohnersatzleistung haben. Wichtig ist auch, dass die berechtigte Aussicht besteht, dass der Arbeitnehmer nach der stufenweisen Wiedereingliederung wieder voll arbeitsfähig ist. Wenn er während der Maßnahme seine Arbeit an sieben Tagen nicht ausüben kann, gilt die Wiedereingliederung als gescheitert.

Autor

Autorin dieses Beitrags ist Dörte Neitzel,
die als Diplom-Volkswirtin und freie Autorin an Wirtschafts- und Managementthemen arbeitet.

Bild: Neitzel

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