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Stand der Technik bei Regenwassernutzungsanlagen

Aufgepasst bei Auftragsänderungen

Inhalt

Dabei kann der Start ganz harmlos sein. In einem Fall, der vor dem Landgericht verhandelt wurde, ging es um angeblich falsche Ausführung. Der für die Anlagentechnik Verantwortliche erinnerte sich daran, dass die Bauherrengemeinschaft eines 6-Familienhauses das Regenwasser nur zur Gartenbewässerung nutzen wollte. In Absprache mit dem Architekten wurde ein 6 m³ fassender Betonspeicher eingebaut. Im Zuge der Sanitärinstallation ein halbes Jahr später gab es die Aufforderung an den Installateur, neben einigen Zapfventilen an der Hauswand auch die Toilettenspülungen in den sechs Wohnungen noch an die Regenwasserversorgung anzuschließen. Nach dem Einzug der Eigentümer stellten sie fest, dass die Zisterne zu klein ist und nach zwei bis drei Tagen trocken fällt. Deswegen erfolge keine Amortisation der Baukosten, hieß es. Es ließen sich nicht genügend Trink- und Abwassergebühren einsparen. Auch sei der Rückspülfilter falsch gewählt und der Abfluss von Gründach und Stellfläche des Carports bringe unnötig Schmutz ins System.

Richtig: Regenwasserzapfstelle muss gekennzeichnet sein, wie hier an der Außenwand mit Beschilderung „kein Trinkwasser“

Bild: König

Richtig: Regenwasserzapfstelle muss gekennzeichnet sein, wie hier an der Außenwand mit Beschilderung „kein Trinkwasser“

Regelwerke, Stand Februar 2017:

Für die Grundstücksentwässerung ist DIN 1986-100 die Ausgangsnorm. Die z. Zt. aktuelle Ausgabe ist von Dezember 2016.
Für das Ableiten in Oberflächengewässer liegt der Gelbdruck des Arbeitsblattes DWA-A 102 vor (inhaltsgleich mit BWK-A 3). Bis zum Ende der Entwurfsphase gelten noch DWA-M 153 und BWK-M 3.
Für Anlagen zur Versickerung von Niederschlagswasser ist DWA-A 138, Stand April 2005, die zentrale technische Regel.
Für die versickerungsfähigen Verkehrsflächen ist FGSV M VV R2, Ausgabe 2013, maßgeblich.
Für Regenwassernutzungsanlagen gilt DIN 1989-1 von April 2002.
Für die Kennzeichnung nichterdverlegter Rohrleitungen nach dem Durchflussstoff gibt DIN 2403 Hinweise. Eine deutliche Kennzeichnung ist im Interesse der Sicherheit, der sachgerechten Instandsetzung und der wirksamen Brandbekämpfung unerlässlich – sie soll auf Gefahren hinweisen, um Unfälle und gesundheitliche Schäden zu vermeiden. Diese Norm wurde vom Gemeinschaftsarbeitsausschuss NA 095-01-06 GA „Sicherheitskennzeichnung“ des Normenausschusses Sicherheitstechnische Grundsätze (NASG) erarbeitet. Aktueller Stand ist Juni 2014.

Klassischer Fall?

Die bei diesem Fall gewonnenen Erkenntnisse lassen sich übertragen auf alle Anlagen zur Nutzung von Regenwasser, die von Handwerkern geplant und ausgeführt werden. Unabhängig davon gehört zum Standardwissen, speziell von Sanitärinstallateuren: DIN 1989-1 ist seit April 2002 die allgemein anerkannte Regel der Technik (aaRdT) für Regenwassernutzungsanlagen. Sie enthält Festlegungen zu Planung, Ausführung, Betrieb und Wartung. Diese Norm gilt für Anlagen zur Nutzung von Regenwasser in Haushalten, Gewerbe- und Industriebetrieben sowie in öffentlichen Einrichtungen, in denen es z. B. für Toilettenspülung, Kühlzwecke, Wasch- und Reinigungsanlagen und zur Bewässerung von Grünanlagen genutzt wird.

Was sagt die Norm?

Im speziellen Fall wurde durch ein Gutachten des Autors geklärt:

Sammelflächen

Wegen der Wasserqualität sind Dachflächen die beste Option. Um einen großen Regenertrag zu ernten, dürfen auch andere Flächen, z. B. ebenerdige Terrassen an den Speicher angeschlossen werden. Entscheidend ist die Nutzungsart. Für die Waschmaschine hat Qualität Vorrang vor Quantität. Bei Gartenbewässerung dürfen auch Huminstoffe (die das Wasser bräunlich färben) von Gründachabläufen dabei sein, beim Wäsche waschen allerdings nicht.
Im speziellen Fall ermöglichten mit Gitterrost abgedeckte Bodenabläufe das Eindringen von Oberflächenwasser aus den Carports. Sie nehmen aber offensichtlich in erster Linie das von den Gründächern der Carports ablaufende Regenwasser auf. Die Situation vor Ort spricht dagegen, dass hier regelmäßig eine nennenswerte Menge Schmutzwasser, das vom Belag der Carports zur Zisterne abläuft, befürchtet werden muss. Das gilt insbesondere, wenn die Bewohner eigenverantwortlich Fahrzeugwäsche und Entleeren von Putzeimern an diesen Abläufen unterlassen.

Falsch: Hauswasserwerk mit nur einer Pumpe bietet für ein Mehr­familienhaus zu wenig Sicherheit. Filter (rote Abdeckung) nach dem Regenspeicher vermeiden!

Bild: König

Falsch: Hauswasserwerk mit nur einer Pumpe bietet für ein Mehr­familienhaus zu wenig Sicherheit. Filter (rote Abdeckung) nach dem Regenspeicher vermeiden!

Speichergröße

DIN 1989-1 enthält Kapitel 16 zur „Auslegung der Speichergröße“. Als Ziel wird hier formuliert: „Die optimale Größe des Nutzvolumens von Regenwasserspeichern sollte in einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Regenwasserertrag und Betriebswasserbedarf stehen. Eine Optimierung des Nutzvolumens ist unter quantitativen und wirtschaftlichen Aspekten durchzuführen“. Es werden dann drei verschiedene Berechnungsverfahren angeboten, von denen hier das zweite, das so genannte vereinfachte Verfahren, infrage kommt.
Der vorhandene Regenspeicher mit 7200 l nutzbarem Volumen ist zu klein für die Gartenbewässerung und den gleichzeitigen Anschluss aller Toilettenspülungen. Ergebnis der Berechnungen nach DIN 1989-1, 16.3:
Für 18 Bewohner sind 11 400 l Nutzvolumen erforderlich. Für 20 Bewohner sind 12 500 l Nutzvolumen erforderlich – jeweils zuzüglich 1400 l Mindestwasservolumen.
Kann der kleine Speicher nachträglich vergrößert werden? Ja, die Zisterne kann erweitert werden zu einer 2-Behälter-Anlage. Die Arbeiten im Grundstück sind mit Minibagger möglich. Das Versetzen des neuen Speicherbehälters muss mit einem Autokran erfolgen. Der Behälter wird dabei über den Carport gehoben und in die vorbereitete Baugrube abgesetzt.

Filterart

Die Behauptung der Kläger, dass es durch Tageslichteinwirkung im Rückspülfilter mit Schauglas zu Algenwachstum kommt, ist grundsätzlich richtig. Ein Rückspülfilter als Teil der Druckerhöhungsanlage ist bei diesem Objekt im Technikraum montiert. Bei geschlossenen Türen gelangt aber kein Tageslicht in diesen Raum. Am Filter ist zudem eine rote Abdeckung über dem Schauglas, die Lichteinfall auf das Wasser weitestgehend verhindern würde. Elektrisches Licht und indirektes Tageslicht, das beim Betreten des Technikraums und bei gelegentlichem Offenstand der Türen kurzzeitig einfallen kann, ist im Hinblick auf unerwünschtes Algenwachstum auf dem Filtergewebe unerheblich.
Dennoch sind Rückspülfilter heute bei Regenwassernutzung nicht mehr Stand der Technik. Richtig sind Filter im Zulauf zum Regenspeicher, nicht nach der Druckerhöhungsanlage. Dann werden Speicher und Pumpe vor Schmutzablagerungen geschützt und der Speichertank muss nicht öfter als einmal in zehn Jahren gereinigt werden. So steht es in der Wartungsanleitung der DIN 1989-1.

DICTIONARY

Regenwassernutzung = utilisation of rainwater
Gründach = green roof
Gartenbewässerung = garden watering
Zisterne = cistern

Richtig: Filtertechnik soll sich im Zulauf zur Zisterne befinden und leicht zu reinigen sein

Bild: Mall

Richtig: Filtertechnik soll sich im Zulauf zur Zisterne befinden und leicht zu reinigen sein

Pumpentechnik

Das vorgefundene Hauswasserwerk ist der Leistung nach richtig ausgelegt. Bei einer Wohnanlage mit 18 – 20 Personen ist aber eine Druckerhöhungsanlage mit zwei Pumpen empfehlenswert – zur Sicherheit bei Ausfall eines Motors und als Reserve für Spitzenbedarf. Sonst ändert sich der Wasserstrahl aus dem Gartenschlauch während jeder Toilettenspülung.

Gesetze und Normen

Bundesweit gültige gesetzliche Grundlage: Nach dem aktuellen Wasserhaushaltsgesetz WHG 2009, gültig seit 1. März 2010, hat die ortsnahe Bewirtschaftung von Regenwasser Priorität. Ziel von Gesetzgebung und Normen ist, dass künftig im Zuge der Oberflächenentwässerung der natürliche Wasserhaushalt weitgehend erhalten wird. Das Nutzen von Regenwasser als so genanntes Betriebswasser anstelle von Trinkwasser schont Ressourcen im Sinne von Vermeidung – spart Trinkwasser, Energie und Kosten. Wo aber Betriebswasser nicht gebraucht wird oder seine Verwendung nicht wirtschaftlich ist, soll der Niederschlag über Gründächer verdunstet, im Untergrund versickert oder ins Oberflächengewässer abgeleitet werden.

Zusammenfassung

In jedem Fall sollte der beauftragte Installateur die Architekten und die Bauherrschaft über Konsequenzen zusätzlicher Ideen, hier das Anschließen weiterer Verbrauchsstellen, aufklären. Es empfiehlt sich unbedingt, die Argumente und Beschlüsse schriftlich in Form einer Gesprächsnotiz festzuhalten und den Planungsbeteiligten auch nachweisbar, z. B. per E-Mail, zukommen zu lassen. Damit steigt die Chance, einen Streitfall unbeschadet zu überstehen.

Klaus W. König
Dipl.-Ing. Klaus W. König ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger sowie Fachjournalist für ökologische Haustechnik,
88662 Überlingen,
Tel. (0 75 51) 6 13 05

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