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Kompetenz in Arbeitssicherheit

Pflaster drauf und gut?

Inhalt

Der Job als SHK-Monteur bringt es unweigerlich mit sich, seine Hände einzusetzen. Häufig am Montagmorgen gibt es Bauteile (beispielsweise im Inneren eines „No Name“ Unterputz Spülkastens), die aufgrund der innovativen Konstruktion desselben und der bescheidenen Platzverhältnisse nur schwer auszutauschen sind.
Der Monteur hängt dann bis zum Ellenbogen in der Wand und fummelt mit nassen Händen sowie äußerster Fingerkraft einen Mechanismus auseinander, den er sich mit viel Vorstellungskraft nur teilweise im Kopf zusammengereimt hat. Natürlich soll die Arbeit schnell zu Ende gebracht werden und der Kunde weiß bis ins Detail genau was zu tun ist.
Nach 45 Minuten Selbstbeherrschung und dem Aufbieten jeglicher Problemlösungskompetenz ist alles in Butter und die Reparatur abgeschlossen.
Die Folgen für den Monteur: knallrote Unterarme, ein aufgeschlagener Handrücken sowie ein tiefer Schnitt am Zeigefinger. Also zum Verbandskasten, Pflaster drauf ....…und weiter geht’s......
Als nächstes steht an, die verstopfte Abwassersammelleitung im Reihenmietshaus mit Motorspirale durchzuräumen. An dieser Stelle empfiehlt es sich als Monteur einmal kurz darüber nachzudenken, was man eigentlich gerade im Begriff ist zu tun.
Der Monteur will in Kürze mit einer blutenden Wunde am Daumen an einer Abwasserleitung arbeiten. Durch diese Rohrleitung finden normalerweise folgende Stoffe ihren Weg in die Kanalisation:
- Fäkalienhaltiges Abwasser
- Küchenabwasser
- Putz u. Reinigungsmittel
- Krankheitserregende Bakterien/Viren (z. B. Noro Virus)
- Medikamentenrückstände
- Blut
Im vorliegenden Reihenhaus stammt das Abwasser von sechs Wohneinheiten an der zu reinigenden Leitung. Das wären mindestens 6 bis 15 Bewohner (grob geschätzt). Natürlich sollten alle Haushalte in der Zeit der Reparatur nichts in die Leitung einleiten, es wissen theoretisch auch alle Bescheid: Nur sieht die Praxis leider anders aus und der obligatorische „Notfalleimer“ sollte während der Arbeit immer griffbereit sein, denn irgendeiner spült garantiert zwischendurch doch noch einmal ab.
Dem Monteur ist obiger Sachverhalt bewusst und er hat zusätzlich zum Pflaster noch doppelt Einmalhandschuhe über die Hand gezogen. Er benutzt einen stabilen Lederhandschuh der seine Hand vor der rotierenden Spirale schützt. Nach der unliebsamen Arbeit wäscht sich der Monteur gründlich die Hände und bringt ein neues Pflaster fachmännisch am Daumen an.
Während der nächsten Tage arbeitet der Monteur ganz normal. Dann passiert Folgendes:
Der Daumen ist rot und geschwollen. Der SHK`ler hat starke Schmerzen und geht zum Arzt. Dieser diagnostiziert eine G Schmierinfektion und verschreibt Antibiotika.
2,5 Wochen später:
Mehrere verschiedene Antibiotika schlagen nicht an, der Monteur muss an der Hand operiert werden und er durchläuft anschließend Reha Maßnahmen.
Er wird nicht mehr als SHK-Geselle arbeiten können, weil die Bewegungsfreiheit seines rechten Daumens stark eingeschränkt ist. Der Monteur muss sich gezwungenermaßen beruflich umorientieren!

Bei einigen Spülkästen erahnt man nur, was im Kasten an ­scharfkantigen Fingerkuppen-Killern lauert

Bild: David De Lossy / thinkstock

Bei einigen Spülkästen erahnt man nur, was im Kasten an ­scharfkantigen Fingerkuppen-Killern lauert
Der UP-Killer-Kasten hat unbarmherzig zugeschlagen. Ein Pflaster soll vor weiteren Blessuren schützen

Bild: LoveTheWind / thinkstock

Der UP-Killer-Kasten hat unbarmherzig zugeschlagen. Ein Pflaster soll vor weiteren Blessuren schützen

Blöd gelaufen

Ja zugegeben, blöd gelaufen, der Monteur hat ja vieles getan, um sich vor einer Infektion zu schützen.
Aber er ist ja auch versichert. Damit kann sein persönliches Leid zumindest durch die Solidargemeinschaft aufgefangen werden und wird in den lebenslangen Folgen für ihn gemildert.
Soweit richtig, eine Versicherung über die Krankenkasse ist vorhanden.
Aber im vorliegenden Fall, handelt es sich eindeutig um einen Arbeitsunfall. Der Monteur ist in solchen Fällen über die gesetzliche Unfallversicherung also die Berufsgenossenschaft abgesichert.
Die Versicherung benötigt nun einen Nachweis vom Monteur, dass er sich während der Arbeit am Daumen verletzt hat.

Dieser Nachweis ist beispielsweise durch einen Eintrag in einem sogenannten Verbandbuch zu erbringen. Dieses Buch ist laut Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung, kurz DGUV, vorgeschrieben.
Viele werden jetzt sagen: „Verbandbuch, nie gehört.“
In einem Verbandbuch, umgangssprachlich auch Unfallbuch oder Meldeblock, werden in Betrieben, Behörden, Schulen und Kindertagesstätten die geleisteten Erste-Hilfe-Maßnahmen schriftlich aufgezeichnet. Es dient als Nachweis über einen Gesundheitsschaden bei einer versicherten Tätigkeit. Verbandbücher werden in der DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“ gefordert. Die Eintragung hat unabhängig von der vermeintlichen Schwere der Verletzung zu erfolgen.

Rechtsgrundlagen

1.) Verbandbuch nach der DGUV Gesetzliche ­Unfallversicherung
2.) BGV A1 Unfallverhütungsvorschrift – Grundsätze der Prävention Gesetzliche Unfallversicherung

Verletzt man sich während der Arbeit und kann einen Verbandbucheintrag nachweisen, so wird man als Patient über die Unfallversicherung „abgewickelt“ und wie ein Privatpatient behandelt. Weil die Unfallversicherung unter Umständen auch für etwaige Folgekosten aufkommen muss, hat sie großes Interesse daran den Verunfallten bestmöglich zu versorgen und schnellstmöglich wieder in Lohn und Brot zu bringen.
Solange der Monteur seinen Lebensunterhalt nicht wie vor dem Unfall selbst verdienen kann, zählen zu den Leistungen:

Eventuelle Leistungen

Verletztengeld
Verletztenrente
Pflegegeld
Diverse weitere Unterstützungsleistungen
Zuzahlungen zu Arztbesuchen, Medikamenten oder ­stationären Aufenthalten
Ambulante Physiotherapie kann teilweise übernommen werden

Ist kein Verbandbucheintrag vorhanden, so ist man über die gesetzliche Krankenversicherung versichert und wird nach deren jeweiligem Leistungskatalog behandelt. Dieser orientiert sich am fünften Sozialgesetzbuch (SGB V) und ist dort „nur“ als Rahmenrecht vorgegeben.
Die Leistungen der Krankenkassen müssen dem Wirtschaftlichkeitsgebot genügen. Sie müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten.

Verbandbuch

Es macht Sinn, das Verbandbuch im Erste-Hilfe-Kasten aufzubewahren. Dort ist es jederzeit griffbereit und vor Beschädigung und Verlust geschützt.
Der auf Seite 20 abgebildete „h/g/d Meldeblock“ stellt eine gute Alternative zum herkömmlichen Verbandbuch dar und bietet folgende Vorteile:
- Jeder Eintrag ist leicht herauszutrennen,
- die Einträge können besser archiviert werden,
- es kann nicht jeder blättern und nachlesen, welcher Mitarbeiter was eingetragen hat,
- geht das herkömmliche Verbandbuch verloren, sind alle Einträge weg. Dies kann beim Meldeblock nicht passieren da die einzelnen Einträge sofort herausgetrennt und an das Büro weitergereicht werden können.
Ein solcher Meldeblock kann beispielsweise über das Kompetenzzentrum für Arbeitssicherheit bezogen werden.

Jeden Fall eintragen?

Die Schwere eines Gesundheitsschadens während der Arbeit kann man wie folgt einteilen:
1.) Schwere Arbeitsunfälle (z. B. Sturz vom Gerüst mit anschließender Notaufnahme, Krankenhaus, Berufsgenossenschaftsbeamte, Polizei....)
In solchen Fällen dokumentieren die Behörden automatisch den Arbeitsunfall und liefern so einen Nachweis für die Unfallversicherung. Ein Verbandbucheintrag ist als Ergänzung sinnvoll.
2.) Mittlere Arbeitsunfällen (z. B. Platzwunde am Kopf, Arztbesuch ...)
Hier ist die Dokumentation durch den behandelnden Betriebs- oder Durchgangsarzt sichergestellt. Ein Verbandbucheintrag ist als Ergänzung sinnvoll.
3.) Kleinere Verletzungen während des Arbeitsalltags
Schnittverletzungen: scharfkantige Fliesen bei Altbausanierungen, Arbeit mit dem Cuttermesser zum Beispiel, um die Trittschallisolierung zuzuschneiden, abstehende Messingspäne beim Aufrauhen einer Gewindeverbindung, entstehende Späne beim Gewindeschneiden, scharfe Kanten oder schräg abgeschnittene Rohre z. B. bei der Kesseldemontage.
Brandverletzungen: Schweiß- u. Lötarbeiten, PE-Spiegelschweißen, Verbrennungen durch heißes Wasser beim Trennen von Rohrleitungen, Verbrennungen durch Dampf oder heiße Oberflächen beim Umbau von thermischen Solaranlagen, Wartung von noch nicht abgekühlten Wärmeerzeugern,
Augenverletzung durch Fremdkörper: Über-Kopf-Bohren, Arbeit mit dem Winkelschleifer, Über-Kopf-Arbeit mit der Säbelsäge, Brech- und Stemmarbeiten per Hand oder mit Maschine.
Bei solchen und vielen ähnlichen „Kleinigkeiten“ kann die Dokumentation des Gesundheitsschadens nur durch den Arbeitnehmer selbst erfolgen. Ein Verbandbucheintrag ist hier sehr sinnvoll und auch durch die DGUV vorgeschrieben.

h/g/d Meldeblock

h/g/d Meldeblock

WAS IST EINZUTRAGEN?

Angaben zum Unfallhergang bzw. des Gesundheitsschadens:
Name des/der Verletzten bzw. Erkrankten
Datum/Uhrzeit
Arbeitsbereich/Baustelle
Unfallhergang
Art und Umfang der Verletzung/Erkrankung
Name der Zeugen
Erste Hilfe Leistungen:
Datum/Uhrzeit
Art und Weise der Maßnahmen
Name des Erste Hilfe Leistenden
Wichtig:
Ein Eintrag ins Verbandbuch hat immer zeitnah und wahrheitsgemäß zu erfolgen.

Was Passiert nach dem Eintrag?

Der Eintrag ins Verbandbuch sollte vom Monteur beim Unternehmer/Vorgesetzten abgegeben werden. Dieser ist verpflichtet, die Einträge 5 Jahre zu archivieren. Ist der Monteur länger als 3 Tage arbeitsunfähig, so ist der Chef verpflichtet, über eine Unfallanzeige den Vorgang der Versicherung (Berufsgenossenschaft) zu melden.

FILM ZUM THEMA

Ein trockener aber informativer Film fasst die formellen Inhalte des Berichts nochmals zusammen

www.sbz-monteur.de ➔ Das Heft ➔ Filme zum Heft

Das Verbandbuch, hier von der Berufsgenossenschaft, ist vielen ­SHK-Kollegen nicht bekannt

Das Verbandbuch, hier von der Berufsgenossenschaft, ist vielen ­SHK-Kollegen nicht bekannt
Klar ist es nicht der erste Gedanke nach einer kleinen Blessur. Aber das Verbandbuch ist schnell ausgefüllt und kann das Leben im Zweifel sehr vereinfachen

Klar ist es nicht der erste Gedanke nach einer kleinen Blessur. Aber das Verbandbuch ist schnell ausgefüllt und kann das Leben im Zweifel sehr vereinfachen

Fazit

Kein Mensch arbeitet wie eine Maschine, manchmal schlägt man sich eben mit dem Hammer auf die Finger, bleibt irgendwo hängen oder rutscht mit dem Schraubenschlüssel ab.
Bei manchen Tätigkeiten im Arbeitsalltag ist die Gefahr jedoch größer einen Folgeschaden zu erleiden als bei anderen, wie aus dem Beispiel am Anfang des Berichts deutlich wird.
Jeder Arbeitnehmer muss letztendlich eigenverantwortlich entscheiden, ob er nach einer Verletzung während der Arbeit einen Eintrag ins Verbandbuch macht oder nicht. Wichtig ist zu wissen, dass ein Eintrag eine Reihe von Vorteilen nach sich zieht. Diese Vorteile können großen Einfluss auf die Genesung nach einem Arbeitsunfall haben.
Die Empfehlung des h/g/d Kompetenzzentrum für Arbeitssicherheit lautet deshalb:
Am besten auch bei kleinen Verletzungen immer einen Eintrag im Verbandbuch machen und diesen beim Chef abgeben. Es kostet letztendlich nicht viel Zeit und schafft die Voraussetzung,
um nach einem Arbeitsunfall optimal versorgt zu werden.

Josef Köstner
Zentralheizungs- und Lüftungsbaumeister Josef Köstner ist Mitarbeiter im h/g/d Kompetenzzentrum für Arbeitssicherheit in Bayern. Das Kompetenzzentrum ist Dienstleister im Bereich Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz.
Telefon (0 80 61) 93 90 13-0

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