Wer genauer hinschaut, der erkennt schnell, dass es durchaus logisch erscheint, Wasser nicht unbedingt über viele Kilometer heranzukarren, sondern das bereits vor Ort befindliche Wasser zu nutzen. Vor Ort ist meistens Regen- und Brunnenwasser verfügbar. Und die Nutzung dieser Wasserbestände kann gegenüber der Nutzung von Trinkwasser immer noch günstiger sein, auch wenn man diese Wässer vor Ort noch aufbereiten muss. Und neben der Regenwassernutzung kann auch ein weiterer Teil des häuslichen Abwassers – das Grauwasser – recycelt werden. Grauwasser ist laut der europäischen Norm 12056-1 gering verschmutztes Abwasser, wie es etwa beim Duschen, Baden, Hände- und Wäschewaschen anfällt. Küchenabwasser hingegen kann wegen seiner hohen Belastung mit Fetten und Speiseabfällen nicht als Grauwasser bezeichnet werden und ist daher für den Einsatz einer Grauwasseranlage ungeeignet. Das Grauwasser kann nach einer Aufbereitung für die Toilettenspülung, zum Wäschewaschen, Putzen oder für die Gartenbewässerung verwendet werden. Dieses Wasser wird allgemein als Betriebs- oder Brauchwasser bezeichnet.
Grundsätzliches
Grauwasser enthält Tenside (Waschmittel), Hautabreibungen, Haare und Hautfette, dadurch ist das Grauwasser ohne Aufbereitung nicht gut lagerfähig und fängt recht schnell an faulig zu riechen. Ohne Aufbereitung würde sich im Lagerbehälter eine harte Schicht von den Waschmittelresten ablagern und am Boden eine dicke Schicht von Hautabreibungen und Haaren bilden. Die Reinigung des Grauwassers erfolgt daher in drei Stufen.
Stufe 1: Mechanische Reinigung
Das Grauwasser wird zuerst grobgefiltert. Partikel die größer als 0,4 mm bis 0,8 mm sind, bleiben an den Maschen des Filters hängen. Hier werden beispielsweise Haare und Nagelabschnitte gesammelt. Eine automatische Spülung des Filters mit Klarwasser ermöglicht es, die Feststoffe über einen Überlauf direkt in die Kanalisation abfließen zu lassen.
Stufe 2: Biologische Reinigung
Das von den Feststoffen gereinigte Wasser fließt nach der ersten Stufe in einen Auffangbehälter, indem es ca. drei Stunden verweilt. Während dieser Zeit wird durch Luftzufuhr das Wachstum von Kleinstlebewesen angeregt. Die Kleinstlebewesen ernähren sich von den organischen Stoffen, die im Wasser enthalten sind, also von den Ölen, Seifen, Hautschuppen und Pflegeprodukten wie Shampoo. Bei dem biologischen Reinigungsprozess fallen organische Sedimente an (Ausscheidungen der Kleinstlebewesen), die sich auf dem Boden des Auffangbehälters sammeln und regelmäßig automatisch abgesaugt werden. Diese Sedimente werden nach dem Absaugen der Kanalisation zugeführt.
Stufe 3: Physikalische Reinigung
Aus dem ersten Auffangbehälter wird das Wasser weiter in eine Klarwasserkammer gepumpt. Entweder geschieht dies über einen Membranfilter, der so kleinporig ist, dass sich Bakterien und der Großteil bekannter Viren in dem Filter verfangen oder die sogenannte Hygienisierung (Entkeimung) erfolgt durch die Bestrahlung mit ultraviolettem Licht (UV-Licht). UV-Licht vermag durch den im Vergleich zu Licht im sichtbaren Spektrum höheren Energieanteil Bakterien und ein Großteil bekannter Viren abzutöten.
Wenn das Wasser bis auf Badewasserqualität aufbereitet wurde, wie es in Europa üblich ist, kann es über eine Tauchdruckpumpe den Verbrauchern im Haus zugeführt werden. Wiederverwendung findet es bei der WC-Spülung, bei der Entnahmearmatur für die Gartenbewässerung sowie beim Wäschewaschen. Sollte einmal zu wenig Wasser in der Klarwasserkammer sein, wird automatisch Trinkwasser in den Tank über eine Trinkwassernachspeisung eingespeist. Die Nachspeisung kann wahlweise aus dem Trinkwassernetz, oder aus einer Regenwassernutzungsanlage erfolgen.
Voraussetzungen für den Anschluss
Damit eine Grauwasserrecyclinganlage überhaupt in Betrieb genommen werden kann, muss das gesamte Grauwasser vom normalen Abwasser getrennt gesammelt werden, d. h. es muss ein eigenes Leitungsnetz für das Grauwasser installiert sein. Bei einer Komplettrenovierung oder bei einem Neubau ist das eigene Leitungsnetz ohne viel Aufhebens einfach zu installieren. Das Grauwasser wird gesammelt und aufbereitet (siehe Abbildung auf nächster Seite). Es kann im Keller oder in frostfreier Tiefe unter der Erde in Kunststoff- oder Betontanks gelagert werden. Nach der Aufbereitung ist es klar, farb- und geruchlos und kann erneut verwendet werden.
Meist werden die Anlagen von den Industriepartnern wie z. B. Mall, Ewuaqua, DeHoust oder Water Wassertechnik komplett geliefert und müssen vom Installateur nur noch angeschlossen werden. Für vertiefende Planungs- und Installationshinweise kann man bei den Firmen jederzeit Informationen erhalten.
Kosten
Eine Grauwasseranlage mit einer Tageskapazität bis etwa 5 m³ kostet zwischen 20 000 und 25 000 Euro. Hinzu kommen die Kosten des Installationsmehraufwands für separate Grauwasser- und Betriebswasserleitungen. Dieser Investitionsanteil hängt ab von den erforderlichen Leitungsstrecken und damit von der Gebäudestruktur sowie von den Preisen des beauftragten Handwerksbetriebs. Heutige Grauwasseranlagen laufen bedienungsfrei per Automatiksteuerung. Für geringfügige Wartungsarbeiten genügen einige wenige Stunden pro Monat. In welchen Intervallen und zu welchem Preis eine Generalinspektion fällig wird, ist bei den Herstellern zu erfragen. Ein Jahresturnus ist die Regel. Der Stromverbrauch kann mit maximal 2 kWh pro Kubikmeter Betriebswasser angesetzt werden.
DICTIONARY
Grauwasser = grey water
Küchenabwasser = swill
Aufbereitung = conditioning
Kläranlage = purification plant
Lohnt sich das denn?
Speziell bei Hotels, bei denen mit 150 l Grauwasser pro Tag und Gast gerechnet werden kann, amortisiert sich eine Grauwasseranlage recht zügig. Anbei eine kurze überschlägige Rechnung:
Gehen wir davon aus, dass eine Anlage mit der Tageskapazität von 5 m³ den Betreiber 30 000 Euro kostet. Bei einem Ertrag von 4 m³ Grauwasser am Tag (im Hotelbetrieb wäre das fiktive Hotel mit 27 Personen täglich belegt), Gesamtkosten für Trink- und Abwasser von 4,5 Euro/m³ und einem Strompreis von 0,28 Euro/kWh amortisiert sich die Anlage in 6,6 Jahren, die relativ geringen Wartungskosten mal außen vor gelassen. Das angenommene Hotel wäre prädestiniert, eine Grauwasseranlage schnellstmöglich zu installieren. Weitere Anwendungsgebiete sind Campingplätze und Sportanlagen. Die regelmäßige Nutzung der Duschen und der Waschbecken erzeugt einen erheblichen Grauwasserertrag an einem konzentrierten Ort, welches zur Bewässerung von Rasenflächen und die WC-Spülung genutzt werden kann. Ein weiteres profitables Anwendungsgebiet sind Mehrfamilienhäuser oder Wohnsiedlungen. Viele Parteien produzieren viel Grauwasser. Die Kosten für die Anlage können durch alle Parteien geteilt werden. Das mindert die zweite Miete, sprich die Nebenkosten. So können Grauwasseranlagen auch als ein Baustein verstanden werden um Immobilien attraktiver anbieten zu können, ähnlich wie bei durch nachträgliche Dämmmaßnahmen oder moderne Haustechnik.
FILM ZUM THEMA
Sie können sich einen interessanten Film zum Thema ansehen, wie immer auf:
www.sbz-monteur.de ➔ Aktuelle Ausgabe ➔ Filme zum HeftÖkologie und Ökonomie?
Das aufbereitete Grauwasser kann für die Toilettenspülung, zum Wäschewaschen, Putzen oder für die Gartenbewässerung verwendet werden. Es werden dadurch die Trinkwasserbestände geschont, es ist jederzeit verfügbar und belastet die Kläranlagen weniger. Der ökologische Nutzen ist daher selbstredend. Allerdings rechnet sich eine Grauwassernutzungsanlage in Deutschland nur bei größerem Wasserverbrauch, da die Anlagen in der Anschaffung recht teuer sind. Die Rohrinstallation ist aufwendig, ein kontinuierlicher Stromverbrauch ist vorhanden und weitere Wartungskosten fallen an. Nur bei größeren Anlagen können die eingesparten Trinkwasser- und Abwasserkosten die Investitionen in einem angemessenen Zeitraum aufwiegen.