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Überprüfung von Grundleitungen: Prinzipiell ­­unum­gänglich

Inhalt

Dass Gasleitungen vor ihrer Inbetriebnahme geprüft werden müssen, ist klar. Und auch bei den Wasserleitungen ist bekannt, dass eine „Prüfung durch Öffnen eines Ventils“ keine vereinbarte Dichtheitsprüfung im Sinne des Werkvertrags darstellt. Nur bei den Grundleitungen der Entwässerung ist die Durchführung einer Dichtheitsprüfung leider noch immer die Ausnahme. Dabei achten die zuständigen Behörden zunehmend darauf, dass diese Leitungs­art nicht nur vor der Inbetriebnahme, sondern auch in regelmäßigen Abständen, auf Dichtheit überprüft wird. Ein Umdenken im Handling von Neuinstallationen und des Gebäudebestands ist dringend erforderlich.

Das macht ja nichts, das merkt ja keiner . . . ?

Was passiert eigentlich, wenn die Grundleitung undicht ist? Nun, sie verliert das Abwasser. Da aber die mit im Abwasser transportierten Fremdstoffe nicht aus den Leitungsverbindungen herausfließen können, bleiben diese in der Leitung liegen. Denn das Wasser, als Transportmittel für die Fäkalien, ist nicht mehr vorhanden. Die Folge kann eine häufige Verstopfung der Leitung sein. Aber auch der umgekehrte Fall tritt ein: Wenn es regnet, dann sickert das Wasser in die undichten Grundleitungen. Die Grundleitung wird quasi zur Drainage und nimmt Regenwasser auf. Eine in Niedersachsen vorgenommene Untersuchung bezüglich dieses Fremdwasserzulaufes in Schmutzwasserkanäle ergab, dass teilweise 300 bis 400 Prozent Fremdwasser bezogen auf 100 Prozent Schmutzwasser anfallen. Das bedeutet, dass eine Abwasserkläranlage vier Mal so viel arbeiten muss, als es bei einem reinen Schmutzwasseranfall nötig wäre. Hinzu kommt, dass die – für den reinen Schmutzwasseranfall ausgelegten – Stra­ßenkanäle so bei starken Niederschlägen einer erhöhten Gefahr der Überbelastung mit der Folge von Rückstauerscheinungen ausgesetzt sind. Es kommt aber noch schlimmer: Undichtheiten an Grund­leitungen haben mit der Zeit auch ein Ausbilden von Fließ­wegen im Bereich der Grundleitungen zur Folge. Es entstehen Hohlräume, die früher oder später ein Abknicken der Leitungen hervorrufen. Meist ist das erst der Zeitpunkt, wo der Betreiber der Entwässerungsanlage – weil eben nichts mehr geht – einen Handlungsbedarf erkennt.

Überprüfungspflicht ist klar gegeben

Nach Angaben der Abwassertechnischen Vereinigung (ATV) werden in Deutschland rund 400000 Kilometer öffentliches Kanalnetz betrieben, fortwährend inspiziert, gewartet und instand gesetzt. Und dennoch erreicht der Verschleiß hier einen Anteil von gut 20 Prozent. Das heißt also, dass 80000 Kilometer Straßenkanalnetz sanierungsbedürftig sind. Der Investi­tionsbedarf für die Beseitigung dieser Schäden wird auf etwa 50 Milliarden Euro geschätzt. Dabei spricht man nur von den kontrollierten Teilen der Entwässerung. Auf dem privaten Grundstück geht es noch grausiger zu. Pilotuntersuchungen haben gezeigt, dass ein Großteil der privaten Grundleitungen schadhaft, fehlerhaft verlegt und undicht ist. Teilweise wurde eine Schadensquote von 100 Prozent festgestellt. Der Mittelwert, der als Ergebnis aus dieser Untersuchung gezogen wurde, zeigt: Jede zweite private Grundleitung in Deutschland ist mangelhaft. Dabei fordern die Bauordnungen der Länder, dass durch Abwasseranlagen keine Gefahren oder unzumutbaren Belästigungen entstehen dürfen, diese also geschlossen und dicht sein müssen. Die Bauordnung des Landes Nord­rhein-Westfalen beschreibt, wie die Einhaltung dieser Anforderungen geprüft werden muss. Für die im Erdreich oder unzugänglich verlegten Leitungen wird nach der Errichtung oder Änderung, sowie in Zeitabständen von höchstens 20 Jahren, die Durchführung einer Dichtheitsprüfung ge­fordert. Dabei bleiben auch die Anlagen nicht verschont, die nach ihrer Erstellung nicht geprüft wurden. Hier ist Handlungsbe­darf nach einer baulichen Änderung, spätes­tens jedoch innerhalb von 20 Jahren nach Inkrafttreten der Bauordnung NRW, also bis zum 31. 12. 2015, gegeben. Anlagen, die häusliches Schmutzwasser abführen und vor dem 1. 1. 1965 in NRW errichtet wurden, sind sogar bis zum 31. 12. 2005 auf Herz und Nieren zu prüfen.
Im Zweifelsfall gilt die Norm

Für die Länder, deren Bauordnungen die Überprüfungspflicht nicht so konkret formulieren, sind die dort einge­führten oder die anerkannten Regeln der Technik zu beachten. Teil 30 der DIN 1986 [1] widmet sich der Frage der wiederkehrenden Kontrolle. Gegliedert nach häuslichem oder gewerblichem Schmutzwasser sowie der Lage der Leitung in der Wasserschutzzone II oder III werden Zeiträume für die wiederkehrenden Prüfun­gen festgelegt. Hiernach muss eine bislang ungeprüfte Leitung bis zum Jahre 2019 gecheckt sein. Eine Verpflichtung zur erst­maligen und wiederkehrenden Überprüfung von Grundleitungen ist also aus den techni­schen Regeln und teilweise auch gesetzli­chen Vorgaben klar he­rauslesbar. Was bleibt, ist die ­Frage nach der Kontrolle. Schließlich unterliegen private Ent­wässe­rungs­systeme erst dann einer Ge­nehmigungspflicht nach Landes­wasser­gesetz, wenn befestigte Flächen von mehr als drei Hektar Größe zu entwässern sind. Somit muss der Betreiber einer „normalen“ Grundstücksentwässerung lediglich die Bescheinigung des Sachkundigen über die erfolgte Abnahmeprüfung oder wieder­kehrende Dichtheitsprüfung aufbewahren. Vorlegen muss er diese der Gemeinde oder Bauaufsichtsbehörde erst auf Verlangen. In der Praxis haben die Behörden bereits damit begonnen, die Hausbesitzer brieflich aufzufordern, die Bescheinigung über die Überprüfung der Grundleitung bis zu einem Stichtag vorzulegen.

Zwei Verfahren


Für die Dichtheitsprüfung einer neu installierten Grundleitung stehen dem Anwender nach DIN EN 1610 [2] eine Prüfung mit Luft (Verfahren „L“) und eine Prüfung mit Was­ser (Verfahren „W“) zur Verfügung. Die Entscheidung, welches Verfahren eingesetzt wird, obliegt dem Sachkundigen in Abstim­mung mit dem Auftraggeber. Da beide Methoden Druckprüfungen sind, muss die Lei­tung zum Zeitpunkt der Abnahmeprüfung bereits erdgedeckt sein. Zum einen wird dadurch der Einfluss von Temperaturschwankungen auf das Prüfergebnis gerin­ger. Zum anderen sind die oft nicht längskraftschlüssigen Rohrverbindungen so gegen Auseinanderrutschen gesichert. Um zu ver­hindern, dass sich die Leitung bei der Prü­fung als undicht herausstellt und wieder freigelegt werden muss, empfiehlt es sich, eine Vorprüfung auszuführen. Hierzu sichert man die Verbindungsstellen gegen auseinan­derrutschen, z. B. durch anbringen provisori­scher Widerlager, und führt das Prüfverfah­ren „L“ oder „W“ aus. Eine dabei als „den Anforderungen entsprechend“ erkannte Rohrleitung muss aber auf jeden Fall auch noch der maßgebenden Abschluss­prüfung in erdgedecktem Zustand unterzogen werden. Für die Ausführung des Luftprüfverfahrens werden alle Leitungsanschlüsse abgedichtet und an einer Stelle eine Schlauchanschluss­möglichkeit zum Aufbringen der Luft ange­bracht. Als Prüfgerät können hier Haupt­prüfgeräte, die zur Prüfung von Gasleitungen verwendet werden, zum Einsatz kommen. Der notwendige Luftprüfdruck richtet sich dabei nach dem anzuwendenden Prüfverfah­ren.

Prüfen mit Luft


Beim Verfahren „LA“ sind 10 mbar, bei „LB“ 50 mbar, bei „LC” 100 mbar und beim Verfahren „LD” 200 mbar Luftprüfdruck aufzubringen. Da das Prüfmedium ­eine Wartezeit für den Temperaturausgleich erforderlich macht, muss der Anfangsdruck den erforderlichen Prüfdruck um etwa 10 % überschreiten. Dieser ist dann für fünf Mi­nuten durch Nachpumpen aufrecht zu erhal­ten. Anschließend wird der Druck auf den erforderlichen Prüfdruck abgesenkt. Die Prüfzeit richtet sich nach der Nennweite der zu ­prüfenden Leitung. Innerhalb dieser Prüf­zeit, die auf ±5 s genau einzuhalten ist, darf der Druckabfall einen verfahrensabhängigen Grenzwert nicht überschreiten. Von Vorteil sind beim Verfahren „L” die kurzen Prüf­zeiten und der geringe Vorbereitungsauf­wand. Bei Leitungen, die größere Höhenun­terschiede überbrücken, sichert die Luft auch einen über­all gleichen Prüfdruck. Und wenn dann doch mal eine Verbindung aufgibt, steht die Baustelle nicht unter Wasser. Eine Schlammschlacht bei der Reparatur bleibt den Ausführenden erspart. Allerdings ist beim „L”-Verfahren auch nicht alles Gold, was glänzt. Da Luft nun mal ein kompres­sibles Medium ist, müssen die Leitungsverschlüsse gut gesichert sein, um eine Unfall­gefahr durch Wegplatzen dieser zu vermei­den. Bei großvolumigen Leitungen wird das Prüfergebnis immer ungenauer. Deshalb ist es auch nicht zu empfehlen, Schächte in die Luftprüfung mit einzubeziehen.

Im Zweifelsfall „W” maßge­bend


Zeigt die Luftprüfung wiederholt Mängel, ist es zulässig, zur Prüfung mit Wasser zu wechseln. Das Ergebnis der Wasserprüfung ist dann maßgebend, da das Verfahren „W” auch direkt (ohne voraus­gegangene Luft­prüfung) als Abschlussprüfung angewandt werden darf. Die Leitung wird über einen Anschluss zunächst gefüllt, bis Wasser an den offenen Leitungsenden der Grundleitung austritt. Erst dann werden die Leitungsenden verschlossen. Auf diese Weise werden Luft­einschlüsse vermieden. Der Wasserstand wird so hoch gewählt, dass der Prüfdruck zwischen 500 mbar und 100 mbar liegt. Bedingt durch den Höhenunterschied in der Leitung ist dieser nicht an jeder Stelle der Rohrleitung gleich. Deshalb muss vor der Ausführung der Prüfung festgelegt werden, ob der untere oder obere Punkt der Leitung für die Festlegung des Prüfdruckes maßgeb­lich ist. Nach Füllen der Leitung folgt eine Wartezeit von ca. einer Stunde. Diese „Vor­bereitungszeit” dient dazu, dass sich alle Bauteile (vor allem Dichtungen) ausreichend mit Wasser benetzen. Sie kann vom Aus­führenden genutzt werden, um zu errechnen, wie viele Quadratmeter innere Oberfläche die zu prüfende Rohrleitung hat. Denn in der folgenden Prüfzeit von 30 Minuten (±1 min) wird der Wasserstand durch Nachfüllen von Wasser gehalten. Muss dazu nicht mehr als 0,15 Liter pro Quadratmeter Rohrinnenoberfläche nachgefüllt werden, sind die Prüfanforderungen erfüllt.

Fortan regelmäßige ­Kontrolle


Mit einem Prüfprotokoll wird festgehalten, dass die Grundleitung bei der Erstellung geprüft und für dicht befunden wurde. Es ist ein wichtiger Nachweis für den Betreiber, der bescheinigt, dass seine Leitung erst nach 25 Jahren wieder untersucht werden muss, vor­ausgesetzt das Baurecht fordert keine kürze­ren Überwachungszeiträume. Wie die wiederkehrende Untersuchung von Grundleitungen durchzuführen ist, regelt die DIN 1986-30. Dabei sind Regen­wassergrund­lei­tungen, die an ein im Trenn­verfahren betriebenes Kanalsystem ange­schlossen sind, von der Pflicht der Kontrolle ausgenommen. Schmutzwassergrund­leitun­gen, die häusliches Abwasser führen, müssen mit einer Kanalfernsehanlage auf ihren baulichen Zustand hin untersucht wer­den. Man verzichtet hier auf die Druckprü­fung, da diese in bewohnten Gebäuden einen erheblichen Aufwand verursachen würde. Vielmehr hofft man darauf, durch die „opti­sche Erscheinung” des Leitungsinneren (scherbenfrei, kein Muffenversatz, kein Rohrbruch, keine Verformungen, kein Grundwassereintritt, etc.) ­sichere Rück­schlüsse auf die Dichtheit der Leitung ziehen zu können. Schmutzwassergrundleitungen, für die der Betreiber die Durchführung der Erstprüfung nicht nachweisen kann, müssen nach DIN 1986-30 bis zum Jahre 2019 mit einer Kanalfernsehan­lage untersucht werden, sofern das Baurecht des jeweiligen Bundes­landes keine kürzeren ­Fristen fordert. Diese Unter­suchung wird sofort fällig, wenn an dem Gebäude Umbauarbeiten ausgeführt werden, von denen nur Teile (maximal 50%) der Entwässerungsanlage betroffen sind. Im Falle eines Totalumbaus kann davon ausge­gangen werden, dass das Gebäude unbe­wohnt ist.
Eine Dichtheitsprüfung nach DIN EN 1610 ist dann vom Aufwand her vertret­bar und wird gefordert.
Für Grundleitungen, die gewerbliches oder industrielles Abwasser führen, werden grund­sätzlich Druck­prüfungen als Dicht­heitsnachweis verlangt. Verschärfte Prüfanforderungen gelten ver­ständlicherweise auch für Grundleitungen, die in Wassergewinnungsgebieten betrieben werden. Die Spanne reicht hier von der Forderung einer jährlich vorzunehmenden Kanalfernsehanlagen-Untersuchung bis hin zur Ausführung von Druckprüfungen im Abstand von 10 Jahren.

Literaturnachweis:
[1] DIN 1986-30: Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke – Teil 30: Instandhaltung
[2] DIN EN 1610: Verlegung und Prüfung von Abwasserleitungen und-kanälen

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