Viele Kollegen diskutieren über Sinn und Unsinn des Membranausdehnungsgefäßes, das auch kurz MAG genannt wird. Während es in der Heizungstechnik ganz sicher notwendig erscheint, ist es in einer Trinkwasserinstallation nicht zwingend erforderlich. Aber wenn man es trinkwasserseitig vorsieht, dann bitte auch mit Verstand und unter Berücksichtigung der entsprechenden technischen Hintergründe.
Warum überhaupt?
Es scheint ein Fluch zu sein, dass sich alles, was erwärmt wird, auch ausdehnen will. Wasser jedenfalls dehnt sich zumindest bei Temperaturen über 4 °C aus. In einem starren Behälter, beispielsweise einem fest verschlossenen Trinkwassersystem würde daher bei einer Erwärmung auch gleichzeitig der Druck ansteigen. Will man diesen Druck begrenzen, setzt man üblicherweise ein Sicherheitsventil ein. Dieses entlässt den Druck im System nach draußen und fällt dann wieder federbelastet in die geschlossene Stellung zurück.
Man kann natürlich auch ein flexibles Gefäß integrieren. Dieses Gefäß müsste in der Lage sein, das Ausdehnungsvolumen des sich erwärmenden Wasservolumens in sich aufzunehmen. Sobald sich das Wasser abkühlt, könnte das Ausdehnungsvolumen wieder zurückfließen. Gleiches gilt für den Moment des Zapfens von Warmwasser. Dieser Vorgang würde ebenfalls eine Drucksenkung verursachen und das flexible Gefäß könnte das Ausdehnungsvolumen zurückgeben. Mit diesem Vorzug begründet man landläufig den Einsatz von MAG auch für den Einsatz in Trinkwasserinstallationen.
Wie es funktioniert
Würde man Wasser in eine gummiartige Blase laufen lassen, so könnte man dieses Wasser durch Druck auf die Blase auch ganz einfach wieder hinaus befördern. Setzt man eine solche Blase dabei in einen druckdichten Stahlbehälter, kann man sogar vorgeben, ab welchem Druck überhaupt Wasser in die Blase eintritt oder entsprechend wieder herausgedrückt wird. Liegt beispielsweise der Druck in dem Stahlbehälter bei 3 bar, so wird die darin befindliche Blase solange zusammengepresst, bis von außen ein Druck von etwas mehr als 3 bar auf diese Blase wirkt. Befindet sich Luft in dem Stahlbehälter, so ist diese bekanntlich kompressibel, lässt sich also zusammendrücken.
Bei Ungleichgewicht zwischen dem Wasserdruck in der Blase und dem Druck der Luft im Stahlbehälter strömt eine kleine Menge Wasser ein und verkleinert damit gleichzeitig das verbleibende Volumen in dem Stahlbehälter. Der Druck steigt dadurch auch in dem Stahlbehälter an. Erst bei einem absoluten Ausgleich von Wasserdruck in Blase und Druck der komprimierten Luft im Stahlbehälter kommt der Austausch zum Erliegen. Sinkt der Wasserdruck, strömt Wasser aus der Blase aus. Der Druck der komprimierten Luft presst es zurück, wodurch die Kompression im Behälter nachlässt. Es stellen sich ausgeglichene Verhältnisse ein, solange die Verhältnisse aufeinander abgestimmt sind. Ein einfaches Verbinden der Komponenten funktioniert logischerweise nicht ohne Weiteres.
Funktionsvoraussetzungen
In einem Trinkwassersystem kann ein Membranausdehnungsgefäß sinnvoll eingebaut werden, wenn beispielsweise ein großes Trinkwasservolumen als Warmwasser bevorratet werden soll. Während der Erwärmung würde sich dieses Trinkwasser ausdehnen und den Druck im System erhöhen. Ohne Ausdehnungsgefäß würde bei einem Anstieg des Druckes auf einen Schwellenwert von beispielsweise 10 bar das Sicherheitsventil abblasen und auf diese Weise den Druck begrenzen. Mit Ausdehnungsgefäß könnte sich das Ausdehnungsvolumen in das MAG pressen lassen und entweder bei Abkühlung zurück ins System gepresst werden, oder sobald jemand warmes Wasser zapft, ins System zurückkehren.
Ein kurzes Gedankenexperiment gibt Gewissheit über die Abläufe:
Das Wasser steht im Ruhezustand, also wenn niemand zapft, mit 5 bar Ruhedruck vor dem Trinkwassererwärmer (TWE). Der TWE mit 500 Liter Volumeninhalt heizt das Trinkwasser von 10 °C auf 60 °C auf. Dabei dehnt sich das Wasser erheblich aus. Bestand noch bei einem Druck von 5 bar ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen dem montierten MAG und dem System, kippt diese Situation während des Aufheizvorgangs immer wieder. Das sich ausdehnende Wasser drückt sich immer mehr ins MAG und erhöht darin den Druck. Zapft zwischendurch mal jemand, fällt der Druck wieder auf die Ausgangsbasis von 5 bar ab und steigt dann wieder kontinuierlich an, bis die Maximaltemperatur erreicht wird und die Aufheizung abgeschlossen ist. Zapft niemand zwischendurch, so müsste rein rechnerisch das Ausdehnungsvolumen des Inhalts des TWE komplett im Ausdehnungsgefäß verschwinden können, wobei der Druck darin nicht so weit anschwellen sollte, dass das Sicherheitsventil abblasen würde.
Kurze weitere logische Schlussfolgerung:
Hätte man ein riesiges, stark überdimensioniertes MAG montiert, wäre das Ausdehnungsvolumen des Wassers genauso groß wie bei einem knapp berechneten MAG. Der Druckanstieg während eines Ausdehnungsvorgangs in dem überdimensionierten Gefäß würde aber deutlich geringer ausfallen, weil ja das einströmende Wasservolumen in einem großen Gefäßvolumen auf viel mehr Luft treffen würde und dieses entsprechend geringer komprimieren würde als bei einem nur geringen Luftvolumen.
Beispielrechnung
In einer Trinkwasserinstallation ist der Druckminderer auf einen Druck von 4 bar eingestellt worden. Der TWE mit einem Volumen von 500 Liter soll ein angemessenes MAG erhalten. Die Temperatur des Trinkwassers wird voraussichtlich 60 °C nicht überschreiten. Der Druck der Anlage wird mit einem Sicherheitsventil auf 8 bar (alternativ auf 10 bar) begrenzt.
Welches Ausdehnungsgefäß ist dazu notwendig?
Die Ausdehnung von Wasser kann für die Aufheizung von
10 auf 60 °C mit 1,7 Prozent angenommen werden.
Das Ausdehnungsvolumen, welches mindestens aufgenommen werden sollte, beträgt daher:
500 l × 0,017 = 8,5 l
Diese Vorgabe sagt nun aus, dass trotz einer Volumenzunahme von 8,5 Liter der Druck in einem noch zu wählenden Ausdehnungsgefäß um nicht mehr als 4 bar ansteigen darf. Denn der Druck zu Beginn beträgt 4 bar und das Sicherheitsventil würde bei 8 bar abblasen.
Der Nutzeffekt eines Ausdehnungsgefäßes ergibt sich aus der Beziehung:
Nutzeffekt = (pe – pa) / pe
pe = Enddruck
pa = Anfangsdruck
Die Drücke müssen als absolute Drücke eingesetzt werden. Das bedeutet, dass der Umgebungsdruck von rund 1 bar dazu addiert werden muss.
Für diese Anlage wird also eine Vorgabe von folgenden Werten eingeplant
pe = 8 bar + 1 bar = 9 bar
pa = 4 bar + 1 bar = 5 bar
Nutzeffekt = (9 – 5) / 9 = 4 / 9 = 0,44 = 44 %
Die Gefäßgröße des zu wählenden MAG kann dann errechnet werden aus
Gefäßgröße = Ausdehnungsvolumen / Nutzeffekt
Mindestgefäßgröße = 8,5 l / 0,44 = 20 l
Man könnte dann auch lesen: In ein Ausdehnungsgefäß, von 20 Liter kann man 8,5 Liter Wasser einleiten, bis der absolute Druck von 5 auf 9 bar angestiegen sein wird.
Wäre die Anlage mit einem Sicherheitsventil für 10 bar abgesichert worden, so hätte sich folgende Berechnung ergeben:
pe = 10 bar + 1 bar = 11 bar
pa = 4 bar + 1 bar = 5 bar
Nutzeffekt = (11 – 5) / 11 = 6 / 11 = 0,55 = 55 %
Mindestgefäßgröße = 8,5 l / 0,45 = 15,5 l
Das Ergebnis zeigt, was bereits zu erwarten war: Darf der Druck im System stärker ansteigen – wie in dem Beispiel von 8 auf 10 bar – kann das MAG kleiner ausfallen.
Nach Norm
Nach Norm 4807-5 werden noch Besonderheiten in die Berechnung einfließen.
Danach soll der Ansprechdruck des Sicherheitsventils mit einiger Sicherheit unterschritten werden. Dieser wird daher um 20 Prozent des eigentlichen Ansprechdrucks reduziert. Aus 8 bar werden dann 6,4 bar (aus 10 bar werden 8 bar). Der Vordruck des MAG wird um 0,2 bar niedriger angesetzt als der eingestellte Druck am Druckminderer. Das bedeutet für das Beispiel, dass jeweils 3,8 bar angesetzt würden.
Normgerecht würde also angesetzt:
Für das Beispiel mit dem 8-bar-Sicherheitsventil:
pe = 6,4 bar + 1 bar = 7,4 bar
pa = 3,8 bar + 1 bar = 4,8 bar
Nutzeffekt = (7,4 – 4,8) / 7,4 = 2,6 / 7,4 = 0,35 = 35 %
Mindestgefäßgröße = 8,5 l / 0,35 = 24,3 l
Für das Beispiel mit dem 10-bar-Sicherheitsventil:
pe = 8 bar + 1 bar = 9 bar
pa = 3,8 bar + 1 bar = 4,8 bar
Nutzeffekt = (9 – 4,8) / 9 = 4,2 / 9 = 0,47 = 47 %
Mindestgefäßgröße = 8,5 l / 0,47 = 18,1 l
Übrigens noch eine Anmerkung
Ein MAG ist nicht zwingend erforderlich, um beispielsweise das Geld des Kunden zu sparen. Die Menge an Trinkwasser die innerhalb der Lebensdauer eines Gefäßes in den Ausguss liefe, wenn man es nicht einsetzen würde, wirft regelmäßig weniger Kosten auf, als beispielsweise der Austausch eines MAG nach dessen Ableben. Die Einsparung an Trinkwasser als Lebensmittel kann ebenfalls kein Argument sein, zumindest nicht in Deutschland. Bei uns ist die Versorgung absolut kostengünstig gesichert und es ist eher ein zu geringer Verbrauch zu beklagen. Auch, dass das Sicherheitsventil bei fehlendem MAG früher schlapp macht, ist ein Märchen.
Zusammenfassung
Die Herleitung der Gegebenheiten zur Dimensionierung eines MAG sind logisch nachvollziehbar. Schätzen kann man allerdings nur sehr schwer. Man muss schon rechnen, um eine konkrete Größenordnung zu erhalten. Die Anlage wird druckseitig am MAG um 0,2 bar geringer eingestellt, als es der Druckminderer anzeigt. Damit ist gewährleistet, dass die Wasserseite der Membrane des Gefäßes eine Wassermenge aufnimmt und so eine Wölbung nach innen erfolgt. Diese Wölbung in der Bereitschaftsstellung soll dann zu einer längeren Lebensdauer der Membrane führen. Bitte beachten Sie auch, dass ein MAG in einem Trinkwassersystem immer durchflossen eingebaut werden muss. Eventuelle Stagnation ist aus hygienischen Gründen zu unterbinden.