Wie funktioniert der hydraulische Abgleich mit einem Messgerät?
Seit vielen Jahren wird gelehrt und geschrieben zum Thema des hydraulischen Abgleichs. Fast könnte man meinen es ist alles gesagt und mit den vorhandenen Methoden käme man aus. Aber es gibt noch eine ergänzende und sehr schlüssige Maßnahme in diesem Zusammenhang.
Und der Vorteil dieser messtechnischen Kontrolle ist, dass man gute Ergebnisse auch in völlig unbekannten Heizungsrohrnetzen erzielen kann. Wie das gehen soll, lesen Sie hier. Der nachfolgende Text bezieht sich auf Heizkörper. Sinngemäß lassen sich die Zusammenhänge auch auf eine Fußbodenheizung übertragen.
Wozu abgleichen?
Ein Heizkörper stellt seine Wärmeleistung zur Verfügung in dem dieser von Heizungswasser durchströmt wird. Um Wärme an einen Raum abzugeben muss dieser nur ein wenig wärmer sein als der Raum selbst. Und ist der Heizkörper beispielsweise im Mittel 21 °C warm gibt dieser an einen 20-grädigen Raum weniger Wärme ab, als wenn der Heizkörper im Mittel 50 °C warm ist, soviel steht fest. Schickt man nun Heizungswasser von beispielsweise 70 °C in einen Heizkörper und dieses Wasser verlässt den Körper mit 50 °C, so beträgt die mittlere Temperatur 60 °C ((70+50)/2=60). Kühlt das Wasser sich nicht nur auf 50 °C sondern auf 30 °C ab, so beträgt die mittlere Temperatur nur noch 50 °C ((70+30)/2=50). Ein und derselbe Heizkörper gibt also abhängig von seiner mittleren Temperatur auch unterschiedlich viel Leistung ab. Die Entscheidung, ob sich das Wasser nur gering abkühlt (von 70 auf 50 °C) oder deutlicher abkühlt (von 70 auf 30 °C) hängt von der Durchströmung ab. Bei sehr schnellem Durchfluss hat das Wasser gewissermaßen kaum Zeit sich abzukühlen. Bei langsamer Strömung hingegen fällt die Temperatur vom Vorlauf zum Rücklauf stärker ab. Und darin liegt die Begründung für einen hydraulischen Abgleich. Ein Heizkörper, mit hoher Leistung erwartet eine intensivere Durchströmung als ein leistungsschwacher Heizkörper. Eine unterschiedliche Durchströmung kann sich aber schon alleine durch die Tatsache ergeben, dass ein Heizkörper sehr nahe an der Umwälzpumpe eingebaut ist, während eine anderer weit entfernt montiert wurde. Und wenn der weit entfernte Heizkörper auch noch jener ist, der einen extrem hohen Volumenstrom benötigt, dann wird die Schwierigkeit mehrfach deutlich. Greift der Anlagenmechaniker hier nicht regulierend ein, so tritt meist eine Minderleistung an den entfernten Heizkörpern auf. Regulierend eingreifen bedeutet hier, hydraulisch abgleichen.
Erfassen von Grundlagen
Die Vorbereitung des hier vorgestellten Abgleichs beginnt mit drei Schritten:
- Der Leistungsbedarf eines Raumes wird überschlägig anhand der Grundfläche errechnet.
- Vom Leistungsbedarf wird auf den notwendigen Massendurchfluss am Heizkörper geschlossen.
- Vom gewünschten Druckverlust am Thermostatventil kann auf die Voreinstellung dieses Ventils geschlossen werden.
Beispiel:
- Ein Raum in einem Altbau aus den Siebzigern des letzten Jahrtausends hat eine Grundfläche von 10 Quadratmeter. Bei einem geschätzten Wärmebedarf von 100 W/m² ergibt sich eine Anforderung an den Heizkörper von 1000 Watt
- Bei einer angenommenen Temperaturauslegung von 70/55 °C für den Vorlauf/Rücklauf ergibt sich ein gewünschter Massenstrom von ca. 58 kg/h.
- Sollen 58 kg/h Wasser bei einem Druckverlust von 50 mbar durch ein Thermostatventil von Danfoss Typ „RA-N 10“ strömen, so erreicht man dies mit einer Einstellung -5-. Die 50 mbar ergeben sich dabei als Empfehlung des Herstellers. So weit, so gut!
An dieser Stelle ist dem Heizkörper und seinem Ventil natürlich nicht klar, an welcher Stelle im Rohrnetz er sich befindet. Sind es nur drei Meter Rohrlänge zur Umwälzpumpe, oder dreißig Meter. Sind auf dem Weg zu diesem Heizkörper Halb-Zoll-Rohre oder Zwei-Zoll-Rohre verbaut? Welche zusätzlichen Widerstände befinden sich zwischen Pumpe und Heizkörper? Der Einstellwert -5- kann also nur als annähernd korrekt angenommen werden.
Schätzen oder Messen?
Gerade in Altbauten mit größeren Ausmaßen fällt es nun schwer die endgültig richtige Einstellung zu finden, mit der dann tatsächlich der Druckabfall am Ventil bei 50 mbar liegt. Und hier setzt der Hersteller eines besonderen Entlüftungsventils an. Dieses Ventil kann zusätzlich zur manuellen und automatischen Entlüftung noch mehr. Als Hilfe für den hydraulischen Abgleich bietet es den Anschluss für ein Druckmessgerät. Schließt man dieses Ventil an ein Druckmessgerät an, können sich sehr interessante Einblicke ins System ergeben. Die Voraussetzungen für die Messung des Differenzdruckes sind ein voreinstellbares Thermostatventil, eine absperrbare Rücklaufverschraubung und ein konstanter Pumpendruck. Der hydraulische Abgleich nach dem aufgezeigten Schema mit den Punkten von 1.) bis 3.) wird für sämtliche Heizkörper vorgenommen. Sämtlichen Ventilen des Heizsystems wird der Thermostatkopf entfernt. Damit sind diese Ventile voll geöffnet. Die Anlage arbeitet jetzt gewissermaßen unter hydraulischer Volllast. Nun beginnt die Messung am entferntesten, also ungünstigsten Heizkörper. An diesem zeigt sich ein so genannter Umlaufdruck (pu). Schließt man nun die Rücklaufverschraubung, so erhöht sich der angezeigte Druck am Messgerät. Ist die Rücklaufverschraubung komplett geschlossen, so wird ein Maximaldruck erreicht, der so genannte Zulaufdruck (pz). Das Thermostatventil wird nicht mehr durchströmt. Und genau das ist der Punkt. Der Druckverlust am Thermostatventil fällt jetzt weg. Die Differenz zwischen den Um- und Zulaufdruck ergibt sich im Wesentlichen aus dem Druckverlust am voreingestellten Thermostatventil.
Korrekturen notwendig?
Die Erfolgskontrolle beginnt sinnigerweise an dem ungünstigsten Heizkörper. Also jenem, der am weitesten von der Umwälzpumpe entfernt seinen Soll-Volumenstrom bekommen müsste. Beträgt die Druckdifferenz zwischen Umlaufdruck und Zulaufdruck der vom Hersteller geforderten Druckdifferenz für den Ventiltyp, ist die vorher ermittelte Ventileinstellung richtig. Bei einer Abweichung vom empfohlenen Wert kann jetzt die Voreinstellung am Ventil verändert werden. Die Kontrolle der jeweiligen Druckdifferenzen und damit eben auch die Kontrolle des Volumendurchsatzes kann nun für die übrigen Heizkörper durchgeführt werden, die näher an der Pumpe angeschlossen sind. Der Erfolg der rechnerischen Maßnahme kann so kontrolliert und zweckmäßig korrigiert werden. Die einfache Regel die also jetzt zu beachten ist kann man wie folgt zusammenfassen: Kann der ungünstigste Heizkörper ordentlich versorgt werden, so werden die günstigeren Heizkörper allemal einen ausreichenden Volumenstrom bekommen. Der jeweilige Volumenstrom über jeden einzelnen Heizkörper kann mittels der Druckdifferenz zwischen Umlauf- und Zulaufdruck nachvollzogen werden. Einer eventuellen Unter- oder Überversorgung kann man durch Korrektur der Einstellung und anschließender Kontrollmessung begegnen. Eine weitere Erkenntnis kann auch sein, dass die Umwälzpumpe falsch eingestellt ist. Meistens stehen zu große Differenzdrücke und damit Volumenströme seitens der Pumpe an. Entweder man regelt diese dann runter oder ersetzt gegen eine selbstregelnde Hocheffizienzpumpe.
Wer schreibt der bleibt
Diese Vorgehensweise sollte in Formblättern festgehalten werden. Damit zeigt man letztlich auch dem Kunden, welche aufwendigen Tätigkeiten man für ihn durchgeführt hat. Und es lassen sich natürlich auch Ausreißer im Heizungssystem entlarven. Ausreißer sind dann die Heizkörper, die mit der vorgenommenen Grundeinstellung nicht richtig durchströmt werden. Zeigt sich ein pumpennaher Heizkörper also mit einem abweichenden Druckverlust und damit einem falschen Sollwert, so korrigiert man die Einstellung, bis die vorgesehene Druckdifferenz erreicht ist.