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Warmer Hintern in der Laube

Inhalt

Heizlast richtig ermitteln
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Sage mir deine Heizlast und ich sage dir, welche Leistung dein Heizkörper haben sollte. So könnte man die Reihenfolge der Heizlastermittlung beschreiben.
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Gerade jagt mich mein Chef zu einem eher schwierigen, aber zahlungskräftigen Kunden. In seinem Gartenhaus soll ein Heizkörper angebracht werden. Als frisch gebackener Anlagenmechaniker weiß ich natürlich, dass Heizkörper nicht gleich Heizkörper ist. Macht aber nichts, denn es ist Freitag und heute bleibt es bei der schriftlichen Erfassung des dann für Montag nötigen Materials. Das bedeutet aber nicht nur, dass ich die Woche sachte ausschwingen lasse. Das bedeutet auch, dass ich zwei Tage Zeit habe zu überlegen, welcher Heizkörper auf meine Liste gehört. Und wenn ich dem Boss am Montag gleich die nötige Heizleistung sagen kann, macht das ganz bestimmt Eindruck. Also, was kann ich über die Hütte zusammentragen? Ich erhalte den Grundriss und eine Liste der in der Hütte verbauten Materialien. Rundherum nur fünf Zentimeter starke Bretter aus Konstruktionsholz (Fichte, Tanne o. ä.). Das Fenster und die Tür (wegen der besseren Lichtausbeute) sind komplett aus Glas. Der Kundenwunsch: Seine Frau möchte auch im Winter darin ihrer Schreibtätigkeit nachgehen können ohne zu frieren. Wir vereinbaren 20 °C als ausreichend warm für die Dame. Ich beginne die Zusammenstellung der für mich wichtigen Daten. Nachdem ich vor Ort alles erfasst habe, ging es dann ab nach Hause.
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Was gibt die Hülle ab?
Am Samstag setze ich mich dann dran. Ich packe mir die Skizze des Grundrisses inklusive des Schnitts auf den Tisch und beginne ganz schlicht meine Überlegungen. Dank meines Tabellenbuches kann ich die Wärmedurchgangskoeffizienten, in Fachkreisen auch U-Werte genannt, feststellen:
- Außenwand (AW) mit 2,5 W/(m²K)
- Dach (DA) mit 2,0 W/(m²K)
- Fußboden (FB) mit 1,5 W/(m²K))
- Außenfenster (AF) mit 2,0 W/(m²K)
- Außentür (AT) mit 2,0 W/(m²K)
Zuerst prüfe ich, was mit den U-Werten angestellt werden kann. Wie war das noch? Die Einheit ist W/(m²K) also ausgesprochen Watt (eine Leistung) pro Quadratmeter (eine Fläche) und pro Kelvin (also eine Temperaturdifferenz). Damit werde ich folglich die Leistungsabgabe der jeweiligen Außenbauteile berechnen können. Denn wenn ich die Leistung in Watt für einen Quadratmeter Fläche benennen kann, dann geht das auch für z. B. 10 Quadratmeter. Und wenn ich die Leistung in Watt für ein Kelvin Temperaturdifferenz benennen kann, dann geht das auch für z. B. 30 Kelvin.

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Im Norden geht’s los
Auf der Nordseite befindet sich eine Außenwand (AW) ohne Fenster. Die AW schleppt sich mit einem U-Wert von 2,5 W/(m²K) dahin. Die Länge beträgt vier Meter und die Höhe 2,50 Meter. Alles klar, das sind 4 m x 2,5 m also 10 Quadratmeter. Die Frau meines Kunden will bei 20 °C Raumtemperatur auch im tiefsten Winter in dieser Laube hocken. Was bedeutet tiefster Winter für diesen Kunden? Ich entschließe mich diesen „worst case“ (ungünstigsten Fall) bei -10 °C anzusetzen. Wenn es noch kälter werden sollte, soll sie doch lieber ins Haus gehen. Mit der Temperaturdifferenz lässt sich dafür aber sehr leicht rechnen. Zwischen drinnen mit 20 °C und draußen mit -10 °C ergibt sich die Differenz von 30 K. An dieser AW mit 2,5er U-Wert und mit 10 m² Fläche gehen bei einer Temperaturdifferenz von 30 K dann
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2,5 W/(m²K) x 10 m² x 30 K = 750 W
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750 Watt Wärmeleistung an den kalten Winterhimmel.
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Ich arbeite im Uhrzeigersinn weiter und nehme mir die nächste Wand vor: AW im Osten mit gleichem U-Wert und gleiche Temperaturdifferenz, aber anderer Fläche, nämlich: 5 m x 2,5 m = 12,5 m². Und in dieser Fläche steckt ja auch noch das Außenfenster (AF) mit 1 m x 1,5 m = 1,5 m². Daraus schlussfolgere ich messerscharf: Die AW im Osten gibt bei 12,5 m² minus 1,5 m², also auf einer Fläche von 11 m² Wärme ab. Also rechne ich:
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2,5 W/(m²K) x 11 m² x 30 K = 825 W
Das AF mit dem U-Wert von 2,0 W/(m²K) ergibt einen Verlust von

2,0 W/(m²K) x 1,5 m² x 30 K = 90 W
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Zum Vergrössern aufs Bild klicken.
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Ein Blick nach Süden
Im Süden geht es weiter: In dieser Außenwand mit brutto (also ohne Abzüge) 10 m² stecken Außentür (AT) und AF. Netto, also abzüglich dieser beiden Unterbrechungen bleiben 6,5 m². Ich folgere mit enormer Spitzfindigkeit:
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2,5 W/(m²K) x 6,5 m² x 30 K = 487,5 W
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Es werden hier 487,5 W verpulvert, wohlgemerkt bei meinem eigenen Szenario mit den selbst gewählten -10 °C Außentemperatur. Zu berücksichtigen sind dann noch die AT und das AF.
Für AT gilt:
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2,0 W/(m²K) x 2,0 m² x 30 K = 120 W
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Das AF im Süden verhält sich genauso wie das bereits berechnete im Osten. Also schlagen hier 90 W Wärmeverlust zu Buche. Mir bleibt die AW im Westen. Die ist glücklicherweise identisch mit der Ostwand. Der Fußboden dieses unterlüfteten Gartenhauses, mit einem U-Wert von 1,5 W/(m²K), grenzt ebenfalls an -10 °C. Daher werden dort, bei einer Fläche von 5 m x 4 m = 20 m² auch noch
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1,5 W/(m²K) x 20 m² x 30 K = 900 W
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abgegeben. Das Flachdach auf diesem Schuhkarton gibt bei gleicher Fläche und einem U-Wert von 2,0 W/(m²K) auch noch Wärme ab, nämlich
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2,0 W/(m²K) x 20 m² x 30 K = 1200 W
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Nachdem das soweit klar ist, fasse ich die Wärmeverluste zusammen:
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Ich bin sehr zufrieden mit meinen Leistungen und insbesondere mit der Leistung für diesen zukünftigen Heizkörper; vielleicht werden es auch drei Stück also unter jedem Fenster einer. Mir fällt aber noch etwas auf: Der Kunde und seine Frau, diese verhinderte Schriftstellerin, wollen ja auch noch atmen und die Luft die dazu benötigt wird, sollte irgendwann mal von draußen kommen, also gegen Frischluft ersetzt werden.
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Nach Luft schnappen
Ich berate mich mit einigen Kollegen unterschiedlichster Ausrichtung. Hygienefanatiker, geizige Schotten und einige andere Ideenspender schaffen allerhand Verwirrungen. Nach intensiver Denkpause legte ich den Luftwechsel fest. Das Raumvolumen möchte ich in zwei Stunden komplett austauschen können, ohne dass die Temperatur absinkt. Und wieder gilt mein „worst case“, also -10 °C. Das Raumvolumen rechne ich pingelig genau aus:
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3,9 m x 4,9 m x 2,45m = 46,82 m³
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Die Hälft davon möchte ich pro Stunde gegen Frischluft tauschen. Das bedeutet einen Volumenstrom an Luft von 23,41 m³/h. Um einen Kubikmeter Luft ein Grad wärmer zu bekommen benötigt man laut Tabellenbuch 0,34 Wh an Energie. Ich möchte in einer Stunde 23,41 m³ von -10 °C auf 20 °C erwärmen, also ist die Differenz 30 K. Ich rechne:
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0,34 Wh/(m³K) x 23,41 m³/h x 30 K = 238,8W
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Großzügig, wie ich immer bin, runde ich den Betrag auf. Es sollen 239 Watt für den angestrebten Luftwechsel zur Verfügung stehen. Diese 239 Watt zusammen mit den zuvor berechneten Verlusten der Hülle ergeben eine stolze Summe. Zusammen sollen die drei noch zu bestimmenden Heizkörper unter den Fenstern eine Leistung von
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Hülle 5378 W
Lüftung 239 W
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Summe 5617 W
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5617 Watt erreichen. Ganz stolz habe ich am Montag dann dem Chef meine laienhaften Berechnungen dargelegt. Und was macht der? Er lacht mich aus. Diese 20 Quadratmeter dürften nach seiner Meinung locker mit 2000 Watt auskommen. Zur Sicherheit, sagt er, würde er großzügig 500 Watt drauflegen. Wir sind uns mal wieder nicht einig. 2500 Watt gegen 5617 Watt. Gebieter gegen Klugscheißer. Aber er lässt sich erweichen ein salomonisches Urteil zu fällen. Er bittet ein Ingenieurbüro um eine professionelle Berechnung. Unsere Abmachung: Wer von uns am nächsten das Ergebnis gepeilt hätte, ist der Sieger. Der Verlierer bezahlt die Berechnung des Büros. Top, die Wette gilt.
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100 W/m² gegen Klugscheißerei…
Das Ergebnis des Büros lässt nicht lange auf sich warten. Und? Mein gesunder Menschenverstand und meine scharfsinnigen Überlegungen siegen über die Erfahrungswerte meines Chefs. Seine magischen 100 Watt pro Quadratmeter liegen fernab jeder seriösen Berechnung. Leider kostete die Berechnung des Büros nur 50 €. Das Lehrgeld, das er zahlen sollte, hätte ich mir etwas üppiger gewünscht. Aber was war an meiner Rechnung noch falsch gelaufen? Oder besser: Wo habe ich noch nicht so ganz richtig gelegen? Im Formblatt des Büros sind die von mir angesetzten U-Werte ebenso aufgeführt wie der von mir angesetzte Luftwechsel. Aber so ganz decken sich die Endergebnisse ja dann doch nicht mit den meinen. Der wesentliche Unterschied, erklärt man mir auf Nachfrage, sei die Annahme von Wärmebrücken. Während in meinem logischen Ansatz die U-Werte der Laube den Ausschlag gaben, würden nach der Norm noch Wärmebrücken einbezogen. Jedes Bauteil würde entweder 0,05 W/(m²K) oder 0,1 W/(m²K) als Wärmebrückenanteil auf den eigentlichen U-Wert drauf bekommen. Ansonsten wäre mein rechnerischer Ansatz sehr gut. Die Heizlast wird in der Praxis gemäß einer Norm berechnet. Die entsprechende Norm zur Heizlast ist auf europäische Füße gestellt worden. Nationale Sonderregeln bringen entsprechende Besonderheiten der Länder in die Berechnung mit ein. Ausführlich heißt diese Rechenregel „Verfahren zur Berechnung der Norm-Heizlast“ [1]. Zuletzt wurde diese Norm im Juli 2008 überarbeitet. Meine hervorragenden und grundsätzlich richtigen Ansätze werden in dieser Norm ebenfalls gemacht. Zusätzlich werden viele Details geregelt. Zum Beispiel wird mein „worst case“ mit -10 °C für die Außentemperatur etwas genauer beschrieben. Basierend auf Wetterdaten für alle Orte mit mehr als 20000 Einwohner sind in dieser Norm daher die Tiefsttemperaturen gelistet. Dann gibt es noch Detailregelungen für besondere Bauteile. Zum Beispiel so genannte erdreichberührte Bauteile, wie eine Kellerwand, verhalten sich anders als in meinem Ansatz beschrieben.
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Mit meinen Überlegungen bin ich aber insgesamt sehr gut unterwegs. Für manche überschlägige Betrachtung ist es durchaus akzeptabel in dieser Form zu einem schnellen Ergebnis zu kommen. In der Praxis wird die Heizlast per EDV gerechnet. Die am Markt erhältlichen Programme zur Heizlastberechnung unterstützen in vielerlei Hinsicht. Und abschließend kann dann sofort innerhalb des Programms die Heizfläche ermittelt werden… Ach ja, das muss jetzt auch noch machen. Mal schauen, was ich zur Heizkörperbestimmung noch an tollen Ideen habe.

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Literaturnachweis:
[1] DIN EN 12831: Heizungsanlagen in Gebäuden - Verfahren zur Berechnung der Norm-Heizlast

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