Wie entsteht eigentlich das Knarren eines Rohres?
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Der technikverliebte Anlagenmechaniker mag sich vielleicht an dem gesunden düsenhaften Sound eines intakten Öl-Brenners erfreuen, wenn dieser die zweite Stufe zuschaltet. Dem Kunden hingegen ist die Ruhe lieber. Aber so dann und wann macht sich die Heizung leider auch außerhalb des Heizungskellers akustisch bemerkbar.
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Besonders störend werden natürlich die Geräusche empfunden, die einen in der Nacht im Schlafzimmer aus dem Schlummer reißen. Wenn dann ein deutliches Knarren vernehmbar ist, das nach kurzer Zeit wieder endet, kann die Heizungsanlage dahinter stecken. Hervorgerufen durch eine Ausdehnung der Rohrleitung, kann sich Schall entwickeln, der auch mal als störend oder gar nervtötend erlebt wird. Wie aber entsteht ein solches Geräusch - und vor allem, wie kann man es vermeiden?
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Ausdehnung als Anschub
Ursache dieses Geräusches ist die Längenausdehnung der Heizungsrohre. Diese Rohre werden in der Regel durch Halterungen befestigt und so in ihrer Position fixiert. Insbesondere die Montage im Altbau, hinter einer entsprechenden Fußleiste, ist im Bereich der Sanierung sehr beliebt. So verlaufen Rohre auf einer Länge von gerne auch mal zehn Metern an der Außenwand (innen natürlich) des Hauses entlang und versorgen auf dieser Strecke einige Heizkörper. Kommt nun aus dem Keller des Hauses ein entsprechend heißer Schluck Heizungswasser, werden die vielleicht 15 Grad kalten Leitungen schlagartig auf 60 Grad erwärmt. Die Folge ist natürlich eine entsprechende Ausdehnung. Die Halter verhindern die Ausdehnung nur solange, wie die Spannung, welche aus der Ausdehnung resultiert, schwächer ist als die Haltekraft für die Längsbewegung. Das Rohr rutscht bei einer Überschreitung der Haltekraft dann kurz durch und baut so die entstandene Spannung leicht ab. Diese steigt dann sofort wieder an, um kurz darauf erneut das Rohr ein Stückchen weiter zu schieben. Das Ganze spielt sich natürlich im winzig kleinen Bereich ab. Und meistens tritt das Ereignis auch nur während der schlagartigen Erwärmung auf. Die langsam verlaufende Abkühlung sorgt daher nicht für diesen geräuschvollen Stop-and-go-Verkehr. Das Geräusch entsteht also durch das wiederholte Überwinden der Haltekraft, wodurch sich die Dehnungsspannung kurzzeitig abbaut und dann wiederum zu einer Spitze anschwillt. Die Fachwelt nennt dieses Phänomen den Stick-Slip-Effekt (engl. stick „haften“ und slip „gleiten“), beziehungsweise den Haftgleiteffekt.
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Geräusche eindämmen
Das schaurige Knarren oder auch Quietschen einer Tür in einem Gruselfilm entsteht durch die gleichen Mechanismen. Auch Eisen- und Straßenbahnen verhalten sich beim Bremsen und Anfahren unter Abgabe eines schrillen Tons abwechselnd haftend und dann wieder gleitend. Die quietschende und fast in den Wahnsinn treibende Tafelkreide ist ebenfalls ein Opfer von Stick und Slip, genauso wie knarrende Lederschuhe. Eine gewünschte und dabei künstlerische Anwendung ist das Streichen einer Geige. Der Bogen mit seinen rauen Schweifhaaren eines Pferdes „stickt“ und „slipt“ eben auch über die unterschiedlich gespannten Saiten des Instruments. Hierbei ist ein ganz besonderes Maß an Feinarbeit notwendig um den Effekt genau lenken zu können. Um den Effekt abzustellen kann einfach das Wechselspiel, also das Haften und Gleiten, unterbunden werden. Daher sollte im Heizungsbau gegebenenfalls die Halterung entsprechend festgesetzt werden (das Haften wird forciert) oder es sollte die Halterung gelöst werden (das Gleiten wird erleichtert). Es kann auch über eine Schmierung der Berührungspunkte zwischen Halterung Rohr nachgedacht werden. Ein Silikonöl kann dabei sehr gute Dienste leisten.
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Dann herrscht (zumindest außerhalb des Heizungskellers) Ruhe, was die Heizungsanlage angeht. Und auch im Schlafzimmer knarrt und quietscht es nicht mehr.
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