Behaglichkeit
Wer kennt das nicht – der Kunde klagt über eine zu kalte Bude obwohl das Thermometer 22°C anzeigt. Sicherlich keine Seltenheit, vor allem im Altbau.
Natürlich kann der Monteur mit seinem Digitalthermometer den Kunden als Spinner abtun und auf die normgerechte Erreichung von 20°C verweisen. Sprüche wie: „Wenn der so stark friert, soll er sich halt’n Pullover anziehen oder sich warme Gedanken machen“, sind mit Sicherheit keine Seltenheit. Nur schade, dass das dem Kunden nicht weiterhilft sondern vielmehr dafür sorgt ihn zur Konkurrenz zu jagen.
Was ist Behaglichkeit
Behaglichkeit ist eine subjektive Größe. Die Umgebungstemperatur, bei der sich ein Mensch wohlfühlt ist individuell unterschiedlich und liegt meist zwischen 20 und 22 °C. Jedoch spielen weitere Faktoren eine wichtige Rolle. Deswegen spricht man in Bezug auf Behaglichkeit auch von einer gefühlten oder operativen Temperatur. Diese operative Temperatur ist ein Mittelwert aus Lufttemperatur und Oberflächentemperatur der Umgebungsflächen. Neben der Raum- und Oberflächentemperatur spielen noch Strahlungsasymmetrie, vertikaler Lufttemperaturgradient, Luftgeschwindigkeit und Raumluftfeuchte eine Rolle.
Strahlungsasymmetrien
Unter Strahlungsasymmetrien versteht man den Temperaturunterschied verschiedener Raumumschließungsflächen. Das kann zum Beispiel eine Ecke sein, in der eine Innenwand an eine Außenwand grenzt. Im ungedämmten Altbau oder nach einer längeren Heizpause, zum Beispiel nach dem Winterurlaub, kann es vorkommen, dass die Außenwand noch eiskalt ist, während sich die Innenwand wieder der Raumlufttemperatur angenähert hat. Herrschen hier Temperaturunterschiede von mehr als 5K wird dieses schon als unangenehm empfunden. Des Weiteren sollte die Wandoberflächentemperatur nicht mehr als 4K von der Raumlufttemperatur abweichen um keine Behaglichkeitsdefizite hervor zu rufen.
Der vertikale Lufttemperaturgradient
Dieser beschreibt einen vertikalen Temperaturverlauf im Raum. Weil warme Luft leichter ist als kalte steigt die Lufttemperatur zur Zimmerdecke hin an. Es sollte ein Temperaturunterschied kleiner als 3 Kelvin angestrebt werden.
In Bezug auf das Zugluftrisiko sollten Geschwindigkeiten von 0,2 m/s nicht überschritten werden. Gleichzeitig muss aber auch der Luftwechsel im Raum sichergestellt sein weil die meisten Menschen nicht gerne im warmen „Mief“ sitzen.
Die relative Luftfeuchtigkeit im Raum sollte zwischen 30% und 70% liegen. Bei mehr als 50% relativer Luftfeuchtigkeit sinkt die Gefahr der elektrostatischen Aufladung und damit auch die manchmal unangenehme Entladung. Zu trockene Luft sorgt, neben den Stromblitzen auf der Haut auch für ein unangenehmes und erkältungsförderndes Austrocknen der Schleimhäute und Atemwege. Hohe Luftfeuchtigkeit wird hingegen als schwül empfunden.
Auf die Alten hören
Früher war alles besser! – Stimmt vielleicht in Sachen Heizkörper. Bei den alten Heizungsbauern gab es die Frage nach der Anordnung der Heizkörper im Raum nicht. Diese hingen fast immer in ihrer Nische unter dem Fenster. Der heutige Trend zu mehr Licht und großen, bis zum Boden reichenden Glasflächen, stellt den Heizungsbauer vor die Frage „Wohin mit meinem Heizkörpern?“.Die beste Lösung wäre oftmals der Einsatz einer Fußbodenheizung, was manchmal aber an immer noch grassierenden Vorurteilen scheitert. Also wird der Heizkörper seitlich vom Fenster an die Wand gedübelt, oder im schlimmsten Fall, auf die dem Fenster gegenüberliegende Wand. Dabei sollte man beachten, dass der Wärmedurchgangswert selbst moderner Fenster schlechter ist als jener der Außenwände. Ein Heizkörper unterhalb der kalten Fläche gleicht also den erhöhten Wärmeverlust aus, bevor der Bewohner im Sessel etwas davon merkt. Auch durch Fugen oder ein gekipptes Fenster einströmende Kaltluft wird erwärmt bevor sie den Raum durchströmt. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass der Heizkörper ausreichend breit gewählt wurde, also möglichst so breit ist wie das Fenster. Wenn die Fensterfläch links und rechts 50 cm größer ist als der gerippte oder profilierte Kumpel fällt die Kaltluft einfach daran vorbei. Ein Heizkörper seitlich vom Fenster kann seine Aufgaben ebenso sehr viel schlechter erfüllen, weil er einfach zu weit vom Geschehen, sprich von der Kaltfront weg ist. Der Ausnahmezustand für die Behaglichkeit bleibt aber eine Anordnung an der gegenüberliegenden Wand. Die Luftbewegung findet genau entgegengesetzt der Sollvariante statt. Die vom Heizkörper erwärmte Luft steigt auf und strömt an der Zimmerdecke Richtung Fenster. Dort kühlt sie deutlich ab und strömt, während ihr eisiger Atem die Füße der Bewohner umschmeichelt, zurück zum Heizkörper um sich für die Zimmerdecke wieder aufzuwärmen. Die Folge sind Strahlungsasymmetrien im Fensterbereich, Zugerscheinungen und Fußkälte.
Problemlöser
Bei bodentiefen Fenstern sollte ein genauere Betrachtung der Situation erfolgen. Wichtig ist es den Kunden kompetent zu beraten und vernünftige Lösungen in petto zu haben. Im Idealfall lässt sich der Kunde von einer Fußbodenheizung überzeugen. Nach Möglichkeit wird vor den Fensterflächen eine Randzone mit höherer Oberflächentemperatur vorgesehen. Möchte der Kunde aber partout keine Fußbodenheizung in seinem Heim haben, besteht auch die Möglichkeit sogenannte Unterflurkonvektoren in den Fußboden einzubauen. Diese kommen Beispielsweise häufig in Wintergärten oder Hallenschwimmbädern zum Einsatz um die kälteren Glasfronten abzuschirmen. Wenn auch die Variante den Bauherrn nicht überzeugt bleibt fast nur noch die Möglichkeit die Heizflächen seitlich vom Fenster anzuordnen. Durch den gleichzeitigen Einsatz von moderner, edelgasgefüllter und 3-fach verglaster Fenster kann so noch eine den Umständen entsprechend höchstmögliche Behaglichkeit gewährleistet werden. Nur die Idee, Heizkörper gegenüber vom Fenster zu montieren sollte nicht erwogen werden. Sollte ein Kunde völlig beratungsresistent erscheinen, ist es im eigenen Interesse ratsam die Bedenken gegenüber Kunde-König schriftlich zu äußern.
Luxus pur
Pure Wohlfühl-Atmosphäre kann man genießen, wenn zusätzlich zur Fußbodenheizung auch eine Wandflächenheizung das Heim erwärmt. Durch die gleichmäßig warmen Umgebungsflächen stellt sich die Behaglichkeit oft schon bei 18°C Raumtemperatur ein. Am Ende wird durch die geringere Raumtemperatur also dann auch noch teure Heizenergie gespart. Auch die Luftgeschwindigkeit sinkt durch die gleichmäßige Erwärmung der Luft und lässt den Staub auf dem Boden liegen.
Resumée
Auch wenn die Wärmedämmstandards und Baustoffe immer besser werden, muss der korrekten Anordnung von Heizkörpern Beachtung geschenkt werden. Durch den immer höheren Dämmstandard steigt die Wandoberflächentemperatur und damit die Behaglichkeit. Schwachpunkte bleiben aber nach vie vor die Fenster. Denn auch, oder gerade wenn es draußen besonders kalt, ist müssen diese sonst luftdichten Schleusen geöffnet werden um die wasserdampfangereicherte und verbrauchte Luft gegen frische auszutauschen, und die muss eben fix erwärmt werden. Wenn das Haus fertig gebaut ist und im ersten Winter die Beschwerden eintrudeln ist ein Umbau der Heizsituation oft nur mit Schmutz und viel Aufwand möglich, so dass erstmal die Vorlauftemperatur angehoben wird oder die Heizflächen vergrößert werden. Diese Sofortmaßnahmen treiben im schlechtesten Fall die Energieeffizienz der Anlage in den Keller und die Heizkosten nach oben. Man denke zum Beispiel an einen sanierten Altbau mit Wärmepumpe und Heizkörpern. Jedes Grad Celsius mehr Vorlauftemperatur bedeutet zwangsläufig eine Verminderung der Jahresarbeitszahl und damit der Wirtschaftlichkeit.
Aus diesem Grund ist es unerlässlich mit den Heizkörpern nicht nur die ermittelte Heizlast abzudecken, sondern auch das Raumklima so weit möglich im Blick zu haben.
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