Ventile und ihre Eigenschaften
Kann man das, was ein Regelventil von Honewell kann nur mit diesem erledigen. Oder kann der alte Heimeier, die gute Frau Danfoss, Baby Oventrop oder MNG etwas Ähnliches bieten?
Wie immer, wenn im SBZ Monteur solch eine Frage gestellt wird, gibt es interessante Antworten und ein wenig Grundlagen für Anlagenmechaniker.
Was wird verlangt?
Nehmen wir uns als Beispiel ein schlichtes Thermostatventil (THV). Irgendwo im weit verzweigten System eines Heizungsrohrnetzes soll es den bedarfsgerechten Volumenstrom zu einem Heizkörper organisieren. Dazu ist erstmal interessant, wie hoch die Leistung des Heizkörpers (HK) ist und mit welcher Spreizung dieser ausgelegt wurde. Beispielsweise könnte der Heizkörper mit 1000 Watt bei 10 Kelvin Spreizung arbeiten. Dann müsste im Auslegungsfall, also beispielsweise bei minus 12 °C Außentemperatur, ein vorgegebener Volumenstrom durch diesen HK fließen.
Rund 86 Kilogramm Heizwasser werden also pro Stunde durch diesen Heizkörper fließen, wenn dieser die vorgesehenen 1000 Watt Leitung abgibt.
Wo wird es verlangt?
Die Position dieses Heizkörpers im Netz ist aber noch nicht genau beschrieben worden. Es könnte der letzte Heizkörper im vierten Obergeschoss des Mehrfamilienhauses sein, mit einer Leitungslänge von insgesamt 400 Meter. Oder dieser Heizkörper sitzt direkt über dem Heizraum und damit nahe bei der Umwälzpumpe mit einer Anbindelänge von insgesamt nur 4 Meter.
Sie merken bereits jetzt, dass diese beiden Bedingungen deutlich voneinander abweichen. Wenn Sie eine Prognose abgeben sollten, welche Position wohl eher zu einer Unterversorgung neigt, fällt die Auswahl nicht sonderlich schwer. Es ist natürlich der HK mit 400 Meter Anbindelänge. Das System muss also insgesamt hydraulisch abgeglichen werden um jedem HK im System gerecht zu werden. Aber es geht noch um eine weitere Bedingung.
Druckverlust am Ventil
Das THV könnte ein vierzölliges Ventil sein durch das man locker eine Hand schieben kann.
Es könnte aber auch ein winziges Ventil sein, 1/60 Zoll groß und aus einem Modellbaukasten für Dampfmaschinen.
Beide Ventile könnten theoretisch den Volumenstrom zu diesem HK regulieren. Beide Extreme haben Sie aber sicherlich noch nicht vor einem stinknormalen HK gesehen. Aus gutem Grund.
Das große Ventil würde kaum Einfluss nehmen auf den Volumenstrom durch den Heizkörper. Nur die letzten Bruchteile eines Millimeters würden beim Schließen den Volumenstrom entscheidend verändern. Das kleine Ventil würde schon bei voller Öffnung mehr Druck abbauen, als das gesamte Rohrnetz zu diesem HK. Und jeder Bruchteil eines Millimeters würde enorme Veränderungen in der Durchströmung des HK verursachen.
Beide Ventile würden funktionieren, sie hätten aber unterschiedliche Ventilautoritäten. Das vierzöllige Ventil hätte kaum Autorität, das winzige 1/60-Zoll-Ventil wäre streng autoritär.
Geforderte Ventilautoritäten
In der Praxis werden Ventilautoritäten zwischen 30 und 70 Prozent gefordert. Das bedeutet, beispielsweise für eine Ventilautorität von 30 %, dass bezogen auf den Gesamtdruckverlust 30 % auf das Ventil entfallen. Hört sich einfach an, wird aber gerne und oft falsch interpretiert.
Daher ein Beispiel:
Nach einer abgeschlossenen Rohrnetzberechnung stellt sich heraus, dass der Druckverlust zu dem ungünstigsten Heizkörper 50.000 Pa beträgt. Das Thermostatventil dieses Heizkörpers soll eine Ventilautorität von 30 % haben. Das bedeutet, dass die genannten 50000 Pa lediglich 70 % ausmachen. Das Ventil müsste folglich einen Druckverlust von 21429 Pa aufweisen.
((50.000/0,7) - 50000)
Weiter geht´s mit den Theorien.
Auswahl des Beispielventils
Dieses THV kann man natürlich von den meisten Herstellern bekommen. Damit ist die Eingangsfrage beantwortet. Aber welchen Wert kann man nun angeben um beim Großhandel das korrekte Ventil bestellen zu können.
Wenn man ein Ventil bestellen würde nach dem Motto:
„Der Druckverlust bei einem Massendurchsatz von 86 Kilogramm pro Stunde soll 21429 Pascal betragen,“
dann wird der Großhändler mit den Augen rollen.
Der möchte schon gerne einen Kennwert haben, der etwas allgemeiner gehalten ist.
Darum fragt er dann sinngemäß: Welchen Volumenstrom möchten Sie denn durch das Ventil jagen, bei einem Druckverlust von 100000 Pascal?
Die Frage hört sich nur bescheuert an, meint aber letztlich den so genannten Kv-Wert eines Ventils.
Der errechnet sich so:
wobei gilt:
Kv = Durchflusskoeffizient in m³/h
Q = Volumendurchfluss in m³/h
ρ = Dichte in kg/l
Δp = Druckdifferenz (Eintrittsdruck - Austrittsdruck) in bar
Für das angegebene Beispiel gilt dann:
Auf die bescheuerte Frage des Großhändlers können Sie also noch bescheuerter antworten:
Ich hätte gerne ein Ventil, das bei einem Druckverlust von 1 bar einen Volumenstrom von 0,186 m³/h durchlässt. Einsetzen werde ich es aber unter anderen Bedingungen (die sage ich ihnen aber nicht, Ätsch!)“.
So ist das aber mit dem Kv-Wert. Man bezieht den Volumenstrom immer auf einen Druckverlust von 1 bar. Wofür man das Ventil letztlich einsetzt braucht man dann nicht genau beschreiben.
Auslegung in der Praxis
Zuerst einmal wird dieser Wert in der Praxis durch Computerprogramme berechnet. Jede Software, die einigermaßen mit Heizungsrohrnetzen umgehen kann, weist in der Dokumentation für jedes Thermostatventil den entsprechenden Kv-Wert aus.
Wenn Sie jetzt gedanklich nochmals dieses Bild bemühen mit dem einen HK und der Rohrlänge von 400 Meter und dem krassen Gegenteil von nur 4 Meter wird ein weiterer Trend klar.
Der ungünstig gelegene HK bekommt zu seinem ohnehin schon fetten Druckverlust durch das Rohrnetz nochmals ein Päckchen drauf, nämlich das THV mit einer Ventilautorität von mindestens 30 %. Sämtliche andere HK liegen deutlich günstiger, was den Strömungsverlauf angeht. Wegen des notwendigen hydraulischen Abgleichs werden diese aber auf den gleichen Druckverlust gebracht wie der ungünstigste HK. Also wird der geforderte Druckverlust im Ventil für die günstiger gelegenen HK immer größer. Die Ventilautorität steigt also. Auf den Punkt gebracht könnte man dann festhalten, dass das THV des entferntesten HK die geringste Autorität besitzt und das THV des günstigsten HK die höchste Autorität erhält.
Austauschbarkeit in der Praxis
Die Hersteller von THV pflegen unterschiedliche Philosophien, was die Einstellung von Kv-Werten betrifft. So kann man zum Beispiel bei Danfoss ein THV bekommen, das Einstellwerte auf einer Skala von 1 bis 7 zulässt. Die Kv-Werte zwischen diesen Einstellungen werden in Tabellen oder Diagrammen und, sehr elegant auf Datenschiebern abgebildet. Unabhängig von der Darstellungsart entspricht aber eine Stellung 3 des Danfoss THV nicht der Stellung 3 des Honeywell THV. Der Schlüssel für die Anpassung ist also immer der geforderte Kv-Wert. Man liest ab, welchem Kv-Wert die jeweilige Einstellung entspricht und setzt ein entsprechendes Ventil eines anderen Herstellers mit dem passenden Einstellwert ein. Hört sich ebenfalls verwirrend an, ist aber letztlich nicht sehr kompliziert. Hydraulisch ähnlich sind also nicht die Einstellwerte von Honeywell oder Danfoss. Bei gleichen Kv-Werten reagieren beide Ventile hydraulisch genau gleich.