Wenn im Kundenhaus etwas beschädigt wird
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Wer arbeitet, macht auch mal Fehler. Schief gehen kann immer etwas, selbst wenn man noch so vorsichtig ist. Wenn durch ein Missgeschick das Eigentum des Kunden beschädigt wird, können die Emotionen schnell hochkochen. Jetzt muss der Anlagenmechaniker geschickt die Brisanz aus der Situation nehmen und für Rechtsicherheit sorgen.
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Das Badezimmer im Privathaus von Dr. Tiehlmann stand zur Renovierung an. Im Obergeschoss gelegen ist es über einen gediegen mit Holz vertäfelten Treppenbereich zu erreichen. Volker und Dieter hatten ihren Arbeitsplatz gut präpariert. Die Holztreppe mit Filzmatten abgedeckt, darüber - zur Vorsicht - auch noch eine Abdeckplane gelegt. Aber genau in der blieb Volker mit dem Fuß hängen, als sie die große Stahl-Badewanne nach oben trugen. Volker rutsche die Wanne aus den Händen, Dieter war machtlos. Und so wurde die rutschende Wanne auf ihrem Weg nach unten von der Vertäfelung gebremst. Ergebnis: Tiefe Kratzer in der Holzwand.
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Aufdringlich unverbindlich
Eine grausame Tatsache. Dem ersten Gefühl folgend möchte man in solchen Situationen am liebsten ganz unauffällig „La Paloma“ pfeifen und sich verkrümeln. Geht aber nicht, denn die Entdeckung des Schadens durch den Hausherrn ist in solchen Fällen nur eine Frage der Zeit. Volker und Dieter blieb also nichts anderes übrig, als Dr. Tiehlmann über das Malheur zu informieren. Auf zur Flucht nach vorn! Und damit kommt man in eine sehr sensible Situation. Denn zunächst ist der Geschädigte natürlich sauer. Auf Aussagen wie „20 Jahre hat es gehalten, bis Sie kamen...“ oder „Mann, konnten Sie denn nicht aufpassen...?“ muss man sich von vornherein seelisch einstellen. Auf Kommentare dazu oder gar Rechtfertigungen („Ich möchte Sie mal sehen, wenn Sie eine so schwere Wanne tragen müssten!“) sollte man unbedingt verzichten. Sie würden den Beginn einer Diskussion bedeuten, die man als Monteur nur verlieren kann. Vielmehr muss man sein Bedauern zum Ausdruck bringen (egal ob echt oder nicht; es muss echt klingen!). Und dann muss gleich deutlich werden, dass die Sache für einen damit keinesfalls erledigt ist. Jetzt kommt die zweite Gratwanderung: Der Kunde muss das Gefühl haben, dass alles wieder gut wird. Gleichzeitig darf man aber keine verbindlichen Zusagen machen, ohne vorher mit dem Chef gesprochen zu haben.
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Klarstellen, was passiert ist
Am Besten ist es, wenn man vor Ort den tatsächlich entstandenen Schaden möglichst genau aufnimmt. Ein paar Fotos mit der Digitalkamera sichern das, was wirklich passiert ist. Dann sollte in Stichworten notiert werden, welche Beanstandung vorliegt. Art und Umfang des Schadens sind möglichst genau zu bezeichnen. Kunde und Unternehmen besitzen damit eine schriftliche Unterlage. Am besten lässt man die Aufnahme des Schadens vom Kunden unterschreiben. Außerdem kann man dadurch absichern, dass weitere Schäden, die man als Monteur echt nicht zu verantworten hat, plötzlich später mit angeführt werden. Die Aufnahme des Schadens in dieser Form ermöglicht es dem Chef auch, der Versicherung den Fall möglichst genau zu schildern. Ist alles erfasst, muss dem Kunden sofort eine Aktion angekündigt werden: „Herr Dr. Tiehlmann, wenn wir morgen wieder zu Ihnen kommen, dann kann ich Ihnen sicher sagen, wie und wann wir das Malheur beseitigen lassen.“ Auf diese Weise ist der Schaden, den es zu beseitigen gilt, klar umrissen. Der Geschädigte weiß, dass etwas passieren wird. Vor allem ist man selbst erst einmal vor Ort aus der Schusslinie - und das noch ganz souverän.
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Was bleibt ist die Tatsache, dass etwas passiert ist. Die sollte man nicht so einfach unter der Kategorie „shit happens“ ablegen. Besser ist es zu analysieren, warum es passiert ist. Denn aus Fehlern kann man lernen. Erkennen Volker und Dieter, dass die Nummer mit der Abdeckplane zwar gut gemeint, aber dann doch nicht so gut gewesen ist, wissen sie genau, wie man es künftig nicht mehr machen sollte.
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von Rolf Leicher