Rohre für Gasleitungen
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Wer die Wahl hat, der hat die Qual - das weiß der Volksmund - und er hat damit sogar Recht. Zumindest, was die Material-Entscheidung bei der Erstellung von Gas-Installationen angeht. Mit Erscheinen der TRGI 2008 sind bewährte Rohrtypen bestätigt worden und neue dazugekommen.
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Rohre, die als Gasleitung Verwendung finden sollen, müssen gewisse Eigenschaften besitzen. Es kann folglich nicht alles, was man als Rohr bezeichnen kann, zum Einsatz kommen. Um herauszufinden, welches Rohr nun geeignet ist, hilft ein Blick in die Technischen Regeln für Gas-Installationen, dem DVGW-Arbeitsblatt G 600 [1]. Hier werden die Produktnormen der Rohre genannt, die sich für Gas-Installationen eignen.
Kupferrohre jetzt dünner
Ist diese Produktnorm auch auf dem Rohr angegeben, spricht man von einem „Verwendungsnachweis durch Normentsprechung“ oder schlichtweg von einem „Werksnachweis“. Ein Zertifizierungszeichen ist nicht erforderlich. Als Baumuster geprüft und zugelassen müssen nur die Produkte sein, deren Produktnormen in das Regelwerk des DVGW aufgenommen wurden. Diese, vom DVGW „adoptierten“ Produktnormen, sind in den TRGI durch ein Sternchen gekennzeichnet. Eine Ausnahme stellt hier das Kupferrohr dar. Die Produktnorm DIN EN 1057 [2] ist nicht in das DVGW-Regelwerk aufgenommen und dennoch dürfen nur Kupferrohre mit einem DVGW-Zertifizierungszeichen (in Form der DV-Nummer) in Gas-Installationen Verwendung finden. Das liegt daran, dass die Rohrverbindungen an Kupferrohren nach DVGW-Arbeitsblatt GW 2 [3] hergestellt werden müssen. Mit dem GW 2 wird die Verarbeitung von Rohren verlangt, die nach DVGW-Arbeitsblatt GW 392 [4] geprüft sind und folglich ein DVGW-Zertifizierungszeichen tragen. Mit dem GW 392 ist auch festgelegt, welche Wanddicken die Kupferrohre haben müssen. Die aktuelle Fassung vom Juli 2009 lässt in diesem Bereich Verringerungen zu. Während es beim 15ner, 18ner und 22iger Rohr bei einem Millimeter Wanddicke bleibt, dürfen jetzt auch 28iger Rohre mit einem Millimeter Wanddicke (früher mindestens 1,5 mm) verarbeitet werden. Für 35iger und 42iger Rohre genügen jetzt 1,2 mm Wanddicke (früher mindestens 1,5 mm) und das 54iger kann jetzt mit 1,5 mm Wanddicke (früher mindestens 2,0 mm) an den Start gehen. Neu auf Kupferrohren ist seit März 2009 die CE-Kennzeichnung. Aber Vorsicht: Diese ziert auch Rohre, die für den Einsatz in Gas- und Wasserleitungen nicht die geforderten Wanddicken besitzen.
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Stahlrohr legt zu
Wie das Kupferrohr, so müssen auch Rohre aus nichtrostenden Stählen ein DVGW-Zertifizierungszeichen tragen. Denn diese Rohre fußen auf dem DVGW-Arbeitsblatt GW 541 [5]. Es zählt zum DVGW-Regelwerk, was ein DVGW- Zertifizierungszeichen auf dem Rohr erforderlich macht. Im Gegensatz zu den Kupferrohren, die (mit entsprechendem Korrosionsschutz) sowohl als Außen- als auch Innenleitung verarbeitet werden können, dürfen „Edelstahlrohre“ nicht erdverlegt eingesetzt sein. Anders sieht das mit den klassischen Gewinderohren nach DIN EN 10255 [6] aus. Die Gewinderohre der mittleren Reihe und der schweren Reihe können in jeder Verlegesituation innerhalb und außerhalb des Gebäudes Verwendung finden, wenn der passende Korrosionsschutz zum Einsatz kommt. Das gilt auch für nahtlose und geschweißte Stahlrohre nach DIN EN 10220 [7] (Siederohre), die im gesamten Bereich der Gasinstallation Verwendung finden dürfen. Präzisionsstahlrohre nach DIN EN 10305 [8] hingegen, sind ausschließlich für die Inneninstallation vorgesehen. Sie stehen in drei Varianten zur Verfügung, als nahtlose oder geschweißte kaltgezogene Rohre und in der geschweißten, maßgewalzten Ausführung.
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Stahlrohr von der Rolle
Als Neuheit präsentiert sich die Wellrohrleitung aus nicht rostendem Stahl nach DIN EN 15266 [9]. Sie kann für den Bau von Niederdruckleitungen (Betriebsdruck bis 100 mbar) verwendet werden. Und wie das Wort „Rohrleitung“ schon vermuten lässt, muss es hier nicht bei einem kurzen Stück Flexibilität bleiben. Geliefert werden die Wellrohre künftig „auf Rolle“. Die Längen sind dabei herstellerspezifisch und natürlich auch von der Nennweite abhängig. Vor Ort wird das Rohr mittels eines Rohrabschneiders abgelängt und danach mit einem Stauchgerät Rohrwellen zu einer Dichtfläche geformt. Mittels einer Überwurfmutter wird die Rohrverbindung hergestellt. Da das Wellrohr ohne Werkzeuge von Hand sogar mit engen Radien gebogen werden kann, eignet es sich als Leitung für knifflige Installationssituationen innerhalb eines Gebäudes. Wenn die Wellrohre auch als eine neue Rohrvariante zur Verfügung stehen, so bestehen sie dennoch aus dem klassischen Leitungswerkstoff der Gasinstallation: aus Metall. Bei diesem Werkstoff muss neben der mechanischen Eignung immer die Frage geklärt werden, ob eine Korrosionsgefahr bei der geplanten Einbausituation besteht. Ist das der Fall, sind entsprechend ausgewählte Korrosionsschutzmaßnahmen erforderlich.
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Fünf Schichten für Gas
Auch wenn Kunststoff-Rohre eingesetzt werden, ist das Korrosionsproblem nicht erschlagen. Es hat sich nur verlagert. Als
Korrosion (von lat. corrodere, „zernagen“) wird ja im Allgemeinen eine Reaktion eines Werkstoffes mit seiner Umgebung verstanden, die eine messbare Veränderung bewirkt. Wird ein Kunststoffrohr z. B. auf einer scharfen Kante gelagert und dies führt zur Kerbbildung, ist schon eine Veränderung eingetreten, die die Lebensdauer herabsetzt. Farben, Öle oder auch Beton können das Material angreifen und somit eine Form der Werkstoffveränderung auslösen. Und nicht zuletzt sind da auch noch die Verbinder, die aus Metall bestehen und folglich vor negativen Einflüssen geschützt werden müssen. Und das gilt für beide Arten von Kunststoffrohren für die Inneninstallation. Da wäre zum einen das vernetzte Polyethylen-Rohr (PE-X) entsprechend DVGW VP 624 [10] zu nennen, ein Material, das sich im Bereich der Trinkwasserinstallation und der Fußbodenheizung schon seit Jahrzehnten bewährt. Ferner kann auch ein Verbundrohr aus PE-X / Al / PE-X entsprechend DVGW VP 632 [11] eingebaut werden. Das Verbundrohr besteht genau genommen aus fünf Schichten. Die Außenschicht stellt ein Rohr aus vernetztem Polyethylen dar. Es folgt ein Haftvermittler, der das Außenrohr auf dem Aluminiumrohr fixiert. Über einen weiteren Haftvermittler wird dann die Verbindung zum Innenrohr aus vernetztem Polyethylen hergestellt. Dank des Aluminiumrohres ist das Verbundmaterial nicht nur diffusionsdicht sondern bringt für die Verarbeitung recht komfortable Biegeeigenschaften mit sich.
Auch in der Erde
Was fehlt, sind ausreichende thermische Eigenschaften für den Brandfall. Da die Kunststoff- und Verbundrohre selbst keine ausreichende Sicherheit im Brandfall bieten, dürfen sie nur systemisch installiert werden. Dann sorgen thermisch auslösende Absperrvorrichtungen und Gas-Strömungswächter dafür, dass eine Inneninstallation aus nichtmetallenen Rohren im Brandfall kein Problem darstellt, wenn das System ausschließlich im Niederdruckbereich betrieben wird. Die Kunststoff- und Verbundrohre nach VP 632 / VP 624 sind - wie beschrieben - für die Innenleitungen gedacht. Allerdings gibt es hier eine Ausnahme: Soll auch im Garten noch die eine oder andere Gasentnahmestelle (z. B. für einen Gas-Grill oder einen Gas-Dunkelstrahler) eingerichtet werden, dann darf die erdverlegte Zuleitung dahin ebenfalls mit diesen Rohrmaterialien ausgeführt werden. Auf diese Weise wird für ein Gebäude eine Gasinstallation aus nur einem Rohrmaterial möglich. Während diese Kunststoff- und Verbundrohre also nur eingeschränkt als erdverlegte Leitung in Frage kommen, sind Kunststoffrohre aus Polyethylen und vernetztem Polyethylen entsprechend DVGW-Arbeitsblatt GW 335 [12] und DVGW VP 640 [13] ausschließlich für die Erdverlegung gedacht. Wenn man als Hausinstallateur dann doch einmal eine Erdleitung realisieren muss, bringt die Lieferform dieses Rohrmaterials im Ringbund gleich den Vorteil mit sich, dass man in vielen Fällen auf Rohrverbindungen im Erdreich verzichten kann.
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Die große Auswahl an Rohrmaterialien macht auf alle Fälle den aufmerksamen Blick auf die Lieferung erforderlich. Wenn man aber weiß, worauf man achten muss, dann klappt’s auch mit der Auswahl.
Jörg Scheele †
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Literaturnachweis:
[1] DVGW-Arbeitsblatt G 600: Technische Regel für Gasinstallationen DVGW-TRGI
[2] DIN EN 1057: Kupfer und Kupferlegierungen - Nahtlose Rundrohre aus Kupfer für Wasser- und Gasleitungen für Sanitärinstallationen und Heizungsanlagen
[3] DVGW-Arbeitsblatt GW 2: Verbinden von Kupferrohren für Gas- und Trinkwasser-Installationen innerhalb von Grundstücken und Gebäuden
[4] DVGW-Arbeitsblatt GW 392: Nahtlosgezogene Rohre aus Kupfer für Gas- und Trinkwasser-Installationen und nahtlosgezogene, innenverzinnte Rohre aus Kupfer für Trinkwasser-Installationen - Anforderungen und Prüfungen
[5] DVGW-Arbeitsblatt GW 541: Rohre aus nichtrostenden Stählen für die Gas- und Trinkwasser-Installation - Anforderungen und Prüfungen
[6] DIN EN 10255: Rohre aus unlegiertem Stahl mit Eignung zum Schweißen und Gewindeschneiden
[7] DIN EN 10220: Nahtlose und geschweißte Stahlrohre - Allgemeine Tabellen für Maße und längenbezogene Masse
[8] DIN EN 10305: Präzisionsstahlrohre - Technische Lieferbedingungen
[9] DIN EN 15266: Nichtrostende biegbare Wellrohrbausätze in Gebäuden für Gas mit einem Arbeitsdruck bis 0,5 bar
[10] DVGW VP 624: Kunststoffrohre aus vernetztem Polyethylen (PE-X) für die Trinkwasser und Gasinstallation - Gasinnenleitungen mit einem Betriebsdruck kleiner/gleich 100 m bar
[11] DVGW VP 632: Mehrschichten-Verbundrohre aus Kunststoff/Al/Kunststoff für die Trinkwasser- und Gasinstallationen - Gas-Innenleitungen mit einem Betriebsdruck = 100 mbar
[12] DVGW-Arbeitsblatt GW 335: Kunststoff-Rohrleitungssysteme in der Gas- und Wasserverteilung
[13] DVGW VP 640: Kunststoff-Rohrleitungssysteme in der Gas- und Wasserverteilung - Anforderungen und Prüfungen - Rohre aus PE-Xb und PE-Xc