...weil "Neu" bedeutet unverbraucht und gierig, aber auch mal was anderes machen einen neuen Stil pflegen zum Beispiel. Zuhören, Probleme versuchen gemeinsam zu lösen anstatt von oben herab delegieren. Mal wieder ein super Fachbeitrag von uns. Es muss ja nicht immer etwas Technisches sein :-D .
Neuer Chef, alter Kollege
Bisher war Toni ein Kollege und kam recht gut mit Dirk, dem Azubi im dritten Lehrjahr, aus. In den letzten Monaten hatten aber alle Mitarbeiter bemerkt, dass Toni häufig beim Alten auf der Matte stand. Und man munkelte schon etwas von Nachfolger und neuer Chef.
Am Montag wurde es dann offiziell bekannt gegeben. Toni wurde vor versammelter Mannschaft als neuer Chef vorgestellt. Der Alte würde sich noch ein Jahr mit Toni gemeinsam um den Betrieb kümmern und dann ganz aussteigen. Toni wirkte ein wenig verlegen und drehte mit Blick zum Boden seine Hacke hin und her. Eines war klar, Toni musste in die Sache erst noch reinwachsen.
Neue Stellung, neues Glück?
Bisher hatte Toni den gleichen Status wie die anderen im Monteur-Team. Er war sehr zuverlässig und arbeitete ordentlich. Vor zwei Jahren hatte er im Abendkurs seinen Meister gemacht. Seine Arbeit war seither die gleiche beblieben, nur merkte man, dass er seither noch mehr Wissen umsetzen konnte. Dirk war deshalb gerne mit ihm unterwegs gewesen. Bei Toni konnte man sich was abschauen und lernen. Und er blieb so schnell keine Antwort schuldig. Ein kumpelhaftes Verhältnis hatte sich zwischen den beiden aber nicht eingestellt. Auf der Betriebsfeier hatte man zwar zusammen gesessen, aber ansonsten pflegte man eine angenehme Distanz. Aber jetzt würde sich Toni in die vordere Reihe drängen müssen. In spätestens einem Jahr müsste er die Arbeiten seiner ehemaligen Kollegen einteilen und überwachen. Er müsste für Fehler beim Kunden, die ja immer wieder vorkommen, den Kopf hinhalten und dann die entsprechenden Maßnahmen ergreifen. Würde er dann die ehemaligen Kollegen stramm stehen lassen?
Das Gebot der Fairness
Dirk hatte sich ohne Toni mit den Kollegen unterhalten. Die Kommentare waren sehr unterschiedlich. Zwischen dummen Sprüchen und anerkennendem Lob war alles dabei. Dirks Einstellung war aber klar. Er würde die Entwicklungen abwarten und dem neuen Chef eine faire Chance zur Einarbeitung geben. Dirks Loyalität gegenüber dem neuen Alten stand außer Frage. Und der persönliche Umgang zwischen Toni und Dirk würde sich nun mal zwangsläufig ändern. Klar würde sich mit Tonis neuen Aufgaben auch seine Sichtweise ändern. Hätte er früher noch gestöhnt über eine zusätzliche Bereitschaft am Wochenende, würde er jetzt seine Mitarbeiter dazu verdonnern. Beide Standpunkte sind völlig normal und liegen in der Natur der Sache. Ungeliebte Baustellen könnte Toni jetzt an andere weiterschieben und sich um Angebote und damit um Arbeit für alle kümmern. Was ihm letztlich besser gefallen würde die Zeit zeigen. Aber Toni würde sicher die Firma an die erste Stelle setzen und das war ja im Interesse aller.
Die ersten Wochen
Es lief schleppend an für Toni. Man merkte im Kollegenkreis, dass es Schleimer und Neider gab. Aber die meisten fanden sich mit Toni als neuen Chef ab und unterstützten ihn so, wie vorher den alten Chef. Eigentlich hatte sich nicht viel geändert. Wie auch? Der Betrieb und die Arbeit war ja die gleiche geblieben. Die Anforderungen an die Ausführung der Arbeiten stiegen etwas, da machte Toni Druck. Er nahm sich aber auch die Zeit die technischen Hintergründe zu erklären. So wurde er mit der Zeit zur Autorität und zum gerne gesehenen Problemlöser. Und die Monteure wurden immer seltener zufällig eingeteilt. Vielmehr schickte Toni sie zu den Baustellen, die sie auch beherrschten. Das resultierte aus dem Vorteil, dass Toni wusste, welche Arbeiten den ehemaligen Kollegen wirklich lagen. Das Niveau der ausgeführten Arbeiten hob sich auf diese Weise erfreulich an. Dadurch mussten immer seltener Nachbesserungen ausgeführt werden. Privat verhielt sich Toni weiterhin eher zurückhaltend. Der Firmenwagen den er nach drei Monaten fuhr, fiel dann entsprechend kleinkalibrig aus. Das rief dann auch keine weiteren Neider auf den Plan. Insgesamt war es also ein fast reibungsloser Übergang geworden.