Abgasanlagen für moderne Wärmeerzeuger
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Oft fragt man sich, wohin mit dem ganzen Abfall und dem, was sonst noch so als Rest unserer Wohlstandsgesellschaft übrig bleibt. „Bringst du den Müll raus?“, ist eine oft gefragte und meist ungehörte Bitte. Einer Sache entledigt man sich jedoch fast unbemerkt, nämlich den Abgasen der installierten Wärmeerzeuger.
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Gewünscht wird eine lautlose Technik von der man nichts sieht und riecht. Wie durch ein Wunder soll sich das Verbrennungsprodukt der Heizungsanlage in der Umgebungsluft auflösen, am besten in Wohlgefallen. Doch leider verschwindet das Abgas an der frischen Luft nicht - es wird nur durch sie verdünnt. Kohlendioxid, Stickoxide, Schwefelverbindungen und verwandte Rückstände aus der Verbrennung bleiben natürlich so wie sie sind. Sie sind schädlich oder zumindest nicht gesundheitsfördernd. Damit diese Abgase tatsächlich erst an geeigneter Stelle das Haus verlassen, sind Abgasanlagen installiert. Diese Anlagen sind natürlich keine Zufallsprodukte, sondern normativ reglementiert. Dieser Bericht zeigt die Zusammenhänge auf, die bei der Planung und Erstellung einer normkonformen Abgasanlage insbesondere im Gebäudebestand, beachtet werden müssen.
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Gibt’s Schwierigkeiten?
Bei der Neuinstallation im modernen Gebäude ergeben sich kaum Probleme beim Planen der Abgasanlage. Moderne Systeme der Hersteller ermöglichen einen schnellen Griff in das Zubehörregal, um die sinnvollen Komponenten zusammenzustellen. Die vorkonfektionierten Systeme lassen sich dann nach Herstellervorgabe installieren und funktionieren erfahrungsgemäß problemlos. Anders sieht es da schon bei einer Kesselmodernisierung im Bestand aus. Und hier werden erwiesenermaßen auch die meisten Fehler gemacht. Mit Blick auf den alten Kessel kann von einer Überdimensionierung fast immer ausgegangen werden. Die Leistungsanpassung des neuen Kessels an den echten Bedarf des Hauses führt daher zwangsläufig zur Verminderung des Abgasstromes und damit des notwendigen Querschnitts der Abgasanlage. Auch der Wechsel von beispielsweise Festbrennstoff auf Gas oder Heizöl hat eine notwendige Anpassung der Abgaswege zur Folge. Ein weiterer, oft unterschätzter Punkt im Bereich Modernisierung von Kesselanlagen, ist die deutlich niedrigere Abgastemperatur moderner Geräte. Hat der alte Kessel noch Abgastemperaturen von weit über 200 °C durch den Kamin getrieben, kommt der Nachfolger mit sehr viel niedrigeren Temperaturen aus. Einerseits ist die niedrige Abgastemperatur also ein großer wirtschaftlicher Vorteil, kennzeichnet sie doch den hohen Wirkungsgrad des neuen Kessels. Andererseits kann sich das Abgas auf dem Weg nach oben bereits soweit abkühlen, dass der Taupunkt des im Abgas enthaltenen Wasserdampfs unterschritten wird. Kondensierender Wasserdampf in einem dafür nicht vorgesehenen Schornstein kann dann aber erheblichen Schaden anrichten. Die so genannte Versottung ist zu befürchten. Sehr häufig erfolgt ein Wechsel vom atmosphärischen Gaskessel auf einen Brennwertkessel mit neuer Zu- und Abgasführung. Auch hier ist in der Regel ein Eingriff in die Abgasabführung nötig. Nicht selten wird die gleitende Fahrweise moderner Kessel nicht entsprechend berücksichtigt. Der alte Schornstein könnte bei Volllast des neuen Kessels mit gutem Willen durchaus tauglich sein. Bei Teillast ist die Abgasanlage im Zweifel trotzdem nicht zweckmäßig und unterfordert, was wiederum zu Problemen führen kann.
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Hilfe bei Problemen
Ein Ansatz zur Optimierung der bestehenden Abgasanlage kann es sein, diese nachträglich mit einer Wärmedämmung auszustatten. Hierdurch wird die Abkühlung auf dem Weg zum Ausgang, also der Abgasmündung, gemindert. Die Chance, dass das dampfförmige Wasser im Abgas nicht kondensiert steigt dadurch deutlich. Eine weitere Variante ist das Anbringen einer Nebenluftvorrichtung, die auch als Zugbegrenzer bezeichnet wird. Diese Vorrichtungen können im einfachsten Fall die Kondensatbildung verhindern oder die Auswirkung auf ein erträgliches Maß reduzieren. Wenn eine nachträgliche Dämmung und die Zugbegrenzung nicht hilfreich sind, schreit es nach Anpassung des Schornsteinquerschnitts. Natürlich nicht nach Belieben sondern entsprechend den Anforderungen des jeweiligen Wärmeerzeugers und den Gegebenheiten vor Ort. Diese unterscheiden sich beispielsweise bereits erheblich bei der Schornsteinhöhe eines Bungalows mit Flachdach gegenüber der Höhe eines zweigeschossigen Reihenhauses mit Spitzdach. Ein Standardlösung nach dem Motto „für den Kessel RD 25 immer einen 130er Querschnitt“ ist also nicht angesagt. Die Verminderung des Querschnittes erfolgt mittels eines Rohres, welches in den vorhandenen Schornstein herabgelassen wird. Meistens sind die hierfür verwendeten Einsätze feuchteunempfindlich und aus Edelstahl, Keramik, Schamotte, Kunststoff oder Glas. Es ist natürlich darauf zu achten, dass die so veränderte Abgasanlage genehmigungsfähig bleibt. Eine enge Zusammenarbeit mit dem zuständigen Schornsteinfeger ist daher sinnvoll. Die Bauteile für eine solche Querschnittsanpassung müssen über eine entsprechende Zulassung verfügen. Dies gilt auch für die verwendeten Schneidarbeiten und Verbindungstechniken die bei der Montage der Abgaskomponenten zur Anwendung kommen.
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Begriffe und Bestimmungen
Das System der Abgasanlage umfasst den Schornstein, Abgasleitung und Verbindungsstücke. Innerhalb dieses Systems steht der Schornstein, je nach Region auch Rauchfang, Esse, Kamin oder Schlot genannt, für eine brandbeständige Abgasanlage. Ein Schornstein kann als Besonderheit auch feuchteunempfindlich ausgeführt werden und wird in der Regel mit Unterdruck betrieben, umgangssprachlich also mit Kaminzug. Die Abgasleitung ist eine Abgasanlage im Bereich der Gas- und Ölfeuerstätten und wird zumeist feuchteunempfindlich ausgeführt. Eine Abgasleitung kann mit Unter- und Überdruck betrieben werden. Also entweder sorgt der Zug für ausreichend Auftrieb oder ein Gebläse schiebt das Abgas voran. Sind die Abgasanlagen entsprechend den genannten Vorgaben eingeteilt, dann gelten folgende Anforderungen:
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Für herkömmliche Schornsteine und Unterdruck-Abgasleitungen
Der Unterdruck an der Abgaseinführung in den senkrecht angeordneten Teil der Abgasanlage muss ausreichend hoch sein. Die Abgastemperatur sollte im Beharrungszustand nicht unter die Wasserdampftaupunkttemperatur fallen.
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Für Überdruck-Abgasleitungen
Der maximale nutzbare Druck an der Abgaseinführung in den senkrecht angeordneten Abschnitt der Abgasanlage sollte nicht überschritten werden. Die Innenwandtemperatur der Abgasanlage sollte wegen der Einfriergefahr nicht unter 0°C sinken.
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Für feuchteunempfindliche Schornsteine und Unterdruck-Abgasleitungen sowie Abgasanlagen für niedrige Temperaturen
Der Unterdruck an der Abgaseinführung in den senkrecht angeordneten Teil der Abgasanlage muss ausreichend hoch sein. Gleichzeitig muss an der Mündung der Abgasanlage ein Restdruck vorhanden sein. Zusätzlich gilt, dass der Unterdruck an der Abgaseinführung in den senkrecht angeordneten Teil der Abgasanlage mindestens dem Förderdruck oder dem Winddruck entsprechen muss.
Die Innenwandtemperatur der Abgasanlage sollte wegen einer gegebenen Einfriergefahr ebenfalls nicht unter 0°C sinken.
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Einflüsse auf die Vorgaben
Die Anforderungen sind vielfältig und das Zusammenspiel aller Einflüsse entscheidet über die Eignung einer funktionsfähigen Abgasanlage. Um eine Dimensionierung gemäß der DIN EN 13384 [2] vorzunehmen bedient man sich häufig der am Markt verfügbaren Software. Herstellerspezifische Versionen sind zum Teil kostenlos erhältlich und erklären sich fast von selbst. Grafisch unterstützte Eingabefelder weisen den Nutzer solcher Auslegungshilfen relativ sicher durch die Anwendung.
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Eingabeparameter:
- Belegung der Abgasanlage (Anzahl der Feuerstätten)
- Art der Abgasanlage (häuslich oder freistehend)
- Lage (im oder am Gebäude)
- Geodätische Höhe (gemessen für den Standort über NN)
- Region (Inland oder Küste)
- Kategorie (Gas, Öl , Kamin…)
- Brennstoff (Erdgas, Biogas…)
- Wärmeleistung
- Abgastemperatur
- Notwendiger Förderdruck (z. B. 5 Pa)
- Zusätzliche Widerstände durch Umlenkungen oder ähnliche Einbauten
- Wirksame Höhe
- Bauart der Abgasanlage (ein- oder zweischalig, im Schacht…)
- Länge über Dach
- Länge im Kältebereich
- Eventuelle zusätzliche Dämmung
- Eventuelle Mündungswiderstände (Regenhaube o. ä.)
- Besonderheit der Mündung (im Staubereich des eigenen oder eines benachbarten Gebäudes?)
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Das Ergebnis sollte dann eine optimierte und normkonforme Berechnung sein. Wer den Abgasweg nicht selber rechnen möchte, vergibt diese Aufgabe auch gerne an die Systemanbieter der jeweiligen Abgasanlagen. Die notwendigen Parameter müssen dem projektierenden Industriepartner dennoch mitgeteilt werden. Die Funktionalität eines auf diese Weise ausgeführten Abgasweges ist dann so gut wie sicher. Angesichts so großer Unterstützung spricht also nichts dagegen eine Abgasanlage vorausschauend zu planen und sicher zu installieren.
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Literaturnachweis:
[2] DIN EN 13384: Abgasanlagen - Wärme- und strömungstechnische Berechnungsverfahren