Wasser lenken und Kosten sparen
Wenn ein hydraulischer Abgleich für ein bestehendes Gebäude ansteht, dann gibt es viele Fragezeichen. Laien fragen sich nach dem Grund für diese Maßnahme. Eingeweihte hingegen wollen schon eher wissen, nach welchem Arbeitsschema vorgegangen werden soll. Bekanntlich führen viele Wege nach Rom oder eben zu einer effizienteren Heizung
Der Grund für einen hydraulischen Abgleich ergibt sich aus folgenden Betrachtungen. Um bei einer Außentemperatur von beispielsweise -12 °C einen Raum auf angenehme 20 °C zu erwärmen muss dem Heizkörper ständig Heizwasser zugeführt werden. Die dafür benötigte Wassermenge ergibt sich aus der Heizlast des Raumes. Wird mehr Wärme zugeführt, als der Raum über seine Umschließungsflächen abgibt, steigt die Raumtemperatur. Mehr Wärmezufuhr resultiert aus mehr Massenstrom. Bei zu wenig Wärmezufuhr, also einem zu geringen Massenstrom, sinkt die Raumtemperatur. Hat ein Raum zum Beispiel eine Normheizlast von 1000 W, sind bei einer Auslegungstemperatur von 70/55 (70 °C für den Vorlauf 55 °C für den Rücklauf) 57 kg Wasser pro Stunde erforderlich, die sich beim Durchströmen des Heizkörpers von 70 °C auf 55 °C planmäßig abkühlen. Im gedachten Nachbarraum, am gleichen Steigestrang mit zwei Außenwänden benötigt ein Heizkörper vielleicht 2000 W und einen bereits Wasserdurchfluss von 117 kg/h. Damit also der erste Heizkörper mit exakt 57 kg/h durchströmt wird und sein Rohrnachbar das Doppelte erhält, ist der hydraulische Abgleich erforderlich. Der Anlagenmechaniker sollte daher dem Heizungswasser vorgeben wo es langgeht. Kurz gesagt: Der Hydraulische Abgleich stellt sicher, dass jeder Heizkörper mit der Wassermenge versorgt wird, die er zum Erreichen der geforderten Leistung benötigt.
Ohne wird auch warm
Vielfach hört man noch, dass Thermostatventile einen hydraulischen Abgleich ersetzen. Diese These stimmt nur sehr bedingt. Oft werden in kleinen Anlagen auch ohne Abgleich sämtliche Räume warm. Wird dabei in Raum 1 die Soll-Temperatur überschritten schließt das Thermostatventil und drosselt so den Volumenstrom auf das für den Raum erforderliche Niveau. Der bis dahin unterversorgte Heizkörper unterm Dach bekommt darauf hin etwas mehr Wasser ab. Dadurch wird auch dieser es schließlich schaffen den Raum ausreichend zu erwärmen. Die Räume werden also beispielsweise nach einer Nachtabsenkung, nicht gleichzeitig, sondern nacheinander beheizt. Bei dieser Art des Abgleichs wird jedoch die eigentliche Funktion der Thermostatventile behindert. Diese schließen normalerweise das Ventil nur, wenn durch den Eintrag von Fremdwärme (Computer, Personen, Sonneneinstrahlung etc.) die Raumtemperatur über den Sollwert ansteigt. Die eigentliche Temperaturregelung übernimmt die Kessel- oder Heizkreisregelung, die entlang der eingestellten Heizkurve die Vorlauftemperatur ändert. Das heißt, dass ohne Thermostatköpfe bzw. mit voll geöffneten Ventilen in einem abgeglichenen System kein Raum über- oder unterversorgt sein sollte.
Unsanierter Altbau
Wie bereits erwähnt, stellt sich für Eingeweihte die Frage, wie sie den hydraulischen Abgleich gestalten sollen. Einen einfachen Fall stellt der unsanierte Altbau dar. Sofern man unterstellt, dass zu Zeiten der Installation die Heizlast korrekt berechnet und die Heizkörper auch korrekt ausgelegt wurden, lassen sich die einzelnen Raumheizlasten und damit die Massenströme anhand der bestehenden Heizköpergrößen ermitteln. Wie das in der Praxis aussehen kann wurde bereits in der SBZ 05/2009, zu finden im Archiv, ausführlich erklärt. Schwieriger wird es, wenn augenscheinlich die Heizkörper nur nach Nischengröße ausgelegt wurden, oder die Bewohner schon von kalten Räumen trotz heißer Heizkörper sprechen. In diesem Fall ist es unerlässlich die Heizlast der einzelnen Räume zumindest überschlägig, zu berechnen. Auch eine nachträgliche Fassadendämmung oder der Einbau moderner Fenster macht eine Neuberechnung der Raumheizlasten erforderlich. Ein Raum mit zwei oder mehr Außenwänden profitiert nunmal stärker von einem hydraulischen Abgleich, als ein Raum mit nur einer Außenwand. Sofern noch ein Grundriss vorhanden, ist und Anhaltspunkte zum Wandaufbau bestehen, kann die Heizlast nach DIN EN 12831 schnell und genau mittels Computerunterstützung berechnet werden.
Praxishilfe für Sonderfälle
Die Hersteller der SHK-Branche stellen hervorragende Hilfsmittel für Sonderfälle zur Verfügung mit denen schnell eine überschlägige Heizlastberechnung erstellt werden kann. Anders als bei der genauen Berechnung werden hierbei nur solche Flächen erfasst, die an stark abweichende Temperaturen grenzen. Dazu wurden verschiedenen Gebäudealtersklassen typische Wärmedurchgangswiderstände zugeordnet. Neben diesem Rechenschieber und dem zugehörigen Formblatt ist für die Ermittlung nur noch ein Zollstock (Gliedermaßstab) oder besser, ein Laserentfernungsmessgerät erforderlich. In jedem Raum werden nacheinander alle relevanten Flächen ermittelt. Es werden Notizen auf einem Formblatt eingetragen und die Flächen auf einem Rechenschieber eingestellt. Auf diesem kann anschließend die Summe der Wärmeverluste aus allen eingegebenen Bauteilen abgelesen werden. Auf gleiche Weise werden so die Heizlasten sämtlicher Räume des zugehörigen Heizungssystems erfasst. Im Anschluss daran kann für jeden Raum die entsprechende Wassermenge bestimmt werden. Alternativ zum Taschenrechner ist es auch hier möglich einen Datenschieber zu Hilfe zu nehmen.
Einstellarmaturen
Nachdem die Massenströme für jeden Heizkörper bestimmt sind, gilt es geeignete Ventile auszuwählen und einzubauen. In kleinen Gebäuden reicht es normalerweise aus, die einzelnen Heizköper zu drosseln. Bei sehr großen Strangvolumenströmen oder großen Entfernungen zwischen den einzelnen Strängen kann zusätzlich der Einsatz von Strangregulierventilen erforderlich werden. Dadurch wird verhindert, dass ein zu großer Druck an den Ventilen abgebaut werden muss, was zu Geräuschen führen könnte. Es gilt dann noch, die Pumpenleistung neu zu bestimmen und diese Vorgabe einer geregelten Umwälzpumpe mit auf den Weg zu geben. Da aber viele Leitungen im Bestand unter Putz verlaufen, oder mit einer Mischung aus Glaswolle und Gips isoliert sind, müssen hier wieder Annahmen getroffen werden. Die Pumpe muss genug Druck erzeugen, um auch den entferntesten Heizkörper mit genügend Wasser durchströmen zu können. Die Summe aus Vor- und Rücklauf zu diesem ungünstigsten Heizkörper ist maximal die Gebäudelänge plus die Gebäudebreite plus die Gebäudehöhe, also die Entfernung vom Kessel zu diesem Heizkörper, mal zwei (Vor und Rücklauf). Bei einem Haus mit den Abmaßen von acht mal sieben Metern und einer Höhe von 6 Metern ergibt sich also eine maximale Leitungslänge von (8m+7m+6m)*2=42m. Der geschätzte Druckverlust je laufendem Meter 150 Pa. Die Pumpe muss also, nur für das Rohrreibungsdruckgefälle einen Druckverlust von 42 m * 150 Pa/m = 6300 Pa überwinden. Sofern keine Unterlagen des Kessels oder der Therme vorhanden sind sollten für diese 5000 Pa, für Mischer 10000 Pa und für das Heizkörperventil nochmals die hälfte der Summe der genannten Widerstände veranschlagt werden. Ist beispielsweise kein Mischer montiert, muss die Pumpe also einen Druckverlust von 6300 Pa + 5000 Pa + 11300 Pa = 22600 Pa überwinden. Zur allgemeinen Verwirrung geben die Pumpenhersteller immer noch die Förderhöhe in Meter an. Deshalb müssen die 22600 Pa erst noch in 2,26 m Förderhöhe umgerechnet werden. Mit diesen Vorgaben ist die Pumpe einzustellen. Zu guter Letzt muss am Kessel noch die richtige Heizkurve eingestellt werden. Insbesondere, wenn es vor dem hydraulischen Abgleich Probleme mit unterversorgten Heizkörpern gab, werden mit hoher Wahrscheinlichkeit die Einstellungen für die Heizkurve durch unfachmännisches „Herumgefummel“ verstellt sein.
Kontrolle
Der Erfolg des hydraulischen Abgleichs lässt sich kontrollieren. Dazu muss man nur alle Heizkörperthermostate komplett öffnen (eventuell durch Demontage der Ventilköpfe) und die Raumtemperaturen mit einem Thermometer kontrollieren. Diese Kontrolle nimmt man am besten an besonders kalten Tagen vor. Sollte sich dabei herausstellen, dass die Raumtemperaturen insgesamt zu hoch oder zu niedrig sind, kann man dieses durch eine Anpassung der Heizkurve korrigieren. Die Feinjustierung der Heizkurve kann technisch interessierten Kunden durch aus erklärt werden. Das ist dann Hilfe zur Selbsthilfe. Einem technischen Laien sollte man derartige Dinge jedoch besser nicht zumuten. Für diese Kunden ist eine Nachbetreuung durch den Fachmann sinnvoll. Das Ergebnis ist jedenfalls eine optimierte Heizungsanlage mit geringerem Energieverbrauch als vor der Maßnahme. Nach dieser Investition spart der Anlagenbetreiber also Geld.