Kraft-Wärme-Kopplung in der Haustechnik
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Elektrische Helfer wie Aufzug, Fön, Toaster, Kühlschrank, bringen Luxus und Wohlstand wohin man in den Industrieländern auch schaut. Und die Heizung mit ihrer allzeit verfügbaren Wärme lässt die kalten Tage in Mitteleuropa erträglicher erscheinen. Ohne Zweifel ist eine immense Abhängigkeit von diesen Energieformen festzustellen.
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Lange Zeit schien es sinnvoll, jeweils Spezialisten ranzulassen. Der Heizkessel im Keller des Hauses erzeugte ausschließlich Wärme. Das Kraftwerk im Nachbarort erzeugte ausschließlich Strom. Diese Ordnung funktioniert seit vielen Jahrzehnten. Warum sollte man daran etwas ändern? Der Grund hierfür drängt sich erst bei einem zweiten, intensiveren Blick auf die Großkraftwerke auf. Der dicke Riese unter den beiden Türmen ist jene Energievernichtungsapparatur die nach Ausrottung schreit. Denn hier wird Wärmeenergie mit voller Absicht und kalkuliert in den Himmel geblasen. Nur rund ein Drittel der eingesetzten Energie wird tatsächlich in Strom umgewandelt. Zwei Drittel der Energie werden über diese taillierten Röhren fort gepustet.
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Pro Sekunde 167 kg Kohle für Nichts verpulvern
Hört sich nicht so schlimm an? Wenn man aber bedenkt, dass beispielsweise in einem Braunkohlekraftwerk rund 250 Kilogramm Braunkohle pro Sekunde verbrannt werden, dann wird die Dimension für nur ein Kraftwerk schon etwas leichter nachvollziehbar. Pro Sekunde wird also die Energie von rund 167 Kilogramm Braunkohle vergeudet, hauptsächlich und planvoll durch den Kühlturm. An einem einzigen Kraftwerk wohlgemerkt. Der Ansatz zur Verbesserung dieser Missstände ist schnell gefunden: Nehmt den riesigen Kraftwerksblöcken doch endlich ihre überschüssige Wärme ab und nutzt sie sinnvoll! Doch dieser Ruf verhallt ohne Echo. Zum Beispiel in den Sommermonaten will niemand diese Unmengen an Wärme haben. Und wenn, ist der mögliche Verbraucher vielleicht viele Kilometer weit vom Kraftwerksstandort entfernt. Zu teuer und verlustreich ist der Transport zu diesem potentiellen (möglichen) Wärmeabnehmer. Aber was wäre, würde man kleinere Einheiten von Kraftwerken bauen? Was, wenn diese kleineren Einheiten in die Städte und deren Strukturen integriert wären. Dort würde dann der Strom produziert und der Bedarf an Wärmeenergie direkt vor Ort gedeckt. Dezentralisierung nennt man das. Also nicht mehr ein zentrales Großkraftwerk, sondern viele kleine Kraftwerke direkt beim Strom- und Wärmeverbraucher.
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Unterwegs mit dem Heizkessel unter der Haube
Gilt es also neue Maschinen zu erfinden, die Strom und Wärme gleichzeitig erzeugen? Schaut man genauer hin, wird schnell klar: Diese Maschinen brauchen nicht erfunden werden, es gibt sie bereits. Jeder Automotor produziert, Sie ahnen es schon, ein Drittel Bewegungsenergie und zwei Drittel Abwärme. Es ist uns nur nicht ständig bewusst, dass der Benz vom Chef mit seinen 150 kW Leistung (1/3) auch einen Heizkessel mit 300 kW (2/3) in sich trägt. Die 150 kW in Form von Drehbewegungen könnten an einen Generator angeschlossen werden, der Strom erzeugt. Statt des Autokühlers mit dem Stern drauf, würde man Wärmetauscher einbauen und fertig wäre ein halbwegs akzeptabler Energielieferant in Form von Kraft-Wärme-Kopplung, kurz KWK. So, oder so ähnlich sahen die ersten KWK-Module aus. Der Wirkungsgrad der Anlage hätte sich gegenüber der konventionellen Stromerzeugung auf diese Weise von einem Drittel, also 33 %, auf gute 90 % steigern lassen. Die Innovationen beschränkten sich darauf, die Motoren standfester zu machen oder vielleicht die Regelungstechnik rund um die KWK zu optimieren. Der Rest ist seit langer Zeit beherrschbare Technik.
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KWK nicht in jedem Einsatzfall eine gute Wahl
Schaut man sich in der Gegenüberstellung die Vorteile von kleinen dezentralen Kraftwerken gegenüber riesigen zentralen Einheiten an, so müssten die alten Riesen, ähnlich wie die Dinosaurier, bereits ausgestorben sein. KWK´s als wieselflinke Alleskönner müssten den Markt beherrschen. Jedes Einfamilienhaus müsste in autarker Glückseligkeit vor sich hin sparen. Warum ist das nicht so? Das Jahr hat 8760 Stunden. Und im Idealfall würde eine KWK-Anlage ganzjährig Strom und Wärme abgeben, die auch komplett genutzt würde. Für Wohnhäuser ist dies jedoch insbesondere auf der Wärmeseite nicht der Fall. Dies liegt nicht zuletzt an dem azyklischen Bedarf für Wärme und Strom. Aus eigener Erfahrung kennt man den Stromverbrauch eines normalen Haushalts in den Frühlings- Sommer und anfänglichen Herbstmonaten. Der Strom für Kühltruhe, Fernseher, zum Kochen, für Licht usw. wird ständig benötigt. Nur Wärme will in dieser Zeit keiner oder wenn, dann nur sehr wenig und nur zur Trinkwassererwärmung beziehen. Wenn aber so eine KWK-Einheit nur Strom liefert, und die Abwärme, wie der große Bruder, das Braunkohlekraftwerk, in den Himmel bläst, ist es mit der Wirtschaftlichkeit nicht mehr weit her. Und würde man die KWK nur innerhalb der Heizzeiten einsetzen, so würde doch die Wärme genutzt und der Strom allemal aufgebraucht. Aber um dann, in dieser relativ kurzen Zeit, wirtschaftlich zu sein reicht es oft nicht mehr. Deshalb sollte die Empfehlung zum Einsatz einer Kraft-Wärme-Kopplungs-Einheit nur nach eingehender Prüfung erfolgen. So bestechend die technischen Möglichkeiten sind, nicht alles was machbar erscheint, ist auch sinnvoll. Und der Kunde merkt den Sinn oder Unsinn seiner Investition schon recht deutlich nach ein oder zwei Heizperioden.
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Die Strom erzeugende Heizung kommt
Verbreitet und relativ ausgereift ist für die KWK der Ottomotor. Betrieben mit Öl oder Erdgas sind Aggregate auch mit sehr kleiner elektrischer Leistung verfügbar. Kleinste Einheiten liefern nur 1 kW elektrische Leistung bei rund 3 kW thermischer Leistung. Kombiniert mit einem Spitzenlastkessel, könnten solche Aggregate durchaus ein Einfamilienhaus wirtschaftlich mit einer Grundversorgung von Strom und Wärme ausstatten. Mittlerweile wird auch wieder intensiver mit dem Stirlingmotor experimentiert. Auch hier lassen sich sehr kleine, und dadurch für kleine Abnahmen wirtschaftliche Einheiten herstellen. Die Dampftechnik, schon vielmals totgesagt, lebt für die KWK wieder mit beeindruckenden Zahlen auf. Der modulierende Betrieb solcher Anlagen ist bis zu 0,30 kW elektrisch und rund 3 kW thermisch möglich. Das lässt auf ein großes Einsatzspektrum hoffen. Die beschriebenen Anlagen im kleinsten Leistungsbereich stellen eigentlich ein neues Marksegment dar. Daher spendierte die Branche diesen Anlagen einen neuen Namen: Die „Strom erzeugende Heizung“ oder SEH wird den Anlagenmechaniker zukünftig öfter beschäftigen. Zum Teil modulieren diese Winzlinge erheblich ihren Leistungsbereich. Mit „modulieren“ ist hier eine Anpassung der Lieferleistung auf der Strom- und Wärmeseite an den jeweiligen Bedarf im Hause gemeint. Anpassungsschwierigkeiten und Probleme bei der Integration in ein Energiekonzept sollten damit immer mehr der Vergangenheit angehören.
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Wirtschaftlich bei mehr als 4000 Betriebsstunden
Nach dem Motto „Schau’n wir mal“ lassen sich SEH nicht wirtschaftlich betreiben. Es gilt eine Strategie zu entwerfen, die Betriebs- und die Stillstandszeit dieser Anlagen zu optimieren. Als Grundsatz gilt: Eine Betriebszeit von 4000 Stunden pro Jahr sollte erreicht werden. Innerhalb dieser 4000 Stunden sollte möglichst Wärme und Strom komplett abgenommen werden. Wärmeseitig ist dies bei angestrebten 4000 Stunden sicher nicht immer möglich. Aber Wärme lässt sich gegenüber Strom verhältnismäßig einfach und verlustarm speichern. Der Betrieb einer SEH kann daher auch sinnvoll durch Pufferspeicher ergänzt werden. Diese Kombination ließe einen monovalenten Betrieb des SEH zu. Das heißt, die SEH ist die einzige Heizung im Hause. Eine andere, bereits von den Blochheizkraftwerken bekannte Strategie, sieht für die SEH eine Grundlast vor. Geht der Bedarf darüber hinaus, schaltet sich ein konventioneller Kessel der Spitzenlastkessel dazu.
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Hinsichtlich des Umweltschutzes kann die KWK- oder SEH-Technik durchaus sinnvoll sein. Der Primärenergieeinsatz kann bei zweckmäßigem Betrieb erheblich verringert werden. Gegenüber der getrennten Erzeugung von Wärme und Strom bietet diese Technik Einsparmöglichkeiten von über 30 %. Das bedeutet letztlich Ressourcenschonung, und CO2-Einsparung. Wirtschaftlich werden diese Anlagen bei entsprechend langen Laufzeiten und dabei gleichzeitiger Abnahme von Wärme und Strom laufen können. Der Einzelfall sollte jedoch grundsätzlich geprüft werden.
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Film zum Thema
Wo sich der Einsatz einer KWK mit einem Mini-Blockheizkraftwerk lohnt, zeigt der Film:
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