Wie funktioniert ein Thermosiphon?
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Die Vorschriften hinsichtlich der Maßnahmen zur Energieeinsparung verschärfen sich in immer kürzeren Abständen. Dabei wird aber dem Anschluss von Warmwasser- und Pufferspeichern und deren Optimierung kaum Beachtung geschenkt.
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Jeder Installateur und jeder Heizungsbauer kennt das Phänomen der Schwerkraftzirkulation. Dieses wurde in der Anfangszeit der Warmwasser-Zentralheizung ausgenutzt, um den Wasser- und somit auch Wärmetransport vom Kessel zu den Heizkörpern zu erreichen. Möglich wurde dies durch den Dichteunterschied von warmem Vorlaufwasser zu kaltem Rücklaufwasser. Was in den alten Heizungsanlagen - in Ermangelung einer Pumpe - durchaus gewünscht war, wird in modernen Systemen gar nicht gerne gesehen. Denn ungewollte Wasserbewegung bedeutet auch immer einen Wärmeverlust. Und das nicht nur im Bereich der Heizung, sondern auch an Warmwasserspeichern.
Die Dichte macht’s
Damals wie heute bleibt Physik nun einmal Physik. Noch immer beträgt die Dichte ρ (Roh) von 80 °C warmen Wasser 971,6 kg/m³ und von 60 °C warmen Wasser 983,2 kg/m³. Das warme Wasser steigt durch das Erhitzen im Heizkessel in der Vorlaufleitung nach oben weil es eine geringere Dichte hat und somit leichter ist als das kalte Rücklaufwasser. Dieses „fällt“ im Rücklauf förmlich nach unten und strömt so zurück zum Kessel. Bei einem Höhenunterschied von 10 Metern und einer Temperaturdifferenz von nur 20 K entsteht so ein Druck von 1137,96 Pa. Hier die Berechnung:
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Wenn man sich vor Augen führt, dass dies einem Pumpendruck von nur 0,11 mWs entspricht, erkennt man auch warum in früheren Zeiten selbst in Einfamilienhäusern von den Heizungsbauern 2½“ Rohre geschleppt werden mussten. Größere Rohrdurchmesser bedeuten ja bekanntlich einen geringeren Widerstand im Rohrnetz. Später wurde diese einerseits stromunabhängige, aber andererseits auch träge und wärmeverlustreiche Art des Wassertransports von dem Umlaufbeschleuniger, einem Vorläufer der modernen Umwälzpumpe abgelöst, was zu kleineren Rohrdurchmessern in der Heizungsinstallation führte.
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Einfach unbemerkt weg?
Das Wasser hat seit der Erfindung von Umwälz- und Zirkulationspumpen nichts von seinem Bewegungsdrang eingebüßt. Die sehr viel schlankeren Rohrnetze, sowie die vielen Formstücke und sonstigen strömungsungünstigen Bauteile machen es dem Wasser zwar schwerer, verhindern die ungewollte Bewegung durch Temperaturdifferenz aber nicht vollständig. Um diesen Effekt in Stillstandszeiten zu vermindern sind zum Beispiel bei Solaranlagen Schwerkraftbremsen zwingend erforderlich. Ohne diese würde an kalten Wintertagen das warme Wasser aus dem Solarspeicher in die Solarkollektoren zirkulieren und hier ganz entspannt abkühlen. Man könnte das dann zwar als „Dachheizkörper“ verkaufen, was mit Energieersparnis aber leider nix mehr zutun hat. Einziger, aber wahrlich schwacher Trost: Die Kollektoren blieben mit Sicherheit frei von Schnee und Eis. Während bei Solaranlagen die Probleme mit der Schwerkraftzirkulation offensichtlich zutage treten und Gegenmaßnahmen erfolgreich ergriffen werden, kühlen tausende Warmwasserspeicher Stunde für Stunde völlig unbehelligt aus. Der Grund dafür ist die Gegenstromzirkulation, welche manchmal auch fälschlicherweise als Mikrozirkulation bezeichnet wird. Mikrozirkulation ist ein medizinischer Begriff für die Durchblutung kleinster Blutgefäße. Als Alternative könnte man aber auch den Begriff In-Rohr Zirkulation verwenden. Diese findet im Gegensatz zur Schwerkraftzirkulation nicht im gesamten Rohrsystem statt, sondern - viel versteckter - in den Anschlussleitungen von Speichern und Verteilern.
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Der Anschluss entscheidet
Die Gegenstromzirkulation findet besonders stark in waagerechten Rohranschlüssen von Speichern statt. Die Ausgangslage ist ein Speicheranschlussrohr mit warmem Wasser. Das im Rohr stehende Wasser kühlt langsam ab. Durch den Dichteunterschied findet auch bei kleinen Rohrdurchmessern eine Schichtung wie in einem Schichtenspeicher statt, so dass sich das warme Wasser im oberen Rohrbereich befindet. Das kalte Wasser befindet sich logischer Weise im untern Rohrteil und fällt am Speicheranschluss in den Speicher zurück, so, dass warmes Wasser im oberen Bereich nachströmt. Dieser Vorgang findet unabhängig davon statt, ob das Rohr gedämmt ist oder nicht. An der HSR, der Technischen Hochschule Rapperswil in der Schweiz, wurden im Rahmen einer Diplomarbeit die Wärmeverluste mit verschiedenen Anschlusspositionen und Rohrmaterialien untersucht. Dabei hat sich gezeigt, dass Gegenstromzirkulation in senkrechten Rohranschlüssen weniger ausgeprägt stattfindet, als in waagerechten Rohranschlüssen. In schräg nach oben geführten Rohren, wie sie bei einer schlampig ausgeführten Installation vorzufinden sind, tritt der Effekt der Gegenstromzirkulation jedoch leicht verstärkt auf. Eine Neigung nach unten wiederum vermindert die Zirkulation. Leider beeinflusst die Wasserbewegung nicht nur den Bereich des Rohranschlusses. Das abgekühlte Wasser fällt von hoch angebrachten Rohranschlüssen tief in den Speicher zurück und zerstört im ungünstigsten Fall die Temperaturschichtung im gesamten Speicher.
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Elefant oder Mückenschiss?
Wie hoch sind überhaupt die Wärmeverluste durch Gegenstromzirkulation? Diese Frage ist notwendig, da ja gegebenenfalls technischer Aufwand getrieben werden kann, um die Strömung zu unterbinden. Der konstruktive Aufwand muss dann ökonomisch und ökologisch vertretbar sein. An der HSR wurden die Wärmeverluste mit zwei Meter langen Rohrstücken ermittelt. Beispielhaft soll hier auf den Versuch mit einem Edelstahlrohr DN 25 eingegangen werden, welches 32 mm stark wärmegedämmt, waagerecht an den Versuchsspeicher angeschlossen wurde. Die Speichertemperatur betrug 60 °C, was die Betriebsbedingungen der meisten der in Einfamilienhäusern installierten Warmwasserspeicher widerspiegeln sollte. Ohne den Einsatz eines Thermosiphons traten Wärmeverluste von ca. 0,28 W/K auf. Das gleiche Rohrstück, jedoch nach dem Speicheraustritt zuerst 25 cm senkrecht nach unten geführt hatte dagegen nur einen Wärmeverlust von 0,05 W/K. Zum Vergleich: Ein liegender 200-Liter-Edelstahlspeicher hat einen Wärmeverlust von 1,2 W/K. Das zeigt, dass selbst ein einzelnes perfekt gedämmtes Anschlussrohr von 2 m Länge einen Wärmeverlust hat, der ¼ so groß ist, wie der des gesamten Speichermantels. Und wie viele Armaturen, Verschraubungen und selbst Rohre sind nicht vorschriftsmäßig gedämmt?
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Siphon für Wärme
Eine preisgünstige Möglichkeit die Gegenstromzirkulation zu unterbrechen besteht im Einsatz eines Thermosiphons. Dabei wird der Anschluss direkt nach Austritt aus dem Speichermantel zuerst mindestens 10 cm senkrecht nach unten geführt. Bei Anschlussleitungen, die nur sehr kurze Stillstandszeiten haben, sollte der Thermosiphon eher kleiner ausgeführt werden. Ansonsten fällt die eingesparte Energie aus verhinderter Gegenstromzirkulation schlimmstenfalls geringer aus als die Abstrahlverluste des Siphons. Ist zu erwarten, dass es zu keinen nennenswerten Stillstandszeiten kommt, wie zum Beispiel in einem 24-Stunden-Produktionsbetrieb oder einem Krankenhaus, macht solch ein Thermosiphon natürlich keinen Sinn, weil dann die Anschlussrohre sowieso immer durchströmt sind. Wenn man das Internet zu diesem Thema durchforstet, kann man manchmal lesen, dass der Thermosiphon ungedämmt ausgeführt werden soll, um seine Aufgabe sicher zu erfüllen. Der theoretische Ansatz dahinter ist wohl, dass die Gegenstromzirkulation schneller unterbrochen wird, je schneller das Wasser in der Schleife abgekühlt ist. Diese Annahme hat sich in Versuchen an der HSR nicht bestätigt. Der positive Effekt eines Thermosiphons stellte sich auch bei wärmegedämmten Varianten ein. Aus diesem Grund ist es zwingend anzuraten, alle Rohrstücke, Bögen und Armaturen entsprechend den geltenden Vorschriften gegen Wärmeverluste zu dämmen. Andernfalls kann im ungünstigsten Fall der Wärmeverlust der ungedämmten Rohrschleife größer sein als der Nutzen derselbigen. Auch ein Beweis dafür, dass man nicht alles glauben sollte, was im Internet ( außer auf sbz-monteur.de) steht.
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Guter Gegenstrom
Um die korrekte Funktion des Thermosiphons zu gewährleisten, muss dieser zwingend aus schlecht wärmeleitendem Material hergestellt sein, wie zum Beispiel Edelstahl. Andernfalls würde die Wärme über das Rohr auf die andere Seite des Siphons geleitet und dort den gleichen Zirkulationseffekt hervorrufen wie vor dem Siphon. Eine weitere Möglichkeit die Gegenstromzirkulation zu unterbrechen findet sich im Einbau einer sogenannten Konvektionsbremse. Bei dieser soll durch interne Prallbleche eine Zirkulation behindert werden. Leider sind diese Bauteile in der Regel aus gut wärmeleitendem Rotguss, wodurch es, wie bereits beschrieben, hinter dem Bauteil zu Gegenstromzirkulation kommen kann. Die Gegenstromzirkulation wurde bisher als ausschließlich negatives Phänomen beschrieben. In Ein- und Zweifamilienhäusern trifft das größtenteils auch zu, da hier der Effekt nicht sinnvoll ausgenutzt werden kann. Nimmt man einen größeren Warmwasserspeicher mit angeschlossenem Trinkwasserverteiler und Einzelzuleitungen ohne Zirkulation als Ausgangspunkt, erschließen sich Möglichkeit die Wasserbewegung sinnvoll auszunutzen. Nach längerer Stillstandzeit, zum Beispiel früh am Morgen, würde es bedeutend länger dauern, bis ein früh aufstehender Warmduscher eben dies tun kann. Das hängt damit zusammen, dass der Warmwasserverteiler über die Nachtstunden hinweg auskühlt. Würde der Warmwasserverteiler in örtlicher Nähe zum Speicher montiert, könnte der Effekt der Gegenstromzirkulation dazu genutzt werden, den Verteiler ständig warm zu halten. Sollte die Durchströmung jedoch nicht im vorgesehenen Maß stattfinden, kann sich die Temperatur auf einem Temperaturniveau einpendeln, das Legionellenwachstum begünstigt.
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Bei der Beschreibung der Gegenstromzirkulation wurde beispielhaft ein Warmwasserspeicher vor das geistige Auge gestellt. Die durch Gegenstromzirkulation hervorgerufenen Wärmeverluste treten natürlich auch an Heizkesseln, Pufferspeichern usw. auf. Je höher die Wassertemperatur, umso größer sind auch die Energieverluste in den Anschlussleitungen. Aus diesem Grund sollte sich jeder Anlagenmechaniker vor dem Anschließen Gedanken machen, wie man die Gegenstromzirkulation wirkungsvoll verhindert und am Ende des Tages dem Rohr noch das wärmende Kleid anlegen kann. Zu beachten ist auch, dass ein Thermosiphon die Eingangs beschriebene Kreiszirkulation nicht sicher verhindern kann.
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Von Martin Streich