Hygiene in Warmwassersystemen
Wenn man sich mit dem Thema Wassertechnik beschäftigt, dann kommt man an der Hygieneproblematik nicht vorbei. Das haben meine Azubi-Kollegen und ich, alle Anlagenmechaniker im 3. Ausbildungsjahr, schnell gemerkt, als wir uns mit den Warmwasseranlagen befassten. In unserer Berufsschulklasse am Oberstufenzentrum II Barnim in Eberswalde sind wir der Frage der Legionellen und ihrer Bekämpfung nachgegangen. Um es ganz genau zu wissen, haben wir auch recherchiert und bei Herstellern nachgefragt. Franke (vormals Aquarotter) lud uns zu einem Seminar zum Thema Trinkwasserhygiene nach Ludwigsfelde ein. Was wir dort erfahren haben, lesen Sie hier.
Von Legiönären und Legionellen
Legionellen sind sauerstoffabhängige Mikroorganismen, von denen bis zum Jahre 1976 niemand Notiz genommen hat. Das änderte sich, als viele Teilnehmer eines amerikanischen Legionärstreffens in Philadelphia (USA) an einer schweren Lungenentzündung erkrankten. Zahlreiche Menschen starben. Erst vier Monate später gelang die Entdeckung des für diese mysteriöse „Legionärskrankheit“ verantwortlichen Bakteriums: „Legionella pneumophila“. Heute weiß man, dass es von diesen Bakterien 40 Arten und über 60 Serogruppen gibt. Dabei sind Legionellen etwas ganz Natürliches. Sie kommen in jedem Süßwasser vor; auch im Trinkwasser. Das macht aber nichts. Ihre Anzahl ist hier so gering, dass sie keinem Menschen gefährlich werden können. Sie leben nicht so gerne im kalten Wasser. Kommen sie aber in eine Wassererwärmungsanlage, die mit einer Temperatur von etwa 35 bis 45 °C betrieben wird, finden sie ihre optimale Lebens- und Vermehrungsumgebung. Oft „siedeln“ sie auch in den Biofilmen auf den Rohr- und Behälterinnenoberflächen. Im Biofilm leben sie mit anderen Mikroorganismen in einer Gemeinschaft, in der sich die verschiedenen Bakterien sogar gegenseitig beschützen. In nicht durchflossenen Leitungen haben die Legionellen zudem ihre Ruhe und können sich hier in wenigen Stunden auf ein Vielfaches vermehren. Im Gegensatz dazu verhindert eine höhere Wassertemperatur (von 60 °C oder mehr) die Vermehrung und führt sogar die Abtötung herbei.
Gefahr beim Luftholen
Wer sich nun fragt, warum dem Anlagenmechaniker soviel daran gelegen ist, dieser Lebensform das Lebenslicht auszupusten, der muss an die Legionäre von Philadelphia erinnert werden. Befindet sich eine gefährliche Art von Legionellen in entsprechend großer Anzahl im Warmwassersystem, werden diese vom Menschen durch Einatmen von Wassernebel aufgenommen. Wassernebel entsteht zum Beispiel beim Duschen. Die Folge kann eine Erkrankung an Pontiac-Fieber (ähnlich einer Grippe, aber harmlos) oder an Legionellose (auch Legionärskrankheit genannt) sein. Letztere ähnelt im Anfangsstadium einer Lungenentzündung, führt aber unbehandelt schnell zu zusätzlichen Beschwerden wie Herzproblemen, Sehstörungen und Bewusstseinstrübungen. Erkranken kann jeder - besonders gefährdet sind aber Personen mit geschwächtem Immunsystem (z. B. Säuglinge, ältere Personen, Raucher).
Was tun, wenn?
Werden in einem Warmwassersystem Legionellen in bedenklicher Anzahl festgestellt, muss ihnen der Kampf angesagt werden. Eine Maßnahme ist die thermische Desinfektion. Dazu muss der Wassererwärmer auf über 70 °C aufgeheizt werden. Dann wird an jeder Warmwasserentnahmestelle nacheinander mindestens drei Minuten lang heißes Wasser entnommen. Während dieser Maßnahme muss man natürlich sicherstellen, dass kein Bewohner des Hauses ungewollt dieses sehr heiße Wasser entnimmt und sich womöglich verbrüht. Ferner gibt es die chemische Desinfektion, bei der man die Warmwasser-Anlage mit einer hochdosierten Chlorlösung durchspült. Da der dafür nötige Chloranteil den gemäß Trinkwasserverordnung festgelegten Grenzwert bei Weitem überschreitet, muss die Warmwasseranlage für diese Maßnahme vom Trinkwassernetz abgetrennt werden. Beide Maßnahmen – die thermische und die chemische Desinfektion – bekämpfen allerdings nur Symptome und nicht die Ursache des Problems. Sie alleine können ein Legionellenproblem folglich nicht dauerhaft lösen; besonders deshalb nicht, weil es sich um Einzelmaßnahmen handelt. Hier greift die Lösung von Franke in Form der elektrolytischen Desinfektion. Dabei wird freies Chlor durch einen elektrochemischen Prozess aus dem Wasser selbst und seinen natürlichen Inhaltsstoffen erzeugt. Diese Reaktion findet in einer Elektrolysezelle statt, in der das Wasser entweder stagniert (Batch-Verfahren) oder durchfließt (Durchflussverfahren). Mit dem Batch-Verfahren kann eine Vorratslösung (Stammlösung) für Dosierzwecke hergestellt werden. Beim Durchflussverfahren wird das Wasser mit dem erforderlichen Desinfektionspotenzial versehen. Mit beiden Verfahren kann nach Aussagen von Franke die Anzahl der Legionellen und anderer unerwünschter Mikroorganismen erheblich reduziert werden.
Wird das Verfahren an neuen Anlagen eingesetzt, kann die Bildung eines Biofilms in den Rohren sowie die Ansiedlung von Legionellen unterbunden werden. In bestehenden Anlagen eingesetzt, ist zumindest eine Eindämmung der Kleinstlebewesen möglich. Klar wurde uns beim Besuch im Schulungszentrum in Ludwigsfelde, dass es sich hier um ein Thema handelt, dass umfangreiche Kenntnisse erfordert. Unsere Recherche und unser Weiterbildungsausflug haben sich also in jeder Hinsicht gelohnt.