Dicker Daumen reicht nicht!
Mal eben am Telefon dem Kunden zurufen welche Leistung seine Wärmepumpe haben sollte, das wär´s noch. Dann die Glaskugel wieder vom Tisch nehmen, Füße drauf legen und weitere Weissagungen aus Karten und Kaffeesatz lesen.
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So stellen sich anscheinend viele Laien den Alltag eines SHK´lers vor. Denn solche Schnellschüsse werden oft von uns erwartet. Man fühlt sich natürlich gebauchpinselt und gibt zu dem ein oder anderen Thema auch mal eine Auskunft. Aber Vorsicht! Auskünfte von größerer Tragweite sollten bestens überlegt werden. Auch dem schlichtesten Gemüt sollte klar sein, dass bei der Investition für eine Wärmepumpe von vielleicht 20.000 Euro ein Auslegungsfehler sehr unerfreulich sein kann. Und das einmal angeschlossene Pümpchen soll ja dann noch zur Zufriedenheit der Betreiber 20 Jahre und mehr in Betrieb bleiben. Also: In der Ruhe liegt die Kraft!
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Sinn und Unsinn der WP
Schon sehr viel ist darüber berichtet worden wann denn eine Wärmepumpe (WP) überhaupt sinnvoll eingesetzt werden kann. Der Altbau mit den alten Fenstern die zuletzt 1980 erneuert wurden ist sicherlich nicht der klassische Einsatzort. Hingegen ist der EnEV-gerechte Neubau ohne Einschränkung für den Einsatz der WP geeignet. Denn wenn diese Technik eingesetzt werden soll, dann mit niedrigen Temperaturen. Die Heizkörper mit einer Auslegung für 70 °C Vorlauftemperatur kriegt man nicht ganzjährig und dabei kostengünstig mit einer WP erwärmt. Wenn die geforderte Heizleistung jedoch, wie im Neubau üblich, sehr niedrig ist und dann sogar mittels Fußbodenheizung und bei 38 °C Vorlauftemperatur angeboten werden kann, dann heißt einer der Heizfavoriten „WP“. WP bei hohen geforderten Vorlauftemperaturen ist ein No-Go-Kriterium. Ist dieser Umstand geklärt, kann man sich in Ruhe an die Dimensionierung begeben.
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Die Heizlast
Wie bei allen Wärmeerzeugern und Heizflächen sollte zuerst die Last berechnet werden. Ohne festes Ziel vor Augen lässt es sich nur schwer ins Schwarze treffen. Die Heizlast nach DIN EN 12831 [1] gibt hier den Ton an (wir berichteten in der SBZ Monteur 11/2008, oder hier als pdf. direkt absaugen!). In der Praxis benötigt man eine gute Software, die Grundrisse und Schnitte des Gebäudes sowie die Angaben über die U-Werte der Wände, Dächer und anderer Umschließungsflächen. Bei einiger Übung erledigt sich die Heizlast pro Raum in unter zehn Minuten für ein durchschnittlich schwieriges Objekt. Ziel ist es natürlich, die Heizleistung aller Einzelräume zu ermitteln und diese abschließend zusammen zu fassen zur Gebäudeheizlast. Im nachfolgenden Beispiel ist eine Standardsituation durchgespielt.
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Der Warmwasserbedarf
In der Regel wird eine Wärmepumpe auch die Warmwasserbereitung übernehmen. Zur Dimensionierung gibt es Einiges zu beachten. Es kommt letztlich natürlich auf den geforderten Komfort und die Hygieneanforderungen an, in welcher Größenordnung eine Dimensionierung sinnvoll ist. Hier scheiden sich sehr oft die Geister. Fakt ist natürlich, dass der Sparbrauser im Vergleich zum Langzeitwarmduscher andere Warmwassermengen als ausreichend empfindet. Über die uralte Formel „Q“ ist gleich „m“ mal „c“ mal „delta Theta“ oder besser:
kann in jedem Fall der Energiebedarf für den Tag berechnet werden.
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Dabei ist:
Q = Die Energie in Wattstunden [Wh]
m = Die zu erwärmende Masse in Kilogramm [K]
c = Die spezifische Wärmekapazität in Wattstunden pro Kilogramm mal Kelvin [Wh/(kgK)]
Δϑ = Die Temperaturdifferenz in Kelvin [K]
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Mit diesem Ansatz erfährt man sehr leicht, welche Energiemenge am Tage für die Warmwasserbereitung zur Verfügung stehen sollte. Das folgende Beispiel konkretisiert diesen Gedanken.
Sperrzeiten
Die Elektro-Versorgungsunternehmen, kurz EVU, haben von Hause aus die Aufgabe, die Haushalte im Versorgungsgebiet wirtschaftlich mit Strom zu versorgen. Über den Tag verteilt kommt es dabei immer wieder zu Belastungsspitzen. Kunden, die aufgrund der Tatsache dass sie eine Wärmepumpe betreiben verbilligten Strom beziehen, können in diesen Spitzenlastzeiten vom Netz getrennt werden. Dies darf in den so genannten Sperrzeiten geschehen. Die Stromzufuhr kann dann maximal dreimal für jeweils zwei Stunden innerhalb von 24 Stunden unterbrochen werden, so sind die allgemeinen Vereinbarungen. Während dieser Zeit steht die Wärmepumpe dann weder für die Raumheizung noch zur Trinkwassererwärmung zur Verfügung. Es gilt also einen Vorrat anzulegen oder zumindest die Sperrzeit zu überbrücken. Denn die Bilanz am Ende des Tages muss natürlich stimmen. Auch hierauf wird im folgenden Beispiel eingegangen.
Beispiel: Wohnhaus Bella
Ein teilweise unterkellertes Wohnhaus, „Bella“, soll zukünftig mittels Wärmepumpe beheizt werden. Die vierköpfige Familie stellt erhöhte Ansprüche an Komfort und selbstverständlich an die Hygiene der Warmwasserbereitung. Eine aufwendige Wellness-Duschanlage kennzeichnet den hohen Standard. Mit der ökologisch erzeugten Wärme der WP soll auch die Wasch- und Spülmaschine betrieben werden. Das EVU bietet einen Tarif für Wärmepumpenstrom an, der die üblichen Sperrzeiten von maximal drei mal zwei Stunden beinhalten kann.
Zusammentragen der Vorgaben:
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Heizlast des Gebäudes nach DIN EN 12831
Die Berechnung ergibt eine Norm-Gebäudeheizlast von 8581 Watt. Und innerhalb von 24 Stunden natürlich 24 Stunden (h) mal 8581 Watt (W) also 205944 Wh.
Würde nur die Heizlast des Gebäudes abzudecken sein und wären keine Sperrzeiten des EVU zu bedenken, wäre also eine Wärmepumpe mit dieser Leistung ausreichend dimensioniert.
Warmwasserbedarf für erhöhten Komfort
Der Warmwasserbedarf für die sichtbar erhöhten Anforderungen der Familie liegt bei rund 75 Liter pro Kopf und Tag. Damit sollte rechnerisch folgende Energie an jedem Liefertag zur Verfügung stehen:
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Starttemperatur: 10 °C
Entnahmetemperatur: 45 °C
Entnahmemenge des Tages:
4 Personen x 75 l = 300 l = 300 kg
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Die Energiemenge zur Warmwasserbereitung an einem Tag beträgt also 12212 Wh.
Addition und Rücksicht auf Sperrzeit
Aus der Heizlast an insgesamt 24 Stunden und dem Tagesbedarf an Warmwasser ergibt sich:
Heizenergiebedarf: 205944 Wh
+ Warmwasserbedarf: 12212 Wh
= Gesamtenergiebedarf: 218156 Wh
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Die Sperrzeiten machen einen prozentualen Anteil des Tages aus. Da dreimal zwei gleich sechs Stunden Betrieb wegfallen, verbleiben mindestens 18 Stunden, in denen die WP ihre Leistung zur Verfügung stellen kann, um die Energiemenge bereit zu stellen. Daher gilt:
Gesamtenergiebedarf von 218156 Wattstunden geteilt durch 18 Stunden ergibt 12120 Watt. Die Leistung der Wärmepumpe sollte also bei 12 Kilowatt liegen. Es wird schnell klar, dass kürzere Sperrzeiten eine geringere Leistungsanforderung an die WP stellen. Bei vier Stunden Sperrzeit reicht eine Leistung von 10908 Watt und bei zwei Stunden Sperrzeit reichen sogar 9916 Watt. Ohne Sperrzeiten, wen wundert es, genügten 218156 Wh/24 h also 9090 Watt. Es gibt Bauherren die auf den kostengünstigen Wärmepumpenstrom verzichten und so die Sperrzeiten völlig legal umgehen. Diese Vorgehensweise sollte aber für jeden Einzelfall geprüft werden.
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Es ist natürlich keine Hexerei eine WP ordentlich auszulegen. Aber zwischen Tür und Angel geht das nicht. Die so ausgelegte Wärmepumpe hat keine großen Leistungsreserven für den Tag der Tage, an denen tatsächlich die tiefsten Außentemperaturen herrschen, für die das System dann ausgelegt ist. Aber Leistungsreserven sind auch für den effizienten Betrieb der WP eher nicht erwünscht.
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Literaturnachweis:
[1] DIN EN 12831: Heizungsanlagen in Gebäuden - Verfahren zur Berechnung der Norm-Heizlast