Heizkostenerfassung in der Praxis
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Nur wenige Ungerechtigkeiten erregen die Gemüter der Bewohner eines Mehrfamilienhauses intensiver als die, zuviel zu bezahlen. Dies gilt insbesondere für die Heizkostenabrechnungen. Man möchte auf gar keinen Fall für die Verschwendungssucht des Nachbarn auch noch mitblechen. Gerade wo man doch selbst so sparsam ist.
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Seit 1981 schreibt die Heizkostenverordnung eine verbrauchsabhängige Abrechnung vor. Auch in der aktuellen Fassung dieser Verordnung von November 2008, die im Januar 2009 in Kraft getreten ist, ist das nicht anders. Demnach sind zwischen 30 und 50 Prozent der Heizkosten abhängig von der Nutzfläche umzulegen. Mindestens 50 Prozent werden dann verbrauchsabhängig ermittelt. Einerseits hat diese Verordnung zum Ziel, durch eine gerechte Verteilung der Kosten für Ruhe zu sorgen. Andererseits wird durch diese Regelung der Sparwille der Bewohner belohnt. Ein schonender Umgang mit Heizenergie zahlt sich ja für jeden Einzelnen aus und geht seither nicht mehr im Chaos der Verschwendung der anderen Mitbewohner unter.
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Durch Verdunstung oder elektronisch
Untersuchungen zeigen den enormen Einspareffekt, der sich einstellt, wenn plötzlich gezählt statt pauschal geschätzt wird. In meiner Tätigkeit als Sachverständiger werde ich aber auch recht häufig angefordert, eventuelle Fehlmessungen zu untersuchen. Nicht selten misstraut man den Abrechnungen. Zum Teil sehe ich mir dann die Wohnungen und Heiz-Zentralen dieser Wohnhäuser an. Vor Ort stellen sich dann für mich auch die Fragen nach dem richtigen Einbau der verwendeten Komponenten. Zwei grundsätzlich unterschiedliche Methoden zur Ermittlung des Energieverbrauchs existieren nebeneinander. Eine einfache und ursprüngliche Art stellt der Heizkostenverteiler dar. In Form von beispielsweise einem Verdunstungsröhrchen wird die Auswirkung von Wärmeabnahme quasi aufgezeichnet. Je länger und je heißer also ein Heizkörper erwärmt wird, umso mehr Flüssigkeit verdunstet aus einem Röhrchen das auf der Heizkörperoberfläche befestigt ist. Wichtig ist hierbei, dass unterschiedlich große Heizkörper auch mit entsprechendem Faktor bewertet werden. Der winzige Heizkörper im Gäste-WC hat natürlich bei gleichem Pegelstand des Verdunsterröhrchens einen anderen Jahresverbrauch hinter sich als der riesige Gliederheizkörper im Wohnzimmer. Die Verdunsterröhrchen wurden mit der Zeit immer weiter verfeinert. Mittlerweile haben sich neben den Verdunstern elektronische Geräte etabliert. Ebenfalls aufgeklebt auf einem Heizkörper erfassen diese noch genauer die Abgabe von Energie im Hause. Technisch sind diese kleinen Kästchen dann sogar in der Lage per Funk ausgelesen zu werden. Am Ablesetag braucht dann also niemand mehr im Hause einen Urlaubstag verbraten, nur um den Herrn vom Ableseservice in die Wohnung zu lassen.
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Die Wärmemengen exakt zählen
Schon lange existieren auch Zählanforderungen die durch ein Verdunsterröhrchen und seinem elektronischen Ableger nicht erledigt werden können. Beispielsweise der Energieverbrauch einer Fußbodenheizung lässt sich durch diese Heizkostenverteiler nicht ermitteln, ebenso wenig wie für Konvektoren oder Lufterhitzer. Auch wenn die Messung entsprechend genauer sein soll, schreit es nach einer Alternative, dem so genannten Wärmemengenzähler. Dieser misst eigentlich physikalisch richtig und genau. Ein Zählwerk, vom Prinzip her wie ein Wasserzähler, misst dabei den Volumenstrom des Heizwassers. Diese Messung alleine würde aber nur registrieren, dass da eine gewisse Menge heißen Wassers durchgerauscht ist. Erst die gleichzeitige Erfassung der Vor- und Rücklauftemperatur ergibt ein schlüssiges Gesamtbild. Erst jetzt besagt das Ergebnis: Da hat jemand eine gewisse Menge heißes Wasser abgenommen und um eine gemessene Temperaturdifferenz abgekühlt. Und diese Messung wird dann nicht für jede Heizfläche, also Fußbodenheizung oder Heizkörper, einzeln vorgenommen, sondern kann wohnungsweise erfolgen. Letztlich ergeben die so ermittelten Werte, eingesetzt in eine Formel, die verbrauchte Wärmemenge:
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Dabei bedeuten:
- Q : Energiemenge in kWh
- m : Masse in kg
- c : spezifische Wärmekapazität in Wh/(kg • K))
- : Temperaturdifferenz in K
(sprich: delta Theta)
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Damit sich Theorie und Praxis decken, müssen die Wärmemengenzähler richtig eingebaut werden. Genau hier liegt aber oft Einiges im Argen.
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Todsünden beim Einbau
Nicht selten trifft man bei den Beschwerden von Mietern auf Misstrauen gegen den Vermieter. Oft werden auch die enormen Energiepreissteigerungen der letzten Jahre von den Beschwerdeführern nicht genug berücksichtigt. Aber es zeigen sich eben auch Fehler beim Einbau der Wärmemengenzähler. Vermeidbare Fehler, wie wir gleich feststellen werden. Meine eigenen Beobachtungen und Erfahrungen habe ich noch mit den gesammelten Werken eines Unternehmens in dieser Branche erweitert. Die folgenden Todsünden sind nicht nach Häufigkeit oder etwa Schweregrad der Verfehlung gelistet. Auch erhebt die Aufzählung keinen Anspruch auf Vollzähligkeit.
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1. Falscher Mindest- und Nenndurchfluss
Damit der Durchflusssensor den zu erwartenden Volumenstrom auch mit hinreichender Genauigkeit aufzeichnen kann, sollte die Auswahl entsprechend erfolgen. Ein behäbiger Woltmannzähler für riesige Volumenströme lässt sich beispielsweise durch den Verbrauch einer Zweizimmerwohnung kaum beeindrucken. Für den Fall, dass an eine zukünftige Erweiterung der Wohneinheiten gedacht wird, sollte man nicht schon auf eine Kapazitätsreserve im jeweiligen Zähler setzen. Die Messungenauigkeiten würden dadurch eventuell zu groß.
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2. Falsche Position des Wärmezählers
Der Einbauort, Vor- oder Rücklauf, ist auf dem Wärmezähler angegeben und sollte unbedingt berücksichtigt werden. Obwohl der Einbau des Zählers im Rücklauf wegen der niedrigeren Temperaturen üblich ist, sollte der Einzelfall für die Komponenten immer geprüft werden.
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3. Falsche Fliessrichtung des Zählers
Ist der Einbauort der richtige, sollte auch die Fliessrichtung entsprechend gewählt werden. Ein rückwärts laufender Zähler liefert Fehlmessungen.
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4. Falsche Einbaulage für den Zähler
Ein Wärmemengenzähler hat, wie auch ein Wasserzähler, eine vorgeschriebene Einbaulage. Jede andere gekippte oder schräge Position kann das Zählwerk beeinflussen und ebenfalls die Messung verfälschen. Für den senkrechten oder waagrechten Einbau gibt es oft entsprechende Zählerarten. Man sollt sich also nicht erst auf der Baustelle von den Gegebenheiten überraschen lassen. Eine sorgfältige Planung zur Einbaulage ist daher notwendig.
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5. Zu kleine Ein- und Auslaufstrecken
Kurz hintern einem Bogen, T-Stück oder Ventil, treten Verwirbelungen auf. Um diesen Einfluss auf die Messung zu vermindern sollten entsprechend ausreichende Abstände zu solchen Komponenten eingehalten werden. Die Einbaurichtlinien mit jeweiligen Mindestabständen werden häufig mit dem Zähler zusammen ausgeliefert. Ein Blick in diese Unterlagen ist also mehr als nur empfehlenswert.
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6. Die Messelemente in unterschiedlichen Kreisen montiert
Die Volumenstrommessung sollte zusammen mit den Temperaturmessungen entweder im Primär- oder Sekundärkreis erfolgen. Eine Mischung führt ins Chaos.
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7. Falscher Einbau der Temperaturfühler
Die Fühler sollten mindestens bis zur Rohrmitte reichen und angeströmt werden. Ist der Nenndurchfluss unter 25 Millimeter (z. B. Cu-Rohr 28 x 1,5), sind keine Tauchhülsen zugelassen. Ein Umstand der nicht immer berücksichtigt wird.
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8. Nicht richtig kombinierte Sensoren und Rechenwerke
Die so genannte Impulswertigkeit eines Sensors muss natürlich zwingend mit dem Rechenwerk übereinstimmen. Es darf nicht sein, dass beispielsweise der Durchflusssensor einen Impuls pro durchflossenen Liter an Heizwasser abgibt, das Rechenwerk jedoch diesen Impuls als eine Menge von zwei Litern interpretiert und in der Folge rechnerisch falsch einsetzt.
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9. Gekürzte, verlängerte oder aufgerollte Fühlerkabel
Bei Kürzung oder Verlängerung von Fühlerkabeln erlischt im Zweifel die Zulassung dieser Bauteilkomponente. Daher müssen die entsprechenden Längen recht genau geplant und bestellt werden. Auch das Aufrollen einer Überlänge kann, durch den eventuell entstehenden Induktionsstrom, zu Fehlern bei der Messung führen.
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10. Abstand der Signalleitungen zu anderen Leitungen zu gering
Andere stromführende Leitungen können die Signalleitungen der Fühler beeinflussen und daher ebenfalls das Messergebnis verfälschen.
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In meiner Praxis als Sachverständiger haben ich Streitigkeiten zwischen Mieter und Vermieter oft über einen langen Zeitraum beobachten müssen. Einbaufehler trugen ebenso zu solchem Zwist bei wie die Uneinsichtigkeit von Mietern und Vermietern. Lassen Sie es nicht so weit kommen, dass man wegen einer Unachtsamkeit von Ihrer Seite in Streit gerät. Wer auf Nummer sicher gehen will, überlässt nichts dem Zufall und arbeitet nach Checkliste. Dann wird fair abgerechnet und Ruhe und Frieden kehren (wieder) ins Haus ein.
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Autor: Dipl.-Ing. (FH) Elmar Held
www.ingenieurbueroheld.de