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Lampenfieber

Angst zu versagen

Die Bedenken zu versagen, sind die größte Ursache. Die Furcht vor Misserfolg blockiert die Gedanken, wirkt wie eine innere Wand, gegen die man läuft. Man hat Angst, alles zu vermasseln, sich vor dem Prüfer zu blamieren. Es gibt aber auch eine positive Seite: Lampenfieber ist wie ein Motor, der antreibt und die Leistungsreserven aktiviert. Man bereitet sich dann auf schwierige Arbeiten oder die Prüfung besser vor, engagiert sich stärker und leistet mehr. Gesundes Lampenfieber führt dazu, dass man über sich selbst hinauswächst und Schwierigkeiten als Herausforderung sieht, sich voll einsetzt und dabei Ehrgeiz entwickelt. Meist ist es nicht die Situation selbst, sondern die Bewertung der Situation und die befürchteten Folgen. Ansprüche und Erwartungen anderer sind oft gar nicht so hoch, wie man zunächst befürchtet.

Die Furcht, etwas nicht zu schaffen, hängt mit eigenen Zweifeln oder übertriebenem Ehrgeiz zusammen. Daraus entwickelt sich die Einstellung: „Wenn ich es nicht schaffe, enttäusche ich andere und stehe auch vor mir selbst blöd da.“ Man vergleicht sich mit anderen, die keine Bedenken haben, denen alles leicht von der Hand geht.

Lampenfieber ist mit einer hohen Ausschüttung des Stresshormons Adrenalin verbunden. Man kann es durch körperliche Aktivität abbauen, Bewegung im Freien hilft. Adrenalin stellt dem Körper viel Energie zur Verfügung, wenn es nicht abgebaut wird, erhöht sich das Lampenfieber.

Zweifel, ob es gut laufen wird, sind nicht grundsätzlich schlecht, sondern weisen darauf hin, dass man sich auf eine schwierige Sache besonders vorbereiten muss. Man kann es mit einem Verkehrsschild vergleichen, das den Autofahrer vor einer Gefahrenstelle warnt. Sich dem Zweifel bewusst zu stellen und ihn als Herausforderung zu sehen, ist besser, als ihn zu verdrängen. Das kann man aber als Widerspruch zum Selbstbewusstsein sehen.

Lösungen

Mangel an Selbstwertgefühl ist vielen gar nicht bewusst, man hat es sich nach und nach angewöhnt und kriegt es nicht mehr los. Mit einem guten Selbstwertgefühl beeindruckt man in einer Prüfung die Prüfer. Es macht Lampenfieber erträglich. Selbstwert ist zwar Voraussetzung für den beruflichen Erfolg, kann aber auch zur Überschätzung der Fähigkeiten führen.

Mit Selbstzweifel schadet man unbewusst dem eigenen Selbstbewusstsein. Man macht sich zu viele Gedanken über negative Folgen, über den „Worst Case“, wenn etwas nicht läuft, und darüber, was andere von uns denken könnten. Die Angst, sich zu blamieren, nimmt zu und überdeckt die eigenen Fähigkeiten und Talente. Für das Selbstbewusstsein gibt es keinen Kippschalter, den man im Bedarfsfall einfach umlegt. Selbstbewusstsein muss trainiert werden, genauso wie ein Muskel, der durch ständiges Training gestärkt wird. „Yes, we can“ – der Leitsatz des US-Präsidenten Obama. Dem ist auch nicht alles gelungen, aber er hat schwierige Aufgaben mit Mut angenommen. Wer Zweifel hat, ob etwas gelingt, wer Angst vor einem Missgeschick hat, kommt nicht zur vollen Leistungsentfaltung.

Manchmal hat sich Lampenfieber tief eingeprägt und entzieht sich der Kontrolle. Hilfreich ist es, mit anderen Personen darüber gleich zu reden statt zu grübeln. Selbst wenn man keine Rezepte von anderen gegen Lampenfieber bekommt, sobald man über den eigenen Zustand spricht und seine Gefühle äußert, verbessert sich die Situation. Aufkommende Bedenken werden am besten hinterfragt: „Warum habe ich jetzt Bedenken? Welche Auswirkungen haben meine Zweifel? Was kann schlimmstenfalls passieren?“

Bei Lampenfieber verändert man die Atmung unbewusst, atmet nicht mehr voll durch, hält für Sekunden sogar die Luft an. Vor allem das Ausatmen, der Abtransport des verbrauchten Sauerstoffs, wird vernachlässigt, die Sauerstoffaufnahme funktioniert nicht mehr. Ein- und Ausatmen ist ein unbewusster Vorgang, der ins Bewusstsein kommen muss. Die Sauerstoffaufnahme ist die einzige „erneuerbare Energie“, die grenzenlos zur Verfügung steht. Richtige Atmung löst innere Verspannungen. Und führt zu Gelassenheit. Eine gleichmäßige und tiefe Atmung ist ideal. Durch richtige Atmung gelangt bis zu 50 Prozent mehr Sauerstoff in die Lungen, das verbessert die Entspannung.

Lampenfieber erkennen und beeinflussen

Bild: Leicher

Lampenfieber erkennen und beeinflussen

Willkommen im Club der Perfektionisten

Perfektionismus steigert Lampenfieber. Typische Meinung des Perfektionisten: „Wenn ich nicht immer mein Bestes gebe, falle ich durch.“ Nicht nur die Wertschätzung anderer ist ihm wichtig, sondern perfekte Antworten. Um nicht „abzustürzen“, bemüht man sich um die Übererfüllung von Prüfungsaufgaben, in der Hoffnung, reichlich Anerkennung zu erfahren.

Wer immer mehr, immer besser, immer schneller werden will, dem geht die Fähigkeit verloren, Gelassenheit zu empfinden. Man steigert sich immer weiter in die Leistungsspirale, das bringt psychische Probleme mit sich. Durch übermäßiges Engagement nimmt man dann Erfolge und Anerkennung gar nicht mehr wahr. Ein Fehler ist für den Perfektionisten ein absolutes Desaster. Er denkt: „Wenn ich einen Fehler mache, dann mache ich überall Fehler.“ Perfektionisten kommen aus einem leistungsorientierten Umfeld, in dem hohe Leistungsstandards normal sind. Wenn geringe Wertschätzung für ausgezeichnete Ergebnisse hinzukommt, ist der
Perfektionist geboren.

Eine Panne wird weder anderen noch der eigenen Person zugestanden. Schlimmstenfalls wird sie als Beweis gedeutet, dass man nicht perfekt genug ist. Mit dieser Einstellung ist Gelassenheit kaum möglich. An der richtigen Stelle ist Perfektion erforderlich, aber eben nicht immer und überall. Und oft sind 99 Prozent auch genug.

Positive Selbstgespräche

Achten Sie mal genau darauf, wie Sie denken und mit sich selbst sprechen. Sind Ihre Gedanken vor einer schwierigen Aufgabe oder vor der Prüfung negativ? Das beeinflusst Ihr Verhalten und schadet Ihrem Selbstwertgefühl.

Selbstbewusstsein wird im Laufe des Lebens durch positive Erfahrungen erworben und verinnerlicht. Wer weiß, dass er sich auch bei Schwierigkeiten durchbeißen kann, wird zunehmend selbstbewusster. Wer „sich seiner selbst bewusst“ ist, hat die Bedeutung des Wortes für sich umgesetzt und packt unbeirrt ohne Vorbehalte an.

Sorgen Sie dafür, dass Sie nicht Opfer Ihrer eigenen Skepsis und Bedenken sind. Wenn man erwartet, dass etwas nicht klappt, dann klappt es auch meist nicht und man fühlt sich sogar noch bestätigt („Ich habe es doch gewusst“). Man nennt das “Self Fulfilling Prophecy“, eine sich selbst erfüllende Voraussage. Damit kann man sich sogar die Opferrolle angewöhnen. Und wenn mal etwas schief läuft? Es kommt eben auf den Umfang des Fehlers an und darauf, ob man ihn noch korrigiert. Prüfer haben auch Respekt, wenn man zum eigenen Fehler steht oder für eine Antwort etwas mehr Zeit braucht. Der Umgang mit einem Fehler ist auch ein ­Lernprozess fürs Leben.

Im Selbstgespräch

Bild: Leicher

Im Selbstgespräch

AUTOR

Dipl.-Betriebswirt Rolf Leicher
ist Fachautor und Referent; Telefon: (0 62 21) 80 48 82

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