Wem das kollegiale Verhalten am Arbeitsplatz nicht genügt, strebt Freundschaft an. Job-Freundschaften führen zur gegenseitigen Unterstützung bei Arbeitsüberforderung eines Einzelnen und motivieren zum Durchhalten. Man ist zufriedener und motivierter, wenn man sich auf einen „Kumpel“ verlassen kann. Kontakte werden auch online über die Netzwerke geführt. Ist die virtuelle Kommunikation wichtiger als die persönliche? Man sagt, dass das eine das andere ergänzt, nicht ersetzt. Hauptsache es gelingt, Wertschätzung und Vertrauen aufzubauen, ob offline oder online spielt dann keine Rolle.
Für gute Beziehungen genügt der „Small Talk“, es muss nicht zum „Story Telling“ ausarten. Themen gibt es genug: Urlaub, Sport, Hobby, Besuch eines Events, Familie, Wetter. Dabei stellt man Fragen, kommentiert Antworten positiv und verzichtet auf Belehrungen und Appelle. Beziehungen unter Kollegen führen dazu, dass sich die beiden vom Team abgrenzen, als „Verbündete“ auftreten und die Organisation beeinflussen können. Besonders in kleineren Betrieben mit wenigen Mitarbeitern wirkt sich das spürbar aus.
Merkmale einer Job-Freundschaft:
Klüngelei mit dem Job-Freund
Oliver ist fast genauso alt wie Daniel. Er fährt auch gerne Motorrad wie Daniel. Und geht auch in den gleichen Club wie er. Gleiche Interessen, gleicher Familienstand, gleiche Ansichten – das sind gute Voraussetzungen für die Job-Freundschaft. Und trotzdem sollte man es langsam angehen lassen, sich nicht anbiedern. Freundschaften müssen reifen, das Bedürfnis hierfür muss auf beiden Seiten bestehen. Beispiel: Jonas hat sprichwörtlich einen Narren an Marvin gefressen und sucht dauernd Kontakt. Der zeigt wenig Interesse hierfür, es fällt ihm allerdings nicht leicht, die Bemühungen von Jonas abzuwehren; nicht leicht, Grenzen aufzuzeigen und intensive freundschaftliche Kontakte zu unterbinden.
Ein freundschaftlicher Umgangston und das Duzen sollten in diesem Fall für die Beziehung genügen. Auf der Suche nach Freundschaften im Job kann man auch sein persönliches Netzwerk einfach erweitern. Man setzt nicht nur auf die eine Lieblingskollegin, sondern ist aktiv an anderen Kolleginnen interessiert und wartet die Entwicklung ab.
Lichtblicke
Keiner kann jemanden bei Problemen vor Ort so gut ermuntern wie der Job-Freund. Wenn man nicht mehr weiter weiß, ist die enge Beziehung zu ihm hilfreich. Man findet bei ihm Unterstützung und Verständnis. Das wiederum steigert die Leistungsbereitschaft und bringt einen Motivationsschub. Freundschaften ermöglichen vor allem den Abgleich von Selbst- und Fremdbild. Jeder braucht den interaktiven Austausch mit anderen Menschen, insbesondere mit Freunden. Je besser man sich kennt und vertraut, desto eher sagt man sich Dinge, die man einem normalen Kollegen nicht sagen würde und nicht anvertraut. Hat Oliver private Probleme, z. B. in der Beziehung, kann er von Daniel Verständnis erwarten, vielleicht sogar einen guten Rat. Oliver lässt sich von ihm aufmuntern. Enge Freundschaften führen auch bei der Arbeitseinteilung schneller zu Kompromissen. „Freundschaft vermehrt das Gute und verteilt das Schlimme“, meint Baltasar Morales. Man erkennt auch, wenn der Job-Freund Hilfe braucht, wartet nicht ab, bis er darum bittet. Der Kumpel erfährt auch mal ganz vertrauliche Dinge. Wertschätzung steht im Mittelpunkt, auch wenn man nicht immer einer Meinung ist.
Schattenseiten
Sind Freundschaften durchweg positiv zu sehen? Wenn der Fokus klar auf Themen liegt, bei denen Einigkeit und Übereinstimmung herrscht, ist alles im grünen Bereich. Es gibt auch heikle Themen, wenn einer von beiden das Sagen haben will und den anderen kommandiert: „Du kannst schon mal aufräumen …, Geh mal zum Auto und hol noch …, Setz du dich mal ans Steuer, ich hab mit dem Handy zu tun …“
Aus Freunden können auch Konkurrenten werden, wenn es z. B. um die Einteilung der Arbeits- und Freizeiten geht. Oder wenn die Urlaubsplanung ansteht, und beide die gleichen Termine möchten. Lange Zeit hat man gerne mit dem Freund gearbeitet, und jetzt wirft man ihm bei der Einteilung des Urlaubs Steine in den Weg.
Sagt der Job-Freund mal etwas, was nicht passt, muss man ihn gegen die eigene Meinung auch noch verteidigen. Ist das richtig? Man will ihn nicht vor den Kopf stoßen, verteidigt ihn nur, weil er eben der Freund ist. Ehrlich ist das nicht und es könnten die anderen im Team bemerken.
Kann man sich nicht auch gut verstehen, ohne miteinander befreundet zu sein? Für einige reicht Kollegialität völlig aus, sie wollen sich von niemandem abhängig machen. Je enger man befreundet ist, desto höher die Erwartungen, die immer weiterwachsen können. Werden sie nicht erfüllt, entsteht Enttäuschung, die nachhaltig wirkt. Auch im Kollegen-Verhältnis ohne Job-Freundschaft wird man sich untereinander helfen, wenn es mal nötig ist. Bei einer Freundschaft kann Hilfsbereitschaft überhandnehmen, und dann bleibt die eigene Arbeit liegen. Oliver verlässt sich zu sehr auf die Mithilfe von Daniel und überfordert ihn damit. Die Freundschaft kann sich auf Talfahrt befinden, wenn das oft vorkommt. Wie kann man jetzt den Rückzug antreten?
Empathie – sehr wichtig in der Freundschaft
Das Wort „Empathie“ kommt aus dem Griechischen und meint die Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen. Mit Empathie nimmt man die Gedanken und Gefühle einer Person, die einem sehr nahesteht, ohne Vorurteile wahr. Um eine Person besser zu verstehen, ihr Handeln nachzuvollziehen, heißt es, sie in den Mittelpunkt zu stellen.
Wer sich offenbart und seine Gefühle transparent macht, zeigt Vertrauen zum Arbeitskollegen, ein positives Signal und die Basis für eine Freundschaft. Sich mit Anteilnahme und Verständnis zu äußern, zeigt Empathie, auch wenn man ihm in der Sache nicht helfen kann. Dabei muss man nicht immer der gleichen Meinung sein, nicht zu allem O.K. sagen. Gefühlsstarke Personen können sich schneller und intensiver in die emotionale Situation eines anderen versetzen, sie erkennen Emotionen schnell, verstehen sie und reagieren angemessen.
Freundschaft mit dem Chef?
Kommt wohl selten vor, wird aber von einigen Typen auch zum beruflichen Vorankommen genutzt. Sich beim Chef einschleimen ist dann für diejenigen sinnvoll, die sich damit Vorteile verschaffen wollen. Beispiel: wenn es um Erfüllung kleinerer privater Wünsche geht, die man sonst nicht durchbringt. Der Chef, selbst wenn er durchblickt, beurteilt den Schleimer positiv: „Er ist der Beste im Team.“
Wird jemand bei der Arbeitseinteilung bevorzugt, fühlen sich die Kollegen benachteiligt. Bevorzugung zeigt sich auch, wenn die Meinung einer Person wieder mehr beachtet wird als andere Meinungen aus dem Team. Wer bevorzugt wird, arbeitet engagierter, weil er auch in Zukunft die Bevorzugung genießen will. Gleichzeitig sinkt seine Beliebtheit im Team.
Gleichberechtigte Behandlung ist oberste Pflicht eines jeden Arbeitgebers. Nach den Regeln der Gleichbehandlung sollte er, z. B. bei der Einteilung der Arbeit niemanden bevorzugen. Betriebszugehörigkeit oder Sympathie sollten dabei keine Rolle spielen. Nach dem „Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz“ (AGG) ist jede Benachteiligung von Beschäftigten oder Bevorzugung von anderen unzulässig (§ 7 Abs. 1 AGG). Benachteiligung heißt auch, jemanden aus persönlichen Gründen anderen gegenüber schlechter zu stellen.