Mit der Hoffnung auf intensive Entspannung oder auf Erlebnisse fahren die meisten weg. Der Tempowechsel vom Berufsalltag zu den freien Tagen ist die erste Herausforderung, mit der man rechnen muss. Der radikale Rhythmuswechsel von der Arbeit zur Ruhe kann mühevoll sein. Häufig werden die Urlaubstage überfrachtet mit Aktivitäten, und man versucht, das nachzuholen, was sonst zu kurz kommt: Lesen, Sport, Besichtigungen, Hobbies. Damit stellt sich Freizeitstress ein, und eine Interessenkollision mit dem Ehe- oder Beziehungspartner, mit dem man gemeinsam den Urlaub verbringt.
Der Urlaub soll nicht nur die schönste Zeit des Jahres sein, er soll auch lange nachwirken.
Die Versuchung, zu verreisen ist groß, denn die Vielzahl günstiger Sonderangebote lockt, und nach den Wochen der Isolierung durch die Pandemie, will man einfach wieder mal raus, möglichst weit weg. Wer zuhause bleibt, wird meist noch bemitleidet. Denn auch Freunde und Bekannte sind unterwegs, liefern per App Fotos und melden sich per Handy. Da hat man schnell das Gefühl, etwas zu verpassen.
Erholung ist messbar
Wenn die Ferien am Urlaubsort so vollgestopft sind wie der Arbeitstag, kann von Erholung keine Rede sein. Wie soll man alle sportlichen Aktivitäten, die man 300 Tage zuvor nicht geschafft hat, in einigen Urlaubstagen nachholen? Wer Sport nicht mag, sollte sich im Urlaub nicht dazu zwingen, nur weil andere es machen. Aber auch der Vorsatz „Ich muss mich jetzt erholen“ schafft Druck und schadet der Gelassenheit.
Bewährt hat sich die „Selbstbestimmtheit“, spontan zu entscheiden, wann man was macht und wie lange man dranbleibt. Hinzu kommt die mentale Erholung, ohne Ziel in den Urlaubstag hineinzuleben, was von vielen belächelt wird. Man muss nicht an jedem Urlaubstag bis zur Erschöpfung aktiv sein, nur weil andere es tun? Dabei ist die individuelle Balance zwischen Tatendrang und Nichtstun viel wichtiger, man muss sich das fest vornehmen und den Mut haben, dies zu kommunizieren.
Was stört die Erholung?
Gerade bei Kurzurlauben ist eine längere Anfahrt mit Staugefahr ein Störfaktor. Mit Stress am Urlaubsort angekommen, fühlt man sich ausgelaugt, oder wird sogar krank. Auch der Klimawechsel im Urlaub kann eine Belastung sein. Viele fragen sich, ob der Urlaub zuhause, statt in Spanien nicht wirksamer ist, zumal auch preisgünstiger. Je höher die Belastung direkt vor dem Urlaub, umso geringer ist der Erholungswert, gerade bei einem Kurzurlaub.
Warum werden manche im Urlaub krank? Die Wahrnehmung des eigenen Wohlbefindens ändert sich. Unter dem Job-Stress werden Beschwerden ausgeblendet, im Urlaub reagiert man auf Beschwerden sensibler.
Urlaub mit System
Viele verreisen in der Gruppe, oder zu zweit. Mit der Bestimmung des Reiseziels entsteht schon Druck, es macht Mühe, sich durchzusetzen, oder man gibt unter Murren nach. Wenn die Diskussionen vorüber sind, sollte spätestens beim Kofferpacken die Stimmung positiv sein, eine echte Vorfreude entstehen. Ideal ist es, wenn auch die Anreise schon angenehm verläuft und als ersten Teil der Ferien empfunden werden kann. Im Urlaub werden idealerweise in den ersten Tagen einige Alltagsgewohnheiten aufrecht erhalten bleiben. Damit die Umstellung nicht zu groß ist, kann man das Aufstehen oder die Mahlzeiten zu den gewohnten Zeiten einhalten. Alle Gewohnheiten gleichzeitig auf Urlaub zu programmieren, ist nicht immer leicht.
Ist der Urlaubseffekt nach zwei Wochen bereits verpufft, hat Nachhaltigkeit nicht funktioniert.
Wer seine Urlaubserinnerung reflektieren kann, profitiert länger von der Nachhaltigkeit. Erzählt man zuhause von Urlaubserlebnissen, verankern sich die Ferien im Langzeitgedächtnis. Fängt man an einem Mittwoch zu arbeiten, hat man nur noch eine kurze Arbeitswoche vor sich. Wenn die Kollegen die Stellung halten, darf man davon ausgehen, dass nicht allzu viel liegen bleibt. Denn Arbeitsrückstände belasten den Urlaubsrückkehrer. Schon der Gedanke im Urlaub an einen Rückstand vermindert die Entspannung. So sinnvoll das Garnichts-Tun auch sein mag, da kommen schnell Gedanken auf, wie es zuhause läuft, ob die Kollegen klarkommen, die Termine wahrgenommen werden. Und im schlimmsten Fall fürchtet man, dass sich andere, die auf Karriere aus sind, vordrängen werden.