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„Chef“ oder schon „Coach“?

Mitarbeiter der „Generation Z“ erwarten einen anderen Führungsstil als die Generation vor ihnen. Von Autorität und anerzogenem Respekt im Betrieb halten jüngere Monteure nicht viel, das überrascht die reifen Jahrgänge. Heute ist der Arbeitgeber weniger Chef oder Manager, sondern mehr der Coach. Für Coaching ist der Sport das beste Vorbild. Besonders im Mannschaftssport wie im Fußball geht es gar nicht ohne. Im Betrieb ist der Coach Leader und Teamplayer zugleich. Anordnungen gibt es erst, wenn das Thema vorher gründlich mit dem Team diskutiert wurde. Bei der Personalbeurteilung gibt es nicht wie früher Kritik, wenn etwas schiefläuft, sondern ein Feedbackgespräch.

Jeder Monteur will erkennen, dass er gebraucht wird und einen wesentlichen Beitrag zum Betriebserfolg leistet. Die herkömmliche Hierarchie, die von Distanz und Respekt geprägt ist, hat beim Coaching wenig Bedeutung. Als Coach begegnet der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern auf Augenhöhe, ist besser erreichbar als früher und nimmt sich genauso viel Zeit für sein Team wie für die Kunden. Nach wie vor gilt, Mitarbeiter vorwiegend durch den persönlichen Umgang zu motivieren. Gleichzeitig zeigt der Coach als Verantwortlicher für den Betrieb auch Stärke und Souveränität, wenn Probleme entstehen. Er kann sich durchsetzen. Bei Coaching zeigt das Team die Bereitschaft, private Interessen auch mal zurückzustellen und Mehrarbeit ohne Frust zu leisten. Erfolgreich coachen heißt, auch Sympathien und Vertrauen zu gewinnen. Mit einem großen Punktestand an Sympathien wird er von allen akzeptiert und darf auch nach außen hin Loyalität von seinem Team erwarten. Ideal ist es, wenn der Mitarbeiter sagt: „Ich möchte diesen Coach und nicht mehr den Chef von früher“.

Gute Kommunikation hat einen großen Stellenwert und neben dem Begriff „Kundenorientierung“ hat die „Mitarbeiterorientierung“ das gleiche Level. Einem Coach gelingt der Perspektivenwechsel, er kann sich schnell in die Rolle seines Teams versetzen und trifft aus diesem Blickwinkel Entscheidungen. Besondere Leistungen werden ausdrücklich anerkannt und in bestimmten Fällen sogar prämiert. Als Coach sorgt er für gutes Betriebsklima und bevorzugt nicht bestimmte Personen, die Ja-Sager, die Lieblingsmitarbeiter werden wollen.

Früher Chef, heute Coach

Im Coaching erhält jeder Mitarbeiter eine auf ­seine Situation und seine fachlichen sowie sozialen Fähigkeiten angemessene Führung. Merkmal ist der individuelle Bezug auf den einzelnen Mitarbeiter im Gegensatz zu anderen Führungsstilen, die pauschal vorgeben, was zu tun ist, ohne die Situation des Einzelnen zu bedenken. So wie im Mannschaftssport der Coach auf jeden einzelnen Sportler individuell eingeht, um bei ihm Leistungsreserven zu wecken, stehen jetzt die individuellen Eigenarten des Einzelnen im Vordergrund. Das erfordert große Flexibilität des Coaches und eine große Portion Einfühlungsvermögen.

Coaching ist effektiv, wenn es für jeden ­Mitarbeiter im Team erkenn- und erlebbar ist. In der Praxis kann Coaching oft nicht in Reinform, also zu 100 Prozent, angewendet werden, sondern im Mix mit einer Prise autoritärer Führung. Bestimmte Elemente der autoritären Führung sind auch heute noch aktuell. Manche Mitarbeiter wollen noch so geführt werden, weil sie für sich nicht Verantwortung übernehmen wollen. Dann geht andere Führung eben nicht. Und deswegen hört man gelegentlich noch die Meinung, dass Coaching etwas für den Sport ist, aber nicht für die Führung des Personals.

Das Wir-Gefühl

Je mehr sich der Mitarbeiter als Teil des Betriebs fühlt, desto größer sein Engagement. Zufriedene Mitarbeiter unterscheiden sich von begeisterten Mitarbeitern. Wer begeistert ist, geht bis an seine Leistungsgrenze. Begeisterung zu schaffen, erfordert selbst Begeisterung zu zeigen und nicht Alltagsprobleme oder die Wirtschaftslage nur ­negativ zu beurteilen. Motivierte Mitarbeiter entwickeln Eigeninitiative, Engagement, Schwung und Begeisterung. Ein Mitarbeiter ist motiviert, wenn er von sich aus den „Antrieb“ zeigt, die ­Arbeitsziele möglichst gut zu erreichen. Ein gutes Einkommen motiviert jeden, daneben sind auch die immateriellen Motive zu beachten: Anerkennung, Lob, Mitspracherecht, Vertrauen, Freude an der Arbeit und Lust auf Leistung. Wichtige Vo­raussetzung beim Coaching ist es, Mitarbeitern ­Handlungsspielräume zu geben, dabei aber die Grenzen der Überforderung zu beachten. Bei ­aller Wertschätzung sind für Mitarbeiter manche Entscheidungen eine Nummer zu groß, sie fühlen sich überfordert.

Mitarbeiter wollen rechtzeitig über organisatorische Änderungen informiert und eingebunden werden. Informationsdefizite wirken sich negativ aus und werden immer wieder beklagt, seltener ein Overkill an Informationen.

Zu den Aufgaben der Führung gehört es, die Mannschaft mal zum Essen einzuladen, oder sich auf einem regionalen Volksfest zu treffen, eine Sportveranstaltung zu besuchen oder mit dem Team einen Grillabend zu veranstalten. Das zeigt Gemeinschaft, stärkt das „Wir-Gefühl“. Manchmal sind gerade die kleinen Dinge wichtig, z. B. die Gratulation zum Geburtstag oder die Feier zum Arbeitsjubiläum. Perfektes Coaching führt zu Mitarbeiterbindung (Retention) und reduziert die Fluktuationsrate.

Ein Wir-Gefühl im Team entsteht nur schwer bei einem autoritären Führungsstil, ist aber für den Erfolg eines Handwerksbetriebes mit Privatkunden sehr wichtig.

Bild: Andrey Popov – stock.adobe.com

Ein Wir-Gefühl im Team entsteht nur schwer bei einem autoritären Führungsstil, ist aber für den Erfolg eines Handwerksbetriebes mit Privatkunden sehr wichtig.

Autoritäre Führung nur im Notfall

Als starker Leader hat die autoritäre Führungskraft das Zepter in der Hand, delegiert nach dem „Top-Down-Prinzip“, von oben herab. Hat dieses Führungsprinzip nicht auch Vorteile? Ein unerfahrener Mitarbeiter braucht klare Ansagen und beurteilt autoritäre Anweisungen nicht automatisch negativ. Für ihn ist das zunächst weniger problematisch. Coaching darf deswegen nicht generell infrage gestellt werden.

Migranten im Arbeitsteam sind aus ihrer Heimat Anweisungen des Vorgesetzten gewöhnt, Unterordnung ist für sie nicht ungewöhnlich. Autoritäres Führen entlastet sie von der Verantwortung, denn der Vorgesetzte hat ihnen den Weg gezeigt, den sie gehen sollen. Es ist wie beim Autofahren, das Navi gibt die Route vor, der Fahrer macht, was es ihm sagt.

Autoritäres Führen wird bei der Einarbeitung meist angenommen. Manche Arbeitnehmer sind anfangs lieber weisungsgebunden, tragen nicht gerne allein die Verantwortung für die Arbeitsplanung und Organisation. Sie brauchen einen klaren Wegweiser. Sie akzeptieren Vorgaben und Kon­trollen und empfinden keine Abwehr gegen feste Regeln des Vorgesetzten.

Ich „muss“ oder ich „will“?

Im Idealfall sind die Mitarbeiter von der Führung begeistert, sie sehen ihren „Chef“ nicht mehr als Vorgesetzten, sondern Teil des Teams, der seine Mannschaft coacht. Gute Führung stärkt die Bindung des Mitarbeiters an den Betrieb, auch wenn es von anderen Stellenanbietern verlockende Stellenangebote gibt. Für autoritär geführte Mitarbeiter heißt es: „Ich muss jetzt X erledigen, so ist es angewiesen“. Beim situativen Führungsstil gilt für den Mitarbeiter: „Ich will jetzt X tun, weil es für die Firma und für mich wichtig ist.“ Der Mitarbeiter muss nicht etwas tun, er will es. Er ist von seiner Aufgabe überzeugt und tut etwas aus innerem Antrieb. Freude an der Arbeit und Lust auf Leistung sind seine Antreiber.

Führungsstile von ca. 1950 bis 2020:

1. autoritär: Führung aufgrund von Anweisungen

2. teamorientiert: Konzentration auf ein funktionierendes Team

3. motivierend: Motivation der Mitarbeiter für die Betriebsziele steht im Mittelpunkt

4. delegierend: Grundsatz ist die Delegation von Aufgaben und Verantwortung

5. situativ: Auf unterschiedliche Situation des einzelnen besonders eingehen

6. Coaching: Vorgesetzte in der Rolle des Coaches

Coaching heißt nicht nur auf harmonisches ­Miteinander zu achten, der Betrieb ist kein ­Streichelzoo, ein Kuschel-Management wird von Mitarbeitern kritisch betrachtet und sogar abgelehnt. Mitarbeiter wollen das Gefühl haben, dass sie einen für den Betriebserfolg notwendigen Beitrag erbringen, Tag für Tag. Für den Coach sind Mitarbeiter genauso wichtig wie Kunden.

1 Die Zusammenarbeit auf Augenhöhe ist wesentlicher Bestandteil eines zeitgemäßen Führungsstils

2 Im Idealfall will auch die „Mannschaft“ genau diesen Coach und nicht mehr den Chef von früher

3 Durch gutes Coaching erhält ein Team eine starke Motivation zum Wohl des Betriebes

4 Änderungen im Führungsstil hat es immer schon gegeben. Sie sind keine Erfindung der „Generation Z“

Personalführung als Coach oder Chef?

Bild: Quelle: Leicher

Personalführung als Coach oder Chef?
Gemeinsame Events zu erleben schafft ein positives Wir-Gefühl und weckt Vertrauen zum Coach

Bild: Nomad_Soul – stock.adobe.com

Gemeinsame Events zu erleben schafft ein positives Wir-Gefühl und weckt Vertrauen zum Coach

Autor

Dipl.-Betriebswirt Rolf Leicher
ist Fachautor und Referent; Telefon: (0 62 21) 80 48 8

Bild: Leicher

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