Solarenergie richtig dosieren mit „Low-Flow“ oder „High-Flow“
Wie eine thermische Solaranlage funktioniert wird in Deutschland mittlerweile schon in der Grundschule gelehrt. Aber wie sieht der Feinschliff an den Komponenten aus? Kann durch clevere Regelungstechnik lohnenswert mehr Energie geerntet werden als mit Standardideen?
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Es ist längst bekannt, dass mit dieser schwarzen Fläche auf dem Dach die ankommende Strahlungsenergie der Sonne in Wärmeenergie umgewandelt und dann mittels Solarflüssigkeit zum Speicher transportiert wird. Man weiß, dass dazu eine Pumpe nötig ist, da die Solarflüssigkeit nicht freiwillig den Weg zum Speicher überwindet. Klar ist auch, dass der Anlagenbetreiber diese Pumpe nicht morgens einschaltet und abends wieder ausknipst. Nein, eine Regelung sorgt dafür, dass diese Pumpe nur dann den Betrieb aufnimmt, wenn die Temperatur des Kollektors (aus dem lateinischen: collectio; zu deutsch: Sammeln) über der Speichertemperatur liegt. Dieser Weg zwischen Kollektor und Solarspeicher wird also durch Pumpenkraft überwunden. Denkt man länger über diesen Umstand nach, wird klar, dass dort nicht irgendeine Pumpe den Dienst aufnimmt, sondern jene mit abgestimmten Möglichkeiten und Eigenschaften.
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Volumenstrom kein Zufallsprodukt
Für die Standard-Solaranlage eines Einfamilienhauses (EFH) wird eine Pumpe gewählt, die den Volumenstrom zwischen 30 und 50 Litern/Stunde je Quadratmeter Kollektorfläche ermöglicht. Wäre also, um ein Beispiel zu nennen, ein Fünf-Personen-Haushalt in diesem EFH untergebracht, würden rund sechs Quadratmeter Kollektorfläche installiert. Diese sechs Quadratmeter Kollektorfläche sollten dann mit rund
6 m² x 50 l/(m² x h) = 300 l/h,
also 300 Litern pro Stunde durchströmt werden. Angenommen, die eben erwähnten sechs Quadratmeter Kollektorfläche würden an einem sonnigen Tag rund 3000 Watt Leistung erbringen. Der Speicher im Keller des Hauses hätte bereits eine Temperatur von 30 °C. Jetzt würden also diese 300 Liter pro Stunde (entspricht ungefähr 300 Kilogramm pro Stunde) an Solarflüssigkeit durch den Kollektor strömen und dort erwärmt. Die Erwärmung würde sich nach der uralten Formel
im Beispiel also
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mit rund 8,6 Kelvin in engen Grenzen halten.
So käme folglich Solarflüssigkeit mit rund 38,6 °C vom Dach zurück in den Speicher. Würde eine höhere Temperierung gewünscht, müsste man erst einmal mal passen. Was soll man da noch machen? Die Weichen sind gestellt. Schließlich kann man die Einstrahlung der Sonne nicht beeinflussen… jedenfalls reichen in den meisten Fällen die himmlischen Beziehungen für solche meteorologischen Vorgänge nicht aus.
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Langsamer wird’s heißer
Als einzige sinnvolle Größe in diesem System lässt sich der Massenstrom verändern. Verlangsamt man den Durchfluss der Solarflüssigkeit bei ansonsten gleicher Leistungsaufnahme des Kollektors, ändert sich auch die Temperatur. Die Flüssigkeit verweilt nämlich länger im Kollektor und heizt sich folglich auch längere Zeit auf.
Bei den im Beispiel angenommenen 3000 Watt an solarer Leistung ließe sich bei reduziertem Durchfluss von z. B. nur 90 Litern pro Stunde
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durch diesen kleinen Trick eine Temperatur von 58,7 °C vom Dach ernten. Diese Erkenntnis führt zu der Frage, warum man nicht gleich mit einem geringeren Volumenstrom arbeitet. Das hätte nicht nur höhere Temperaturen zur Folge, sondern auch eine Energieeinsparung, weil die Pumpe weniger leisten muss. Nebenbei könnte man auch noch den einen oder anderen Rohrquerschnitt des Vor- und Rücklaufs verringern. Was auf den ersten Blick ganz vernünftig erscheint, entpuppt sich allerdings als Mogelpackung.
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Viel hilft nicht immer viel
Wie auch bei Arzneimitteln ist die Dosis entscheidend. Zuviel eines Wirkstoffes kann tödlich sein. So ähnlich verhält es sich auch bei thermischen Solaranlagen mit der Temperaturdifferenz im System. Wird nämlich die Temperaturkomponente zu sehr ausgereizt, verschlechtert sich der Wirkungsgrad der Solaranlage. Die Grafik zum Arbeitstemperaturbereich stellt dar, wie beispielsweise der Flachkollektor mit einem Wirkungsgrad von rund 80 % bei Temperaturdifferenz von 0 K startet. Das bedeutet: Bei 20 °C Außentemperatur und gleichzeitig 20 °C Absorbertemperatur, werden 80 % der Strahlung in Wärme umgewandelt. Ein weiterer markanter Punkt dieser Darstellung zeigt, dass bei 40 Kelvin Temperaturdifferenz nur noch 60 % Wirkungsgrad zu erwarten sind. Also z. B. bei 20 °C Außentemperatur und einer Absorbertemperatur von 60 °C ergibt sich die Differenz von 40 K und somit dieser doch geringere Wirkungsgrad. Das Ziel, möglichst hohe Temperaturen vom Dach zu ernten, wird also immer mit einem Wirkungsradverlust erkauft.
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Langsam, schnell oder beides?
Soll die hohe Temperatur das oberste Ziel sein, ist die Auslegung mit geringem Volumenstrom sinnvoll. Ist das Ziel jedoch einen möglichst hohen Wirkungsgrad zu erzielen, sollte der Volumenstrom entsprechend hoch angesetzt werden. Beide Philosophien haben einen Namen bekommen:
Low-Flow-Systeme
mit Volumenströmen zwischen 10 bis 15 Litern pro Quadratmeter Kollektorfläche je Stunde
High-Flow-Systeme
mit Volumenströmen zwischen 30 bis 50 Litern pro Quadratmeter Kollektorfläche je Stunde
Matched-Flow-Systeme
bei denen beide Techniken zur Anwendung kommen. Je nach „Ernteauftrag“ und je nach Witterung und Energieverbrauch kann der Vorteil beider Systeme abhängig von einer Regelung genutzt werden. Die entsprechende Pumpe wird dann mittels Drehzahlregelung angesprochen
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Kampf der Systeme
Das Diagramm zum Arbeitstemperaturbereich von thermischen Solarkollektoren führt nebenbei vor Augen, was eigentlich allgemein bekannt ist. Der Vakuumkollektor knickt bei steigenden Temperaturdifferenzen zwischen Absorber und Außenluft in seinem Wirkungsgrad nicht so stark ein, wie der Flachkollektor, mal ganz abgesehen vom Solarabsorber. Also, sollte man denken, gibt es einen klaren Sieger im Kollektorkampf und die beiden Verlierer verschwinden vom Markt. Der Vakuumkollektor schützt den Absorber durch seine durchsichtige umhüllende Thermosflasche vor Auskühlung. Der U-Wert der Hülle liegt hier bei rund 2,0 W/(m²K). Der Flächkollektor hat eben nur eine Scheibe zwischen Außenluft und der schwarzen Sammelfläche und einen U-Wert von ca. 4,0 W/(m²K). Der Solarabsorber liegt mit einem U-Wert von etwa 20,0 W/(m²K) am Ende dieser technischen Möglichkeiten. Getreu der Darwin’schen Evolutionstheorie wäre da keine Lücke mehr für die beiden „Verlierer“, würde nicht auch das Verhältnis zwischen Preis und Nutzen eine entscheidende Rolle spielen. Der Vakuumkollektor ist eben bei gleicher Auslegung, bezogen auf die Leistung, teurer als der Flachkollektor.
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Porsche, VW oder Trecker
Die Nische für den Röhrenkollektor bietet sich daher oft dort, wo unter widrigen Umständen noch geerntet werden muss. Wenn eine thermische Solaranlage z. B. auch im Winter zur Beheizung des Hauses beitragen soll, geben die Vorteile des Vakuumkollektors oft den Ausschlag. Es handelt sich hier vergleichsweise um einen hoch motorisierten Porsche Cayenne. Wenn es „nur“ darum geht über das gesamte Jahr hinweg die Erwärmung des Trinkwassers zu unterstützen, verrichtet der Flachkollektor seinen Dienst im Vergleich mit den beiden Kontrahenten am besten. Hier stellt sich quasi ein wirtschaftlicher VW Golf vor. Soll im Sommer, bei ohnehin hohen Außentemperaturen, das Freibadwasser einen zusätzlich Temperaturkick bekommen, braucht keine Hightech-Installation mit recht hohen Investitionen angestrebt werden. Es reicht dann aus, einen einfachen Solarabsorber zu errichten. Im Vergleich mit den Konkurrenten Cayenne und Golf ist dieser langsame Trecker eher behäbig aber eben für den Acker besser geeignet.
Eine intelligente Regelung kann durchaus die Wirtschaftlichkeit einer Solaranlage steigern. Die Prinzipien High-Flow und Low-Flow sind Einflussgrößen auf das Temperaturniveau einer Solaranlage und damit am Wirkungsgrad des jeweiligen Kollektors beteiligt. Hohe Temperaturen lassen sich, wie auch in anderen Systemen, nur durch höhere Verluste erzwingen. Gute Ernte, aber auf verhältnismäßig niedrigem Temperaturniveau gibt’s nur bei geringer Erhöhung der Temperaturen.