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Effizienz am Limit

Wie funktioniert eigentlich die Anpassung einer Heizkurve?

Die Heizungsindustrie bietet uns hervorragende Wärmeerzeuger. Das Einbinden in ein bestehendes System ist dann meistens keine große Wissenschaft und der hydraulische Abgleich der Anlage ohnehin Pflicht! Den Heizungskeller dann aber zu verlassen ohne die Heizkurve richtig eingestellt zu haben mindert den Erfolg und das meistens für Jahre.

Von Erfolg kann man nämlich nur sprechen, wenn man dem Kunden einen maximalen Nutzen bereitet hat. Das bedeutet, dass man eben auch seinen Wärmeerzeuger optimal auf den Bedarf des Gebäudes anpasst. Nur dann minimieren sich die Kosten für den Brennstoff oder den eingesetzten Strom. Wie man eine Heizkurve (HKU) richtig einstellt oder gegebenenfalls im Finetuning noch optimiert, lesen Sie in diesem Bericht.

Basics I

Anhand einer Luft/Wasser-Wärmepumpe sollen die Zusammenhänge hier beschrieben werden. Diese Wärmepumpe [WP] mag keine hohen Temperaturen erzeugen, erst recht nicht bei kalten Außentemperaturen, denn dann quittiert sie dies mit niedriger Effizienz. So kann sie also bei 15 °C Außentemperaturen aus einer Kilowattstunde [kWh] Strom locker 4,5 kWh Wärme bereitstellen. Klar, weil sie beispielsweise nur 23 °C Vorlauftemperatur bereitstellt, beträgt die Anhebung nur 8 Kelvin (23 °C - 15 °C = 8 K). Dagegen quält sie sich enorm bei -10 °C. Denn dann muss sie vielleicht auf 35 °C aufheizen, um die Bude noch warm zu kriegen, das sind dann satte 45 Kelvin Temperaturdifferenz (-10 °C - 35 °C = 8 K). Aus kühlerer angesaugter Luft höhere Vorlauftemperaturen zu erzeugen läuft eben nicht so effizient und vielleicht nur noch im Verhältnis von 2,5 kWh Wärme je eingesetzter kWh an Strom.

Klar ist daher, dass man diese Wärmepumpe nicht ganzjährig 35 °C erzeugen lässt. Denn im Volldampf betreiben schmälert erheblich den Ertrag aus dem eingesetzten Strom. Man muss dieser WP also einer Regel unterwerfen, die ihr mitteilt welche Temperaturen wohl notwendig sein werden um das Haus entsprechend der Außentemperatur warm zu bekommen. Nur bei einer schlüssigen Regel liegen die Betriebsbedingungen optimiert vor, also ohne Komforteinbußen und bei maximaler Effizienz.

Basics II

Die Heizflächen eines Hauses stellen die zweiten, wichtigen Anforderungen bezüglich der Temperaturen für das Heizsystem. Während der Wärmeerzeuger und im genannten Beispiel die WP, möglichst geringe Temperaturen erzeugen sollte, gilt es hier die Besonderheiten der jeweils gewählten Heizfläche zu betrachten. Ein Heizkörper mit einer Stirnfläche von 1,5 Quadratmeter [m²] in einem Raum mit 20 m² Grundfläche soll beispielsweise 1000 Watt [W] leisten. Das schafft dieser sicherlich auch, jedoch benötigt er dazu eine Vorlauftemperatur von vielleicht 60 °C. Senkt man die Vorlauftemperatur auf 50 °C sind es nur 750 W beziehungsweise 500 W bei 40 °C im Vorlauf. Beheizt man hingegen den gesamten Fußboden können die geforderten 1000 W eventuell schon bei einer Vorlauftemperatur von 35 °C erbracht werden. Systembedingt braucht die Fußbodenheizung (FBH) ja nur 50 W/m² liefern (1000 W / 20 m² = 50 W/m²). Der Heizkörper soll irgendwie rund 667 W/m² liefern (1000 W / 1,5 m² = 666,6 W/m²), weshalb er auch dann mehrlagig aufgebaut sein wird. Effizienz des Wärmeerzeugers muss in Einklang gebracht werden mit der systembedingten Anforderung der Heizflächen, sei es Heizkörper oder Fußbodenheizung.

Basic III

Man sieht natürlich am Trend der letzten Jahrzehnte die Folgen der Bemühungen um das Einsparen von Energie. Mittlerweile lassen sich Häuser bauen die weniger als 5 Liter Heizöl pro Quadratmeter in einem Jahr verbrauchen [l / m² x a]. Ein erheblicher Teil der Bestandsgebäude benötigt aber noch 15 bis 20 l/(m² x a). Die Dämmstandards alter Häuser sind also weit entfernt von modernen Neubauten. Und so ist es auch verständlich, dass man in einem Altbau ohne nachträgliche Dämmung und mit alten Fenstern höhere Leistungen pro Quadratmeter Wohnfläche [W/m²] aufbringen muss als in einem Neubau. Während also in einem Altbau bei Außentemperaturen von -12°C die Vorlauftemperatur auf 50 °C geprügelt wird, kann der Nachbar im Neubau noch locker 35 °C auskommen. Neben dem Wärmeerzeuger, der jeweils gewählten Heizfläche, ist daher natürlich auch der Dämmstandard eines Hauses zu beachten.

Erste Schlussfolgerungen

Es kann sie also nicht geben, DIE IDEALE STANDARDEINSTELLUNG AB WERK für eine Heizkurve. Der Lieferzustand eines Herstellers kann nicht die eben beschriebenen Zusammenhänge beinhalten, er kann sie schlichtweg nicht kennen. Es gilt daher immer diese Einstellungen individuell anzupassen. Grundregeln helfen natürlich die ersten Schüsse nicht direkt am Ziel vorbeizulenken.

Grundregel:

Fußbodenheizungen arbeiten mit HKU um 0,5

Heizkörperheizungen arbeiten mit HKU größer 1,0

Zahlen zur HKU?

Die Nummerierung der Heizkurven erfolgt nach einem logischen Rechenschema. Anhand eines Beispiels kann man dieses Schema leicht erkennen. Geht man davon aus, dass ein Raum auf 22 °C erwärmt werden soll, und der dort verbaute Heizkörper für eine Vorlauftemperatur von 70 °C ausgelegt wurde bei einer tiefsten Außentemperatur von minus 12 °C dann gilt:

Raumtemperatur: 20 °C

Vorlauftemperatur: 70 °C

bei einer Außentemperatur: -12 °C

Die Differenz zwischen Raumtemperatur und Vorlauftemperatur beträgt

70 °C - 20 °C = 50 K

Die Differenz zwischen Außentemperatur und Raumtemperatur beträgt

20 °C - -12 °C = 32 K

Das Verhältnis zwischen 40 K zu 34 K beträgt

50 / 32 = 1,56

also rund 1,6.

Für einen Fußbodenheizung mit folgenden Ansätzen könnte man folgende Zahlenpaarungen ansetzen:

Raumtemperatur: 20 °C

Vorlauftemperatur: 38 °C

bei einer Außentemperatur: -12 °C

Die Differenz zwischen Raumtemperatur und Vorlauftemperatur beträgt für die FBH

38 °C - 20 °C = 18 K

Die Differenz zwischen Außentemperatur und Raumtemperatur beträgt wiederum

20 °C - -12 °C = 32 K

Das Verhältnis zwischen 16 K zu 32 K beträgt

18 / 32 = 0,56

also rund 0,6.

Anhand von reinen Zahlenwerten lässt sich aber kaum der Verlauf einer HKU abschätzen. Dieser Verlauf wird daher grafisch abgebildet. Die beiden genannten Beispiele für eine Fußbodenheizung und eine Heizkörperinstallation werden daher als klassische Beispiele mit dem typischen Kurvenverlauf dargestellt und auf diese Weise gut lesbar.

Beispiele für eine Ablesung:

Heizkörper:

  • bei minus 12 °C Außentemp. folgt 70 °C Vorlauftemp.
  • bei 0 °C Außentemp. folgt 55 °C Vorlauftemp.
  • bei 10 °C Außentemp. folgt 39 °C Vorlauftemp.

Fußbodenheizung:

  • bei minus 12 °C Außentemp. folgt 38 °C Vorlauftemp.
  • bei 0 °C Außentemp. folgt 31 °C Vorlauftemp.
  • bei 10 °C Außentemp. folgt 27 °C Vorlauftemp.

Grundeinstellung

Zur Inbetriebnahme sollen extreme Beispiele helfen die richtige Ersteinstellung vorzunehmen.

Beispiel:

In einem Einfamilienhaus Baujahr 1975 war seit jeher eine Fußbodenheizung in Betrieb. Der Bauherr bestätigt, dass sämtliche Räume in den letzten Jahren immer ausreichend erwärmt wurden. Es gab keine Probleme mit der Versorgung. Nach dem Einbau einer Luft/Wasser Wärmepumpe soll die Anlage von Ihnen in Betrieb genommen werden. Sie gehen davon aus, dass eine Vorlauftemperatur von 45 °C bei einer Außentemperatur minus 12 °C ausreicht zumal neue Fenster eingebaut und die Kellerdecke und der Dachboden nachträglich gedämmt wurden. Die erste Einstellung erfolgt daher mit einer HKU mit folgenden Annahmen:

Die Differenz zwischen Raumtemperatur und Vorlauftemperatur beträgt für die FBH

45 °C - 20 °C = 25 K

Die Differenz zwischen Außentemperatur und Raumtemperatur beträgt wiederum

20 °C - -12 °C = 32 K

Das Verhältnis zwischen 25 K zu 32 K beträgt

25 / 32 = 0,78

also rund 0,8.

In erster Näherung wird also die HKU auf recht sicherem Niveau eingestellt bei einem Wert von 0,8. Der ist nicht gerade prickelnd für die Effizienz einer Wärmepumpe. Aber der Dämmstandard des Hauses lässt auf den ersten Blick kaum bessere Werte vermuten.

Feintuning I

Sie vereinbaren mit diesem Kunden einen weiteren kurzen Termin während der Heizperiode. Er soll seine Heizungsanlage beobachten. Das bedeutet, dass er die Räume wie Badezimmer und Wohnzimmer kritisch und sogar mit einem Thermometer überwacht. Sie haben die Stellantriebe der Fußbodenheizung für diese beiden Räume entfernt und damit die jeweiligen Heizkreise komplett geöffnet. Das ist notwendig, damit in den beiden Versuchsräumen ein Überangebot von Wärme nicht weggeregelt wird. Der Kunde notiert in unregelmäßigen Abständen die Außen- und Innentemperaturen und übergibt diese Notizen bei ihrem nächsten Termin.

Feststellungen bei Ihrem ersten Termin: Die Versuchsräume waren ständig unnötig warm. Die Wärmepumpe hat also sinnlos hohe Temperaturen erzeugt und ist damit unnötig in einen ineffizienten Arbeitsbereich gequält worden (armes Ding).

Die Folge: Nach dem ersten Termin wird die HKU auf einen Wert von 0,7 eingestellt bei ansonsten gleichen Versuchsanordnungen, also fortlaufender „Überwachung“ durch den Kunden. Dauer des Termins insgesamt 15 Minuten.

Feintuning II

Beim zweiten Termin zeigen die Notizen ein deutlich besseres Bild. Jedoch ist die Anlage bei Außentemperaturen über dem Gefrierpunkt zu kalt, bei Minusgraden werden die Räume ausreichend warm.

Die Folge: Nach dem zweiten Termin wird die HKU auf einen Wert von 0,65 eingestellt und die Kurve parallel nach links verschoben um drei Kelvin. Dauer des Termins wiederum insgesamt 15 Minuten.

Feintuning III

Der dritte Termin macht deutlich, was das Feintuning gebracht hat. Die beiden überprüften Räume erreichen die geforderten Temperaturen und die Wärmepumpe quält sich nicht sinnlos. Trotzdem wird die Parallelverschiebung von zuletzt drei Kelvin auf nur 2 Kelvin reduziert. Die Stellantriebe von Bad und Wohnzimmer werden wieder installiert und der Kunde verlässt seinen Wachposten für die nächste Zeit. Es reicht für die Zukunft, dass er sein Wärmeempfinden als Maßstab nimmt und bei einem Wartungstermin im nächsten Jahr seine Erfahrungen mitteilt. Die Heizungsanlage ist jedenfalls bezüglich der HKU optimiert worden. Anpassung der Steilheit und Parallelverschiebung werden fürs erste einen effizienten Betrieb sichern.

Nix übers Knie brechen

Die betrachteten Veränderungen an einer HKU kann man nicht beschleunigen durch ungeduldigen Aktionismus (drei Termine innerhalb einer Woche nach dem Einbau im Herbst). Die notwendigen tiefen Außentemperaturen lassen sich nämlich natürlich nicht erzwingen. Und es macht keinen Sinn eine Anlage ausschließlich im Herbst zu betrachten bei Außentemperaturen von tiefstens 5 °C. Das Gebäude reagiert eventuell sehr träge auf äußere Temperaturschwankungen. Ein Holzhaus wird beispielsweise anders reagieren als ein Betonklotz. Und es braucht eben auch eine Überprüfung des Hauses bei fortlaufenden Minusgraden. Auch kann der Einfluss von Sonneneinstrahlung in die betrachteten Versuchsräume das Bild durchaus verfälschen. Es wirkt übrigens nicht stümperhaft, wenn man eine „Baustelle“ zu diesem Zweck mehrfach anfährt, denn es gibt gute Gründe zum Nutzen des Kunden. Und wenn dem Kunden der Nutzen dieser Einstellungen klargemacht und er dann noch einbezogen wird, sollte dem Erfolg der gesamten Optimierungsmaßnahme nichts im Wege stehen.

Umsonst ist der Tod

Natürlich können solche Maßnahmen nicht aus lauter Nettigkeit und umsonst durch den Fachhandwerker übernommen werden. Der skizzierte Service kostet Geld und zwar das Geld des Kunden. Beim geplanten Einbau eines neuen Wärmeerzeugers könnte daher dieses Feintuning bereits als zusätzliche Position mit in das Angebot aufgenommen werden. Beim Vergleich von verschiedenen Angeboten wird diese Position, die beim Mitbewerber vielleicht nicht aufgeführt ist, angenehm auffallen, es ist ja schließlich keine Geldschneiderei. Will der Kunde eventuell diesen Service ausdrücklich nicht in Anspruch nehmen so lässt sich diese Position auch leicht streichen. Im Sinne einer effizienten Nutzung von Energie sollte ein solches Potenzial aber nicht ungenutzt bleiben. Ist der Kunde stutzig, kann er ja auch diesen Bericht an die Hand bekommen. Wetten wir, dass er einwilligt!

Übertragbarkeit

Die hier skizzierte Optimierung lässt sich natürlich übertragen auf andere Systeme und stellt immer eine Verbesserung gegenüber einer zufällig gewählten Heizkurve dar. Ein Brennwertkessel kann deutlich häufiger und zeitlich ausgedehnter im Brennwertbereich juckeln, wenn die Heizkurve nicht zu hohe Vorlauftemperaturen fordert. Ein Scheitholz- oder Pelletkessel, der ja eigentlich ohnehin schon hohe Vorlauftemperaturen in den Puffer schickt wird zwar direkt nicht betroffen. Diese Kesselregelungen verhindern ja die Unterschreitung des Taupunktes. Aber die Verteilungsverluste im Hause können durch eine angemessene und optimierte Vorlauftemperatur gemindert werden, denn die Regelung des Puffers gibt, nach einer Optimierung, nur noch zahme Temperaturen ins Netz. Reserven in der Vorlauftemperatur führen also immer zu einem Mehrverbrauch an Energie, den die Profis, also die Anlagenmechaniker, verhindern können.

Filme zum Thema

Sie können sich interessante Filme zum Thema ansehen. Dort wird gezeigt, wie schnell sich Heizkurven von gängigen Fabrikaten anpassen lassen:

Vaillant

http://www.youtube.com/watch?v=uvfml7OVf1Y

Junkers

http://www.youtube.com/watch?v=km52c_9lgsY

Viessmann

http://www.youtube.com/watch?v=qd7INt4Umjg

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