Heizkörpertuning
Ein Heizkörper wird üblicherweise verkauft mit einer gewissen Angabe zu seiner Leistung. Aha, denkt man dann, das Ding leistet also 850 Watt und warum nicht 1850 oder sogar 2850 Watt? Könnte man theoretisch eine Boost-Funktion auslösen, vielleicht sogar nachträglich?
Natürlich ist in Deutschland die Leistung eines Heizkörpers lange vor seiner Auslieferung schon per Norm erprobt und ausgewiesen. Die Leistung steht gewissermaßen in seinen Papieren. Wie kann ein cleverer Installateur die Leistung jedoch nachträglich anpassen. An welchen Rädchen muss er drehen um vielleicht doch noch einen Leistungszuwachs von 30 Prozent zu erhalten? Lesen Sie´s in diesem Bericht.
Leistungsprüfstand
Wenn ein Heizkörper (HK) auf einen Prüfstand gestellt wird und seinen Vor- und Rücklauf erhält, dann sind die Normweichen schon gestellt. Man erzeugt im Vorlauf eine Wassertemperatur von 75 °C und drückt dieses mittels Pumpe durch den HK. Dann regelt man solange an der Pumpe, bis die Temperatur im Rücklauf sich auf 65 °C einpendelt. Der superwärmegedämmte Versuchsraum erwärmt sich langsam. Ab einer Raumtemperatur von 20 °C hält man diesen Thermoraum auf exakt 20 °C. Man regelt dann auf der Heizseite bis wiederum eine Spreizung von exakt 75°C zu 65 °C zustande kommt und der Raum exakt auf 20 °C warm ist. Die Leistung die man nun zum Kühlen des Thermoraumes benötigt ist exakt die Normleistung des Heizkörpers. Ermittelt wird diese also bei 75/65/20 für Vorlauf/Rücklauf/Raumtemperatur. Keine Vorhänge überdecken den Körper dabei und keine Fensterbank verhindert die freie Konvektion.
Abweichungen von der Norm
Man merkt bereits an diesem Testaufbau, dass der Heizkörper nur in sehr seltenen Fällen und in Deutschland wahrscheinlich niemals unter diesen Bedingungen eingesetzt wird. Im Zusammenhang mit einer Brennwert-Anlage wird man die Auslegung des HK bei 55/45 vornehmen. Bei einem Pellets-Ofen im Keller sind auch 70/55 schon mal angesagt. Und die Leistung weicht dann jeweils von der Normleistung ab. Dazu gibt es Rechenregeln, die bereits im SBZ Monteur Ausgabe 12/2008 beschrieben wurden. Sie können diese auch im Netz nachschlagen. In diesem Bericht geht es aber nur um den Einsatz des Verstandes und nicht um Mathe.
Annahme
Die Heizkörper eines Mehrfamilienhauses wurden aufwendig erneuert. Die Arbeiten sind abgeschlossen und unerwartet werden im Winter Klagen der Bewohner laut. Die Buden werden nicht mehr warm. Schnell wird klar warum. Im Frühherbst hatte man den Wechsel der Fenster und die Fassadendämmung nicht mehr hinbekommen. Die Heizkörper sind also für die verminderte Heizlast, also der Zeit nach der thermischen Sanierung gedacht und ausgelegt worden. Ohne die neue Fenster und Fassadendämmung reicht die Leistung nicht aus. Schluss und Ende? Nein, denn dann hätte man diesen Bericht nicht schreiben müssen. Also was geht dann noch?
Volumenstrom erhöhen
Um den Leuten über den Winter zu helfen, kann der Volumenstrom der Pumpe erhöht werden. Ein jeweils betrachteter HK wird dann nämlich stärker durchströmt. Das Wasser kühlt sich nicht mehr so weit ab. War beispielsweise vor der Pumpenumstellung das Wasser sehr langsam durch den HK gepullert, so hat es sich von 70 °C auf 50 ° C abgekühlt. Der HK war damit genau in seiner Mitte 60 °C ((70+50)/2) warm. Seine Übertemperatur zu einem Raum mit 20 °C betrug dann 40 Kelvin (60-40=20). Wenn nun das Wasser im Eiltempo durch den HK schießt und sich nur noch von 70 °C auf 60 °C abkühlt, dann herrscht in der Mitte des HK eine Temperatur von 65 °C die Übertemperatur beträgt dann 45 Kelvin. Das Spielchen mit dem Volumenstrom lässt sich natürlich nicht beliebig treiben. Irgendwann singen nämlich die Ventile während die Umwälzpumpe Unmengen von Wasser durchs Netz drückt. Aber kleine Leistungsknicke lassen sich hierdurch ausgleichen.
Vorlauftemperatur erhöhen
Für die anstehende Heizsaison lässt sich auch ganz komfortabel die Vorlauftemperatur erhöhen. Statt 70 °C kann der Kessel nicht nur theoretisch sondern auch praktisch 90 °C erzeugen. Selbst wenn das Wasser sich wie zuvor um 20 Kelvin auf 70 °C abkühlen würde, hätte der HK immer noch eine mittlere Temperatur von 80 °C. Damit hätte er eine Übertemperatur von 60 Kelvin. das dürfte reichen. Schlimmstenfalls kann man diese Boost-Funktion ja noch kombinieren mit dem bereits beschriebenen höheren Volumenstrom. Eine Übertemperatur von 65 Kelvin wäre dann denkbar. Und im Frühjahr kommt dann auch die versprochene Fassadendämmung und die neuen Fenster. Dann wird selbstverständlich auch wieder die verstellte Heizkurve korrigiert und die Pumpe zurück gestellt. Denn die Boost-Funktion treibt die Anlage unwirtschaftliche Betriebszustände.