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"Stifte" sind keine Handlanger

Inhalt

Lehrjahre sind keine Herrenjahre. Diese Feststellung hat sicherlich jeder von uns schon irgendwann einmal gehört. Und da ist auch gar nichts dabei, denn dieser Ausspruch, so altmodisch er auch klingen mag, ist richtig. Wer etwas lernen will, der muss sich natürlich auch etwas sagen lassen. Aus dieser Tatsache heraus wird aber häufig eine Situation geschmiedet, die Rötger Feldmann in seinen „Werner“-Filmen immer wieder zum Ausdruck brachte. Wie sagte doch Geselle Ekkerhard da oft und schön zum „Stift“ Werner? „Du bist der Lehrling, du hast zu gehorchen!“

Pflicht zur Ausbildung

Ausbildung heute bedeutet aber mehr als „jemandem von Herzen dienen und das für wenig Geld“. Betriebe, die ausbilden, übernehmen mit dieser nicht immer einfachen Aufgabe eine wichtige Funktion für unsere Gesellschaft. Im Ausbildungsvertrag, der jedem Ausbildungsverhältnis zugrunde liegt, sind die Rechte und die Pflichten des Azubis und auch des Ausbildungsbetriebes klar geregelt. Der Ausbildungsbetrieb verpflichtet sich hier, dem Auszubildenden sämtliche, durch die Ausbildungsordnung vorgeschriebenen Fertigkeiten und Kenntnisse zu vermitteln. Würde ein Betrieb seine Lehrlinge also nur „aufräumen und fegen“ lassen, dann käme das einer Nichterfüllung des Ausbildungsvertrages gleich. Mehr noch: da heute eine noch engere Verzahnung von Berufsschule und betrieblicher Ausbildung gefordert wird, sollte der Ausbilder die Vermittlung der Kenntnisse möglichst in zeitlicher Abfolge nach dem Ausbildungsrahmenplan vorsehen. Mit anderen Worten: Auch im Betrieb müssen die Aufgaben des Azubis vom Einfachen bis hin zu immer anspruchsvoller werdenden Arbeiten gestaffelt werden. Verantwortlich dafür ist ein persönlich und fachlich geeigneter Ausbilder, der als Ansprechpartner für den Azubi im Betrieb zur Verfügung steht. Das ist entweder der Betriebsinhaber selber, oder ein Mitarbeiter, der ausdrücklich mit der Ausbildung des neuen Berufskollegen beauftragt wurde. Vielfach ist es so, dass der Lehrling mit einem Gesellen im Kundenhaus oder auf der Baustelle arbeitet, als Verantwortlicher für die Ausbildung (also als Ausbilder) aber der Meister des Betriebes zu nennen ist.

Verantwortlich ist der Meister

Als persönlich geeignet gilt der, der eine „saubere Weste“ hat, d.h. innerhalb der letzten fünf Jahre keine Freiheitsstrafe von zwei Jahren oder mehr zu verbüßen hatte und auch nicht wegen eines Sittlichkeitsdeliktes verurteilt wurde. Jemandem, der wiederholt oder schwer gegen das Berufsbildungsgesetz bzw. die Handwerksordnung verstoßen hat, kann man ebenfalls keine persönliche Eignung für die Durchführung einer Ausbildung bescheinigen. Fachlich geeignet ist, wer die entsprechenden Kenntnisse besitzt. Diese Kenntnisse muss der Ausbilder durch die erfolgreiche Ablegung einer Prüfung nachgewiesen haben. So eine Prüfung ist im Installateur- und Heizungsbauerhandwerk ganz sicher die Meisterprüfung. Mit der Meisterprüfung werden auch die erforderlichen berufs- und arbeitspädagogischen Kenntnisse gecheckt. Die Handwerkskammern haben auf alle Fälle ein Auge darauf, dass nur die Personen ausbilden, die alle dafür erforderlichen Voraussetzungen erfüllen.

Nicht mehr wie früher

Kommt jemand mit den meisten Aufgaben nicht klar, dann sagt man oft: „Der soll sich sein Lehrgeld wiedergeben lassen.“ Dieser Spruch hat seine Wurzeln in der Tatsache, dass die Lehrlinge im Mittelalter ihrem Ausbildungsmeister Geld zahlen mussten, um von ihm ausgebildet zu werden. Heute hat sich diese Situation komplett gedreht. Nicht nur, dass der Azubi von seinem Ausbildungsbetrieb bezahlt wird. Auch die, für die Ausbildung nötigen Werkzeuge, soll er vom Betrieb zur Verfügung gestellt bekommen. Sogar das Material, was er im Rahmen des Lernens und Übens verbraucht, ist für ihn kostenlos. Das gilt auch für alle Werkzeuge und Materialien, die zum Ablegen der Zwischen- und Gesellenprüfung benötigt werden. In die Kategorie „kostenlos für den Azubi“ fällt auch der Ausbildungsordner zur Führung der Ausbildungsnachweise und der Fachberichte.

ÜBL ist kein „Bildungsurlaub“

So, wie der Lehrling für den Besuch der Berufsschule freizustellen ist, muss ihm auch die Teilnahme an überbetrieblichen Ausbildungsmaßnahmen (kurz ÜBL genannt) als Arbeitszeit anerkannt werden. Das bedeutet, dass die Arbeitszeit beginnt, wenn sich der Azubi morgens in Richtung überbetrieblicher Ausbildungsstätte auf den Weg macht, und endet, wenn er wieder zu Hause angekommen ist. Für den Besuch der Berufsschule gilt: Beträgt die Unterrichtszeit am Berufsschultag mehr als fünf Unterrichtsstunden (à 45 Minuten), darf der Azubi an diesem Tag nicht mehr im Ausbildungsbetrieb beschäftigt werden. Dieses „Beschäftigungsverbot“ gilt aber nur einmal in der Woche und auch nur für die Auszubildenden, die noch nicht volljährig sind. Während der betrieblichen Arbeit darf der „Stift“ nur zu solchen Arbeiten herangezogen werden, die seiner Ausbildung dienen. Klar, wenn man mal eben für seinen Gesellen die Pausenzeitung vom Kiosk holen soll, dann ist das kein Thema. Bedenklich wird es, wenn der Anlagenmechaniker z.B. wochenlang im Garten des Chefs eingesetzt wird und die Grünanlage in Ordnung bringen soll. Als ganz besonders wichtig ist die Fürsorgepflicht des Ausbildungsbetriebes zu bewerten. Der junge Mensch darf nur mit solchen Aufgaben betraut werden, denen er auch körperlich gewachsen ist. Ferner dürfen im keine Aufgaben übertragen werden, die „seine sittliche Entwicklung“ in Frage stellen. Besonders letzteres klingt komisch – kann aber durchaus an Brisanz gewinnen, etwa dann, wenn es darum geht, einen Whirlpool in einem Bordellbetrieb zu reparieren.

Mitdenken ist angesagt

Nicht ohne sind aber auch die Aufgaben, zu deren Bewältigung sich der Auszubildende mit Abschluss eines Ausbildungsvertrages bereit erklärt hat. Allem voran steht die Lernpflicht. Sie verpflichtet den Azubi dazu, alles daran zu setzen, um sich die entsprechenden Kenntnisse anzueignen und die ihm übertragenden Aufgaben sorgfältig auszuführen. Dabei ist er seinem Ausbilder gegenüber vertragsgemäß weisungsgebunden. Das, was ihm sein Ausbilder sagt und was zu seiner Berufsausbildung zählt, muss er auch machen. So ist zum Beispiel das führen der Ausbildungsnachweise eine Pflicht. Verlangt der Meister zudem auch die regelmäßige Anfertigung von Fachberichten, so steht ein ja oder nein diesbezüglich nicht zur Diskussion – sie sind dann auszuarbeiten. Wer hier quertreibt und meint, das locker sehen zu können, der verstößt schon gegen seinen Ausbildungsvertrag. Als Selbstverständlichkeit darf es der Ausbildungsbetrieb auch erwarten, dass der Azubi mit dem Betriebseigentum sorgfältig umgeht. Mal eben mit dem Servicewagen zum Großhändler und dabei die Nadel des Drehzahlmessers immer schön im roten Bereich halten – ist also nicht. Und das Werkzeug irgendwo verschludern, frei nach dem Motto: „dann hol’ ich mir vom Alten Neues“, kommt auch nicht so gut. Mitdenken ist angesagt. Zur Pflicht des Azubis gehört es auch, immer da zu sein, wo sein Ausbilder ihn vermutet. Wer sich mal eben einen Berufsschultag knickt und sich eine persönliche Auszeit nimmt, der macht auch nicht das, was er vertraglich zugesichert hatte. Schlimmer noch: es könnte ein Grund sein, die Kündigung vom „Alten“ dafür zu erhalten.

Wer krank ist und Berufsschule bzw. Betrieb nicht besuchen kann, der muss das seinem Ausbilder sofort mitteilen – wer länger als drei Tage fehlt, der muss seinem Chef spätestens am vierten Tag eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung einreichen. Denn wer seine Ausbildungsrechte gewahrt sehen möchte, der muss natürlich auch seinen Pflichten nachkommen. Und das sollte ja eigentlich etwas Selbstverständliches sein. Ausbildung beruht auf Gegenseitigkeit. Als Azubi muss man eben nicht einfach „gehorchen“ – man muss mitziehen.

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