Auszubildende richtig anleiten
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Wer Geselle ist, und einen Azubi zur Seite gestellt bekommen hat, übernimmt von der Ausbildung des Nachwuchs-Kollegen einen nicht unerheblichen Anteil. Allerdings, so scheint es, fehlt oft die Zeit „seinem Stift“ das eine oder andere zu zeigen. Aber der Schein trügt: Monteure, die ihren Lehrling gut anleiten, haben schnell den „zweiten Mann“ zur Verfügung.
Da ist er ja, der neue Stift. Der Grünschnabel, der von noch so gar nichts Ahnung hat. Dem kann man ganz schnell klar machen, warum man als Monteur mehr Geld verdient als er. Und so wird aus dem neuen Kollegen leider oft der Mann fürs Grobe: Material schleppen, Werkzeuge klarmachen, Baustelle fegen. Von tatsächlich Fachlichem oft keine Spur. „Wenn ich dich etwas machen lasse und du machst es falsch, dann dauert ja alles doppelt so lange“, lautet oft die Begründung für den Hilfsarbeiterjob des Azubis. Gefolgt von der entlastenden Entschuldigung: „Du hast ja noch die überbetrieblichen Unterweisungen - da wird man dir beibringen, wie man dies und das machen muss.“
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Nur mit den Augen geht nicht mehr
Natürlich kostet es Zeit, jemanden etwas beizubringen. Aber genau das ist ja der Sinn einer Lehre. Der Azubi soll „mit den Augen stehlen“, sagten die alten Meister. Der Spruch ist aber zu einer Zeit entstanden, in der noch Druckbleirohre gelötet wurden. Das konnte man sich noch abgucken. Nur mit zusehen ist es heute nicht mehr getan. Dafür sind die Techniken, mit denen wir konfrontiert werden, zu komplex. Es ist folglich notwendig, sich eine scheinbar unproduktive Zeit zu gönnen und dem Azubi etwas zu erklären. Es lohnt sich gleich doppelt. Der Lehrling erlernt eine neue Technik. Und da genau diese Technik auf der Baustelle gerade gefragt ist (sonst wäre man ja nicht auf den Trichter gekommen, diese zu erklären) kann man seinen ‚Stift’ anschließend sofort bei der Ausführung der Arbeiten einsetzen. Voraussetzung dafür ist aber, dass man die Kunst des richtigen Anleitens beherrscht.
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Alles gaaanz langsaaam und in Ruhe
In den meisten Fällen werden Arbeitsabläufe zu schnell und in einem zu großen Umfang gezeigt und sofort von dem Azubi in Perfektion abverlangt. Das kann nicht klappen und führt auf beiden Seiten zu Frust. Daher muss sich der erfahrene Kollege gut überlegen, wie und mit welchen „Happen“ er seinen Schützling mit neuen Infos programmiert. Ein komplexer Arbeitsablauf sollte folglich nicht als Einheit gezeigt, sondern in einzelne Schritte zerlegt werden. Der geprüfte Ausbilder spricht hier von Grobzielen, Richtzielen und Feinzielen. Unter diesen Zielen splittet man die Lernerfolge auf, die bei der Unterweisung erreicht werden sollen. Zum Beispiel sollte der Azubi nach der Unterweisung mit allen Werkzeugen und mit dem genauen Ablauf der Tätigkeit vertraut sein. Das ist ein Grobziel. Kann der Auszubildende die Arbeitsaufgabe selbstständig ausführen und Werkstoffe, wie Kupferrohr und Stahlrohr, in den unterschiedlichsten Durchmessern unterscheiden, hat man ein Richtziel erreicht. Und wenn das Ablängen der Rohre und die Herstellung eines Abzweiges dann noch zum Ergebnis haben, dass das Rohrstück gratfrei und millimetergenau gefertigt ist, kann man sich über das Erreichen eines Feinzieles freuen. Natürlich muss der Lehrling auch über mögliche Gefahren der jeweiligen Tätigkeit genau informiert sein, damit Verletzungen vermieden werden.
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In vier Stufen unterweisen ist clever
Bei jeder Unterweisung geht der Ausbilder nach einem bestimmten Schema vor. Dieses Schema nennt man auch die Vier-Stufen-Methode. Mit der ersten Stufe wird die Unterweisung vorbereitet und der Arbeitsplatz eingerichtet. Die zweite Stufe beinhaltet das Vormachen, Erklären, und Einweisen in die einzelnen Arbeitsabläufe. In der dritten Stufe führt der Auszubildende die erklärte Aufgabe aus. Dabei gibt der Geselle Hilfestellung und korrigiert die Arbeit, wenn nötig. Üben und Festigen sind die Inhalte der vierten und letzten Stufe, die dann schon aktiv (und produktiv sinnvoll) auf der Baustelle stattfinden kann. Hier führt der Lehrling die Arbeit mehrfach aus, um die Fertigkeiten zu trainieren. Der Geselle kann anschließend den Meister (der ja rechtlich als der eigentliche Ausbilder des Azubis gilt) über den Stand der Ausbildung informieren. Ideal wäre es, wenn der Meister seinem Azubi dann noch etwas Schriftliches an die Hand geben würde, in dem er die erlernten Arbeitsschritte auch noch einmal nachlesen kann.
Darüber hinaus bietet es sich an, über die neu erlernte Technik einen Bericht für das „Berichtsheft“ zu schreiben. Schließlich ist man jetzt im Thema drin und muss sich dann auch noch einmal schriftlich mit der Vorgehensweise auseinandersetzen. Auf diese Weise sind die Berichte auch wieder das, was sie sein sollen: Eine Lernhilfe - und keine Azubi-Schikane. Vor allem aber entsteht mit der Zeit eine tolle Win-Win-Situation: Dem Lehrling wird ordentlich Fachwissen und Können mit auf dem Weg gegeben. Und „sein“ Geselle hat schon bald einen Kollegen an seiner Seite, der ihm bei vielen Arbeiten aktiv unterstützen kann und ihm das Leben ganz sicher stressfreier macht.