Als Sachverständiger sieht man einigen Pfusch, u.a. gibt es immer wieder den Fall, dass Wartungsverträge vom Kunden zwar bezahlt, von den Betrieben aber nicht fachgerecht ausgeführt werden. Welche Vorgaben es gibt und was unser Experte Elmar Held davon hält.
Nicht warten kann gehörig schiefgehen – ein Beispiel
Da weiß ich doch selbst wie es ist: Man steht vor einer blitzsauberen Therme im blitzsauberen Spitzboden des Kunden. Der Chef hat mit ordentlicher Ankündigung bei diesem Kunden, der nebenbei ein langjähriger Freund des Chefs ist und noch dazu im örtlichen Schützenverein eine tragende Rolle spielt, den TK (sprich „Tikay“), die Kurzform Top-Kundendienstler geschickt, also Sie.
Nur, was jetzt noch tun? Schon auf den ersten Blick signalisiert diese Anlage: Ich bin sauber! Der Gasbrenner hatte anstandslos seinen Dienst verrichtet, und wenn überhaupt nur geringe Mengen Staub angesaugt.
Der eine oder andere würde jetzt denken: „Puuh, war ’ne stressige Woche und der Alte hat schon genug an meiner genialen Schaffenskraft verdient.“ Ich verschnaufe mal ein wenig auf diesem Spitzboden und checke mein WhatsApp, zumal hier oben das Smartphone einen guten Empfang hat. Und selbst wenn nachher etwas Störendes auffällt, wird der Kumpel vom Chef ja wohl kaum die Firma verklagen.
Also: Geringes Risiko bei maximaler Entspannung …
Zwei Wochen später säuft die Bude des besagten Kunden ab. Trinkwasser floss an einem Wochenende und in Abwesenheit des Kunden über den gesamten Spitzboden und anschließend durch den Treppenflur bis in den Keller. Der Schaden beträgt um die 25.000 € und ein Sachverständiger der Versicherung stellt fest, dass das durchgegammelte trinkwasserseitige Ausdehnungsgefäß der Auslöser für die Überschwemmung war.
Was glauben Sie, wird der Kumpel des Chefs veranlassen, um nicht selbst auf den 25.000 € sitzen zu bleiben? Richtig, er beauftragt seinen Rechtsanwalt, der mit einem deftigen Schreiben die Firma verklagt.
Schnell ist „ermittelt“, dass Sie der letzte Kundendienstler vor Ort waren. Im besten Falle ist dann nur Ihr Status als TK der Firma dahin. Schlimmstenfalls schleppt man Sie vor Gericht, wobei natürlich nicht Sie, sondern zuerst einmal Ihre Firma am Pranger steht.
Eventuell noch schlimmer: Der Schützenverein kriegt schnell Wind von der Sache und weiß auch, wer der Schuldige ist. Den Schuldigen foppt man dann zumindest so lange, bis die nächste Sau durchs Dorf getrieben wird.
Was gehört zur Wartung zwingend dazu?
Was kann der Kunde erwarten, insbesondere vor dem Hintergrund, dass er ja tatsächlich unwissend ist und Sie, der Profi, gegen entsprechendes Entgelt über sein Eigentum wachen? Diesen wichtigen Faktor der tatsächlichen Unwissenheit des Kunden sollte man nicht übersehen. Insbesondere im Zusammenhang mit bereits tödlich verlaufenen CO-Vergiftungen durch schlecht gewartete Heizungsanlagen kann nicht genug zur Ernsthaftigkeit gemahnt werden. Ein Versicherungsschaden ist eine Sache und mit Geld zu bezahlen. Im Zweifel gar ein Menschenleben auf dem Gewissen zu haben ist ein Drama. Jetzt habe ich Sie genug eingeschüchtert und wir kehren zurück zu den Fakten.
Gibt es Vorschriften?
Die europäische Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden und das Gebäudeenergiegesetz sagen etwas aus über die Wartung von Heizungsanlagen. Und es gibt immer die Herstellerunterlagen zum Betrieb und damit auch zur Wartung einer Heizungsanlage.
Europäische Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden
Auszug über Gesamtenergieeffizienz
Die regelmäßige Wartung und Inspektion von Heizungs- und Klimaanlagen durch qualifiziertes Personal trägt zu einem korrekten Betrieb gemäß der Produktspezifikation bei und gewährleistet damit eine optimale Leistung aus ökologischer, sicherheitstechnischer und energetischer Sicht. Eine unabhängige Prüfung der gesamten Heizungs- und Klimaanlage sollte während ihrer Lebensdauer in regelmäßigen Abständen erfolgen, insbesondere vor einem Austausch oder einer Modernisierung.
Etwas frei und von mir interpretiert steht da:
Du sollst deine Heizungsanlage in sinnvollen Zeitabständen überprüfen lassen. Letztlich ermöglicht das einen ökologischen, energieoptimierten und sicheren Betrieb.
Aus dem GEG, § 60
(1) Komponenten, die einen wesentlichen Einfluss auf den Wirkungsgrad von Anlagen und Einrichtungen der Heizungs-, Kühl- und Raumlufttechnik sowie der Warmwasserversorgung haben, sind vom Betreiber regelmäßig zu warten und instand zu halten.
(2) Für die Wartung und Instandhaltung ist Fachkunde erforderlich. Fachkundig ist, wer die zur Wartung und Instandhaltung notwendigen Fachkenntnisse und Fertigkeiten besitzt. Die Handwerksordnung bleibt unberührt.
Nochmals frei von mir interpretiert steht da:
Damit deine Heizungsanlage effizient funktioniert, ist diese regelmäßig zu inspizieren. Und nicht jeder Hansel kann dazu mit Mutters Staubsauger anrücken oder einfach mit einem flachen Besen drüber fegen. Derjenige, der deine Heizungsanlage wartet, sollte Sachkenntnis haben. Man lässt ja auch nicht jeden Deppen, der gerade einen Maulschlüssel halten kann, an der Bremsanlage eines Golfs rumfummeln.
Bedienungsanleitung eines Brennwertgeräts
Der Betreiber ist für die Sicherheit und Umweltverträglichkeit der Heizungsanlage verantwortlich. Fehlende oder unsachgemäße Inspektion, Reinigung und Wartung kann zu Personenschäden bis hin zur Lebensgefahr oder zu Sachschäden führen.
Wir empfehlen, einen Vertrag über eine jährliche Inspektion und eine bedarfsabhängige Reinigung und Wartung mit einem zugelassenen Fachbetrieb abzuschließen.
● Arbeiten nur von einem zugelassenen Fachbetrieb ausführen lassen.
● Heizungsanlage mindestens einmal jährlich von einem zugelassenen Fachbetrieb inspizieren lassen.
● Erforderliche Reinigungs- und Wartungsarbeiten unverzüglich durchführen lassen.
● Festgestellte Mängel an der Heizungsanlage unabhängig von der jährlichen Inspektion unverzüglich beseitigen lassen.
Quelle: Bedienungsanleitung von Bosch zu einem Gas-Brennwertgerät
Nochmals mit meinen Worten:
Diese Heizungsanlage ist einmal jährlich zu inspizieren, zu reinigen und zu warten. Im besten Fall beauftragt der Betreiber einen Profi, der den Zustand der Anlage und eventuelle Mängel genau erkennen kann. Und ja, die dreieinhalb Jahre Lehrzeit eines Anlagenmechanikers können ihn dazu befähigen, solch eine Wartung gewissenhaft durchzuführen. Ein schönes Youtube-Tutorial kann das nicht unbedingt. Was denn wohl passieren kann, wenn man diese Vorgaben aus der europäischen Richtlinie und dem GEG und aus den Herstellerunterlagen nicht einhält, also eine Wartung gar nicht erst in Auftrag gibt, mag ich nicht entscheiden. Ich bin schließlich weder Jurist noch ein Richter.
Ich stelle jedoch ketzerisch drei Fragen:
● Wie reagiert eine Versicherung, wenn das eben beschriebene Haus aufgrund mangelnder Wartung geflutet wird?
● Was wird die Staatsanwaltschaft einem Vermieter vorwerfen, dessen Mieter aufgrund nicht ausgeführter Wartung einer Gasfeuerung zu Schaden kommt?
● Wie kulant ist der Hersteller eines Heizgerätes, wenn es bereits nach zwei Jahren aufgrund mangelhafter Wartung komplett und irreparabel ausfällt?
Wir sind uns also einig, dass eine Pflicht besteht zum sorgsamen Umgang mit potenziell gefährlichen Maschinen und Anlagen im Umfeld eines Menschen. Und wir können uns sicherlich darauf einigen, dass ein zur Wartung einer Heizungsanlage erteilter Auftrag nicht im Nachhinein und einseitig zusammengekürzt werden kann.
Wozu regelmäßige Wartung
Was hat der Endkunde davon, wenn er zum Beispiel eine jährliche Wartung beauftragt?
Vorteile
● Höherer Wirkungsgrad und verlängerte Nutzungsdauer der Heizungsanlage verbunden mit einer höheren Betriebssicherheit.
● Heizkosteneinsparung und Ressourcenschonung durch effiziente Nutzung der eingesetzten Energie. Das Einsparpotenzial wird von Experten mit rund 5 bis 7 % angegeben.
● Gleich bleibend hoher Heiz- und Warmwasserkomfort
● CO2-reduzierte Wärmeerzeugung durch sparsamen und umweltfreundlichen Betrieb
Was kauft der Kunde ein?
Zur Abgrenzung der einzelnen Schritte, die zu einer Wartung oder Instandsetzung führen, sollen zuerst einmal die Begriffe geklärt werden.
Definitionen
Die Instandhaltung gliedert sich in Erhaltungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen.
Zu den Erhaltungsmaßnahmen zählen:
● Inspektionen (Tätigkeiten beschränken sich auf die Feststellung des IST-Zustandes),
● Wartungen (Tätigkeiten zur Erhaltung des SOLL-Zustandes).
Zu den Wiederherstellungsmaßnahmen zählt die:
● Instandsetzung (Tätigkeit zur Wiederherstellung des SOLL-Zustandes)
Genau genommen führt man also als Kundendienstler zuerst eine Inspektion durch, um abhängig vom Ergebnis eventuelle Wartungs- und/oder Instandsetzungsarbeiten durchzuführen.
Der regelmäßig jährlich durchzuführende Inspektionsumfang bei Heizungsanlagen mit Gas-, Öl-, Holzheizkesseln und Kaminöfen mit Wassertaschen sollte mindestens die nachfolgenden Tätigkeiten umfassen. Bei den Inspektions- und Wartungsarbeiten ist der Zustand von Verschleißteilen zu prüfen. Die Verschleißteile sind gegebenenfalls zu ersetzen.
Inspektionstätigkeiten
● Allgemeine Zustandsüberprüfung,
● Sicht- und Funktionskontrolle einschließlich der Sicherheits- und Regeleinrichtungen,
● Überprüfung
● der brennstoff- und wasserführenden Anlagenteile auf Dichtheit, sichtbare Korrosions- und Alterungserscheinungen,
● des Brenners einschließlich der Zünd- und Überwachungseinrichtung,
● von Brennraum und Heizfläche auf Verschmutzung,
● der Zufuhr der notwendigen Verbrennungsluft bzw. des Verbrennungsluftverbundes,
● der Abgasführung auf Funktion und Sicherheit,
● des Wasserstandes und des Vordruckes der Membranausdehnungsgefäße,
● der Beschaffenheit des Heizungswassers bei Verwendung von Inhibitoren,
● der Füllwasseraufbereitung, sofern der Einsatz gemäß aktuellem Regelwerk erforderlich ist,
● der Kondensatableitung einschließlich der Neutralisationseinrichtung,
● des Trinkwassererwärmers auf Temperatureinstellung, Dichtheit und Funktion,
● der Korrosionsschutzanode am Trinkwassererwärmer,
● der bedarfsgerechten Einstellung der Heizkreis-, Speicherlade- und Zirkulationspumpen und ihrer Funktion,
● Endkontrolle der Inspektionsarbeiten durch Messung und Dokumentation der Mess- und Prüfergebnisse.
Diese ausführliche Aufstellung ist nicht auf meinem Mist gewachsen, sondern stammt aus dem Infoblatt des Bundesverbandes der deutschen Heizungsindustrie, kurz BDH.
Auch zur eigentlichen Wartung ergeben sich Empfehlungen des BDH, die hier gelistet werden
Wartungsumfang
● Reinigung der Brennerkomponenten,
● Reinigung von Brennraum und Heizflächen,
● Austausch von Verschleißteilen,
● Einstellung der Nenn- und Teillastleistung und Überprüfung des Brennverhaltens,
● Nachfüllen des Heizungswassers,
● Endkontrolle der Wartungsarbeiten durch Messung und Dokumentation der Ergebnisse
Der Preis für die Leistung
Angesichts der hier beschriebenen Zusammenhänge muss letztlich auch ein entsprechender Preis für solche Leitungen aufgerufen werden. Wenn ein Betrieb es wirklich ernst meint mit dem Wartungsauftrag, dann kann er diesen nicht für kleines Geld anbieten. Der Kundendienstmonteur muss mit dem Firmenfahrzeug anfahren und sollte für das zu erwartende Kesselfabrikat geschult sein. Es sind entsprechende Werkzeuge und Messinstrumente vorzuhalten und irgendwann auch einer Wartung zu unterziehen.
Und dabei ist es wirklich schwierig vergleichbar zu sein. Bei einem mündlichen oder schriftlichen Angebot noch zu erwähnen, dass man es ernst meint, wirkt wohl eher albern.
Die andere Seite ist aber die, dass man nur durch Qualität und gute Arbeit langfristig bestehen kann und auch in der Zukunft sein Geld verdient. Das gilt für das Angebot des Chefs genauso wie für die Arbeit seines Monteurs.
Ich bin dann mal so frech zu behaupten, dass man im Jahre 2023 eine ordentliche Heizungs-Wartung zumindest nicht für 65 Euro pauschal anbieten sollte und dabei auf ein auskömmliches Arbeitsleben hoffen kann. Das wissen dann auch die meisten Anbieter einer solch geringen Pauschale. Wie diese Billiganbieter bei einem solch niedrigen pauschalen Satz trotzdem freundlich lächelnd am Markt bestehen können, ist mir schleierhaft. Spekulationen über die Arbeitsweise bei diesen Sparpreisen erspare ich mir in diesem Zusammenhang. ■
Dieser Artikel erschien zuerst im SBZ Monteur, Ausgabe 10/2023. Autor ist Dipl.-Ing. (FH) Elmar Held.
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