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… die Bewertung von Wirkungs-, Jahresnutzungs- und Normnutzungsgrad

Gefühlt besser oder wirklich gut?

Mit meinem Meister habe ich damals schon uralte sogenannte Langsamläufer in der Wartung gehabt. Die hatten robuste Technik und in meiner Lehrzeit (1980 – 84) teilweise schon 20 Jahre auf dem Buckel. Die Wirkungsgrade waren aber im Vergleich zu heute nicht viel schlechter. Oder anders gesagt, die heutigen High-End-Kessel sind nicht viel besser geworden.
Wir haben damals mit einigen erlaubten Tricks wie dem Einbau von Schamottesteinen in den Brennraum schon Wirkungsgrade erreicht, die bei 86 bis 89 % lagen. Da sehen die heutigen Kessel mit 92 % nicht so viel besser aus. Mein erster, vergleichender Gedankengang ist folgender:
Hatte man damals einen Bedarf von 30 000 kWh an Heizenergie, so konnte man diesen mit jährlich 33 700 kWh gewonnen aus 3370 l Heizöl befriedigen, denn 3000 geteilt durch 0,89 ist 3370.
Heute und mit High-End bräuchte man für die gleiche Heizenergie in einem neuen Kessel 3260 l Heizöl, denn 3000 / 0,92 = 3260.
110 l Heizöl im Jahr zum Preis von 60 Cent je Liter ergibt eine Ersparnis von 66 Euro im Jahr. Für 66 Euro jährliche Ersparnis muss ich mich nicht auf diese neuen Brenner einlassen, geschweige denn 10 500 Euro für einen neuen Kessel investieren. Oder?
Natürlich ist diese einfache und ketzerische These zum Thema Kessel so nicht haltbar. Wenn auch die soeben von mir verwendeten Zahlen nachvollziehbar und richtig sind, ist der Einsatz eines Kessels übers Jahr ganz anders geprägt. Wie, das lesen Sie im Verlauf.

Kriterien ohne Ketzerei

Um einen Wärmeerzeuger beurteilen zu können, haben sich tatsächlich recht brauchbare Kriterien etabliert. Da gibt’s zu allererst den bereits angesprochenen Kesselwirkungsgrad, dann den Jahresnutzungsgrad und zu guter letzt den Normnutzungsgrad. Diese Beurteilungsmaßstäbe werden draußen oft und wild durcheinandergewürfelt. Bei der Kundenberatung trifft man aber auch immer häufiger auf den belesenen Technikfreak mit seinem gesunden Halbwissen und ungeahnten Google-Kenntnissen. Sein Ziel ist oft nicht, nur das Billigste oder nur das Beste zu bekommen, sondern das Produkt mit dem besten Kosten-Nutzen-Verhältnis für ihn. Die Kompetenz des Anlagenmechanikers ist daher von Bedeutung. Also warum soll er denn wohl den neuen Kessel jetzt schon kaufen und schon jetzt anfangen, damit bares Geld zu sparen?

Auch wenn du noch so schöne blaue Flammen zeigst, du fliegst bald raus …

Bild: totalpics / thinkstock

Auch wenn du noch so schöne blaue Flammen zeigst, du fliegst bald raus …

Kesselwirkungsgrad

Ein recht alter Maßstab für die Qualität eines Wärmeerzeugers mit zum Beispiel Gas- oder Ölfeuerung ist der Kesselwirkungsgrad. Dieser zeigt, wie viel Energie des eingesetzten Brennstoffs an den Kessel weitergegeben wird. Beispiel: In seinem Zweifamilienhaus neuer Bauart ist ein Gaskessel montiert. Dieser ist im Abgang zu den beiden Wohnungen jeweils mit Wärmezählern ausgestattet. Der Besitzer des Hauses möchte den Kesselwirkungsgrad ermitteln. An einem sehr kühlen Tag betätigt er daher die Schornsteinfegertaste des Kessels, dreht alle Heizkörper im Hause offen und stellt auch noch die Fenster auf Durchzug. Hiermit gewährleistet er also, dass der Kessel tatsächlich durchgängig und bei Volllast läuft. Er liest am Gas- und beiden Wärmezählern den Zählerstand ab. Nun läuft die Testzeit. Der Versuch wird insgesamt genau eine Stunde durchgeführt. Er liest nach dieser Stunde wiederum die Zählerstände ab. Seine Ergebnisse:
– Gasverbrauch laut Gaszähler: 1 m³, also bei einem Energiegehalt des Erdgases von 10 kWh/m³ genau 10 kWh.
– Energieverbrauch laut Wärmezähler: für beide Wohnungen zusammen 9,2 kWh.
Beide Energiemengen (laut Gas- und Wärmezähler) sind innerhalb einer Stunde erbracht worden. Daher teilt er beide Werte durch 1 Stunde und hat die Leistung der beiden Größen ermittelt.

Sein Kesselwirkungsgrad η beträgt daher:

Von der zur Verfügung gestellten Energiemenge aus dem Erdgas wurden also lediglich 92 % als Nutzwärme abgegeben. Der Kesselwirkungsgrad beträgt daher 92 %. Er beinhaltet also alle zur Umsetzung benötigten Komponenten bis zum Wärmezähler. Der Kessel selbst gibt ein wenig der aufgenommenen Energie an den Heizraum ab (ca. 1 %) und die Feuerung ist ebenfalls nicht ohne Verluste (hier ca. 7 %). Der Schornstein pustet diesen Anteil nach draußen. Diese Momentaufnahme der Effektivität einer Feuerung im Zusammenspiel mit einem Kessel kann über die Messung nach BImSchV erfasst werden. Diese Messung ergibt dann aber nur den feuerungstechnischen Wirkungsgrad. Darin werden nur die Abgasverluste berücksichtigt.

Du alter Grinsekater hast natürlich Spaß an der neuen Heizungs­anlage. Aber spart dein Kunde auch, was er sich verspricht?

Bild: Minerva Studio / thinkstock

Du alter Grinsekater hast natürlich Spaß an der neuen Heizungs­anlage. Aber spart dein Kunde auch, was er sich verspricht?

Nutzungsgrad

Der Hausbesitzer hebt beide Notizen über den soeben beschriebenen Versuchsstart genau ein Jahr auf, rennt wiederum in den Keller und liest nochmals am Gaszähler und den Wärmezählern ab. In der Zwischenzeit hat der Kessel alle realistischen Phasen einer Heizung durchlebt: Zeiten mit geringer Vorlauftemperatur, weil es nicht immer so eisig kalt war, Zeiten mit ausschließlichem Betrieb für Warmwasser und Zeiten, in denen der Kessel nur mal am Abend in Betrieb ging, um durchzuheizen. Während der Zeiten mit geringeren Vorlauftemperaturen wird der Wirkungsgrad des Kessels erhöht gewesen sein gegenüber dem einstündigen Modellversuch mit gedrückter Schornsteinfegertaste. In den Sommermonaten lief der Kessel mit sehr hohen Temperaturen zur Trinkwassererwärmung und kühlte dann in der Regel komplett wieder ab. Im Übergangszeitraum waren seine Verluste ebenfalls anders zu bewerten. Die Mischung macht's eben. Für das Beispielobjekt zeigt sich:
– Gasverbrauch:
2000 m³, also 20 000 kWh
– Wärmezähler (inkl. Trinwassererwärmung:
17 500 kWh

Übers Jahr sind die Verluste der Anlage größer als bei der Momentaufnahme eines Kessels.

DICTIONARY

Wirkungsgard = efficiency
Zeitraum = period of time
Heizkessel = boiler
modulieren = modulate

Normnutzungsgrad

Für den Fall, dass auch Teillastbereiche per modulierendem Kessel bedient werden können, gibt es die Idee des Normnutzungsgrades. Der Kessel wird nun nicht mehr im Kundenkeller, sondern im Labor des Kesselherstellers auf einem Prüfstand getestet. Die Inbetriebnahme erfolgt unter den verschiedensten Anforderungen. Nicht die Schornsteinfegertaste und eine beliebige, meist hohe Vorlauftemperatur bestimmen die Betriebszustände des Kessels. Ein festes Prüfprotokoll wird abgefahren. Darin sollen die realistischen und möglichen Betriebszustände des Kessels Berücksichtigung finden. Zum Beispiel können laut DIN 4702 Teil 8 insgesamt fünf Teillastbereiche (13 %, 30 %, 39 %, 48 %, 63 %) am Kessel simuliert werden. Für den Kessel bedeutet das zum Beispiel bei folgenden Temperaturen einen Test zu absolvieren.

Geringe Vorlauftemperaturen haben für einen Kessel zur Folge, dass die Tauscherflächen, also die Kesselinnenwände, ebenfalls relativ kühl sind. In der Folge wird dieser Kessel einen besseren Wirkungsgrad erzielen als bei relativ heißen Wänden. Heiße Abgase durch den Schornstein zu jagen heißt also immer auch Verluste zu produzieren, je heißer, desto höher.

Einflüsse des Heizsystems

Ein und derselbe Kessel wird vom Hersteller natürlich mit einem einheitlichen Normnutzungsgrad ausgeliefert. Der Kessel kann aber in unterschiedlichen konkreten Einbausituationen durchaus verschiedene Jahresnutzungsgrade liefern. Beispielsweise können die Heizungsleitungen eines Systems unterschiedliche Verlustleistungen hervorrufen. In einem Gebäude verlaufen die Heizungsleitungen entgegen der EnEV vielleicht unisoliert durch eine offene Tiefgarage. In einem anderen Gebäude sind die Leitungen dick isoliert und nur auf den warmen Innenwänden eines Niedrigenergiehauses. Klar, dass die besseren Einbaubedingungen einen besseren Jahresnutzungsgrad nach sich ziehen können.
Oder bedingt durch Unterschiede im Heizsystem ergeben sich andere Anforderungen. Beispielsweise können natürlich zur Beheizung einer Fußbodenheizung deutlich geringere Vorlauftemperaturen gefahren werden als zur Beheizung mittels Heizkörpern.

Diesem Kessel ist wohl nicht mehr zu helfen, auch nicht mit Tipps und Tricks aus alten Zeiten

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Ende des Ketzertums

Dem potenziellen Kunden eines neuen High-End-Kessels kann man getrost die Fakten erläutern. Dann kommt noch die Beratung zur Kesselregelung und zum hydraulischen Abgleich der Heizungsanlage hinzu.
Dicke Heizkörper schaden nie, jedenfalls nicht dem Jahresnutzungsgrad. Letztlich ist das Gesamtkunstwerk Heizung gefragt, um erfreuliche Bedingungen für einen Kunden und für die Umwelt zu erhalten. Die Einzelaufnahme, also der Kesselwirkungsgrad alleine sagt nicht alles über die Heizungsanlage und die mögliche Einsparung aus. Der ketzerische Ansatz im Vorspann dieses Berichts täuscht also über realistische Einsparpotenziale moderner Heizungstechnik. Bis zu 30 % Minderung des Energieverbrauchs sind gegenüber den Kesseln aus meiner Lehrzeit drin. Daher raus mit den alten Kesseln!

Elmar Held
Dipl.-Ing. (FH) Elmar Held ist verantwortlicher Redakteur des SBZ Monteur. Er betreibt ein TGA-Ingenieurbüro, ist Dozent an der Handwerkskammer Dortmund sowie öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger
Telefon (0 23 89) 95 10 21
Telefax (0 23 89) 95 10 22

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