Wie ein Kupferdach langsam versickert
Da scheinen diese Metalldächer doch eigentlich für die Ewigkeit gebaut worden zu sein. Und doch nagt jeder Regentropfen an der Oberhaut. Winzige Ionen werden während eines Regenschauers abgegeben. Sie enden dann im Regenwassersystem oder werden auch gerne vor Ort versickert. Das Problem ist aber nicht die eigentliche Abnutzung am Dach, sondern die Verunreinigung des Wassers.
Ein vorausschauendes Wassermanagement legt es nahe, das anfallende Niederschlagswasser von Dach- und Verkehrsflächen vor Ort zu versickern anstatt es abzuleiten. In den meisten Bundesländern wird dies für neu an die Kanalisation anzuschließende Grundstücke bereits gefordert. Die Versickerung vor Ort bietet einige Vorteile:
Für eine Kommune
- geringere Erschließungskosten bei Neubaugebieten
- geringere Kosten im Kanalbau, bei der Kanalsanierung und im Kläranlagenbetrieb
- geringere Ausgaben im Hochwasserschutz / Hochwasservermeidung
- Sicherung des Grundwasservorrates
Für den Verbraucher:
- das Mikroklima vor Ort wird verbessert
- die Niederschlagsgebühr wird eingespart
Doch bei der Versickerung von Verkehrsflächen- und Metalldachabflüssen ist Vorsicht geboten: Die Gefahren des möglichen Eintrags von organischen und anorganischen Stoffen in Boden und Grundwasser dürfen nicht unterschätzt werden. Im Merkblatt M 153 der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V., kurz DWA, „Empfehlungen zum Umgang mit Regenwasser“ sind Abflüsse von unbeschichteten Dachflächen aus Kupfer, Blei oder Zink mit mehr als 50 m² Flächenanteil als stark verschmutzt eingestuft. Durch den Niederschlag werden nämlich im Laufe der Jahre die Bestandteile gewissermaßen ausgewaschen und mit dem Regenwasser vom Dach transportiert. Pro Regenereignis sind werden sicherlich die Metalle sicherlich nur ionenweise abtransportiert, aber steter Tropfen höhlt bekanntlich den Stein und in der Folge kann dies einen Versickerungsboden verschmutzen Das Gleiche gilt für Verkehrsflächenabflüsse je nach Verkehrsbelastung. Sie bedürfen einer Vorbehandlung vor der Versickerung. Ansonsten droht den Versickerungsflächen im Laufe der Zeit eine Anreicherung mit Schwermetallen wie Zink, Kupfer oder Blei.
Technische Anforderung
Das Arbeitsblatt A 138 der DWA, zum Thema „Planung, Bau und Betrieb von Anlagen zur Versickerung von Niederschlagswasser“ sieht für solche Flächenabflüsse die Versickerung über eine genügend mächtige Oberbodenzone als dezentrale Vorbehandlungsmaßnahme vor. Es stehen Flächen- oder Muldenversickerung bzw. Mulden-Rigolensystem bei ausreichend dicker Oberbodenschicht zur Verfügung. Dabei soll die Oberbodenschicht mindestens 10 cm sein. Wenn der Unterboden keinen zusätzlichen Rückhalt gewährleistet, mindestens 20 cm. Das DWA-Merkblatt M 153 empfiehlt mindestens 30 cm bei Durchgangswert-Typ D1 . Jedoch haben diese Behandlungsmaßnahmen einen relativ hohen Flächenbedarf. In Ballungsräumen, insbesondere in Stadtzentren, ist die benötigte Fläche für eine Oberflächenversickerungsanlage oftmals nicht vorhanden. Aus diesem Grund sind nach Aussage von Dr. habil. Brigitte Helmreich vor allem in dicht besiedelten städtischen Gebieten Sonderlösungen gefragt: Filteranlagen, die bei Bedarf unterirdisch angeordnet werden können.
Randbedingungen
Dezentrale Filteranlagen sind für Metalldachabflüsse seit ein paar Jahren in der Entwicklung, teilweise bereits technisch umgesetzt. Sie müssen hauptsächlich gelöste Schwermetalle wie Zink, Kupfer oder Blei aus den Dachabflüssen entfernen. Dies kann durch Adsorption oder über Fällung erfolgen. Adsorption steht für einen Vorgang, bei dem diese Schwermetalle auf der Oberfläche eines anderen Stoffes haften bleiben und sich auf dessen Oberfläche anreichert. Fällung meint in diesem Zusammenhang, dass diese gelösten Metallbestandteile durch Zugabe eines Fällungsmittels unlöslich werden um dann in fester Form abgeschieden zu werden. Im Gegensatz dazu liegen die Schwermetalle und organischen Stoffe aus Verkehrsflächenabflüssen großteils partikulär gebunden vor (Beispiel: ölverklebtes Sandkorn). Die Filteranlagen müssen also sowohl Partikel als auch gelöste Stoffe sicher entfernen. Daher sind sie meist mehrstufig aufgebaut. Martin Lienhard, Leiter der Technischen Abteilung der Mall GmbH in Donaueschingen stellt fest: „Baumaßnahmen der Regenwasserbewirtschaftung müssen sowohl aus dem wasserrechtlichen als auch dem baurechtlichen Blickwinkel betrachtet werden. Beide Rechtsbereiche unterliegen der Zuständigkeit der Bundesländer.“
Zulassung gemäß BauPG
Insbesondere das Baurecht hat die Vorgaben der europäischen Bauproduktenrichtlinie zu befolgen, die im deutschen Bauproduktengesetz (BauPG) umgesetzt ist und allgemeine Anforderungen an die „Brauchbarkeit“ von Bauprodukten enthält, z.B. Festigkeit. Unabhängig davon kann jedoch aus wasserrechtlicher Sicht ein Verwendbarkeitsnachweis, z. B. in Form einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung gefordert sein. Hierzu gibt es die Verordnungen zur Feststellung der wasserrechtlichen Eignung von Bauprodukten, z. B. die WasBau-PVO = Wasserbau-Prüfzeichenverordnung. Ebenfalls auf wasserrechtlicher Grundlage hat das Land Bayern „Prüfkriterien zur vorläufigen Beurteilung von Versickerungsanlagen zum Rückhalt von Metallionen aus Niederschlagsabflüssen von Metalldächern“ verabschiedet. Einen entsprechenden Verwendbarkeitsnachweis bzw. eine Bauartzulassung für Kupfer- und Zinkdächer konnte im Rahmen eines mehrmonatigen Versuches für eine Mall-Filterschachtanlage Typ MVS erbracht werden. Die Reinigungsleistung bezogen auf die Metallfracht liegt bei mehr als 97 %. Sechs Baugrößen stehen zur Verfügung für Dachflächen bis zu 640 m² pro Filter.
Frachtbezogene Wirkungsweise
Neuere Filter, wie der Substratfilter ViaPlus von Mall, wurden speziell für die Entwässerung von Verkehrsflächen mit schadstoffbelastetem Abwasser entwickelt. In Ergänzung zu den bestehenden Produkten wie Sedimentationsanlagen, Lamellenklärer und Schmutzfangzellen wirkt der Substratfilter besonders effektiv bei Einträgen von Schwermetallen und mineralischen Kohlenwasserstoffen. Ist das Niederschlagswasser vor der Einleitung oder Versickerung auf Verkehrsflächen angefallen, so ist es durch Reifenabrieb, Bremsenabrieb, Abgase und sonstige Stoffe verschmutzt. Es stellt eine Gefahr für die Gewässer dar. Besonders Einträge von Schwermetallen, wie Kupfer, Zink oder Blei schädigen das Leben im Wasser. Mineralische Kohlenwasserstoffe sind schon in geringsten Konzentrationen schädlich. Die Konzepte solcher Anlagen orientieren sich an den Prüfgrundsätzen des DIBt für Filteranlagen für Niederschlagswasser von Straßen. Da bei Niederschlagswasser nicht die Zulaufkonzentration, sondern die jeweilige Fracht konstant ist, liegt in aller Regel bei geringeren Zuflüssen eine höhere Konzentration vor als bei größeren Zuflüssen. Denn beispielsweise werden nach zweiwöchiger Regenpause die Partikel aus dem Reifenabrieb (Fracht) auf einem Parkplatz sowohl durch einen Kurzregen als auch durch einen sintflutartigen Regenschauer fortgespült. Der Kurzregen führt also dann eine höhere Konzentration an Partikeln als der heftige Regenschauer Durch das hydraulische Konzept ist eine frachtbezogene Wirkungsweise (hohe Konzentration – geringe Fließgeschwindigkeit, geringe Konzentration – hohe Fließgeschwindigkeit) optimal für die Filtration.
Versickerungssysteme
Für die unterirdische Versickerung von Niederschlagswasser hat sich Porenbeton als optimaler Werkstoff herausgestellt. Porenbeton hat hohe Sicherheitsreserven zur Durchlässigkeit bei großen Wassermengen, er ist dicht gegen das Eindringen von Kleintieren und das Einspülen von Erde in Richtung der Rigole. Geotextilien, wie sie bei Kunststoffrigolen üblich sind, um diese vor einer allmählichen Verschlammung zu schützen, müssen bei Porenbetonrigolen nicht ins Erdreich eingebracht werden. Rigolen sind zum Teil extremen Belastungen ausgesetzt. Hersteller bieten daher Bautypen an, die eine Befahrbarkeit von bis zu 60 Tonnen (SLW 60) zulassen und das bereits bei einer Erdüberdeckung von nur 25 cm. So kann der Einbau sehr oberflächennah und in Gebieten mit hohem Grundwasserspiegel erfolgen. Durch ihre extrem hohe Belastbarkeit können solche Systeme dann auch unter Parkplätzen und anderen befahrenen Flächen eingesetzt werden. Durch die verschiedenen Konfigurationsmöglichkeiten von Baukastensystemen können die Versickerungsanlagen den jeweiligen örtlichen Bedingungen angepasst werden. Die flexible Anwendbarkeit solcher Systeme gewährleistet dann, dass die Regenrückhalteräume in jeglichen Größen realisiert werden können. Versickerungssysteme sind somit für den privaten, gewerblichen und öffentlichen Bereich gleichermaßen interessant.
Literaturnachweis:
[1] Merkblatt M 153 der DWA „Empfehlungen zum Umgang mit Regenwasser“
[2] Arbeitsblatt A 138 der DWA, zum Thema „Planung, Bau und Betrieb von Anlagen zur Versickerung von Niederschlagswasser“
[3] Bauproduktengesetz (BauPG)
[4] Wasserbau-Prüfzeichenverordnung (WasBau-PVO)
Literaturtipp
König, Klaus W.: Ratgeber Regenwasser. Für Kommunen und Planungsbüros. Rückhalten, Nutzen und Versickern von Regenwasser im Siedlungsgebiet. (Hrsg.:) Mall GmbH, Donaueschingen, 3. Auflage, 2010. 36 Seiten, DIN A 4, 18,00 € zzgl. Porto u. Verpackung; ISBN 3-9803502-2-3